Die Winzerszene steht möglicherweise vor einer revolutionären
Neuerung. Nicht nur auf Mallorca, sondern weltweit. Dabei geht es
weniger um den Wein an sich, als um die Art und Weise, wie die
Weinflasche künftig verschlossen wird. Nach über 200 Jahren, in
denen die Winzer auf den traditionellen Korken zurückgriffen,
befinden sich nun Glasstopfen auf dem Vormarsch. Verschluss-Sache
Wein: Als erste Bodega auf Mallorca setzt das Weingut Castell
Miquel in Alaró auf die transparenten Pfropfen.
Nach Angaben des weltweit einzigen Herstellers, der Firma Alcoa
in Worms, besteht der Glasstopfen aus gepresstem und gegen
Mikro-Risse versiegeltem Glas. Er besitzt zudem einen
Kunststoffring. Beim Aufsetzen des Glasstopfens und Andrücken auf
den Flaschenhals rastet die Dichtung ein. Es muss eine besondere
Flasche sein: Das Innere des Halses muss konisch zulaufen, damit
der Deckel dicht hält. Geöffnet wird die Flasche – nachdem bei
allerersten Mal eine Aluminiumkapsel entfernt werden muss – durch
seitliches Andrücken des Stopfens per Daumen. Mit einem
Klickgeräusch löst sich der Kunststoffring aus der Fassung, der
Stopfen lässt sich leicht anheben.
Mit der gläsernen Alternative will Castell Miquel verhindern,
dass schadhafter Kork den Wein zunichte macht oder den Geschmack
beeinträchtigt. Nach den Worten von Thomas Wamsganß, neben dem
Mallorquiner Joan Mora der deutsche Önologe auf dem Weingut, werden
allgemein fünf bis zehn Prozent der Weine von Korkgeschmack
befallen. Der Glasstopfen samt Kunststoffring sei dagegen sowohl
hygienisch als auch geschmacks– und geruchsneutral sowie ohne
Einfluss auf die Weinaromatik. Nach Experimenten der auf Weinbau
spezialisierten Fachhochschule Geisenheim sei der Reifefortschritt
in Glasstopfenflaschen im dreijährigen Mittel weitgehend identisch
zu Flaschen mit Korkverschluss.
Am Mittwoch begann Castell Miquel, 22.000 Flaschen des Jahrgangs
2004 abzufüllen. Sie werden genauso viel kosten, wie der noch
verkorkte Jahrgang aus dem Vorjahr.
Weinexperte Joan Mora, der neben Castell Miquell viele andere
Bodegas auf Mallorca berät, zeigte sich indes skeptisch, ob Glas
generell eine Alternative für Kork sein kann. „Die
Geschmacksneutralität ist ein großer Vorteil, insbesondere für
Weiß–, Rosé– und junge Rotweine.” Bei Tintos dagegen, die lange
auch in der Flasche reifen sollten, gebe es kaum Erfahrungen. „Aber
je nach Weinart kann Glas eine gute Lösung sein.”
Julio Torres, Geschäftsführer des balearischen
Sommeliersverbandes, sieht in den Glasstopfen durchaus Vorteile.
„Aber nur dann, wenn sie das Endprodukt nicht verteuern.”
Ramon Servalls, Direktor der größten Inselbodega Macià Batle und
Santa Catarina, setzt vorerst weiter auf Kork. „Wenn der Korken von
guter Qualität ist, erbringt er Resultate, die nicht von der Hand
zu weisen sind.” Und außerdem, „entfällt das Entkorken der Flasche,
geht jeder Glamour verloren”.
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