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Sie sind meist über 60, im Ruhestand und wollen dem trüben deutschen Winter entfliehen: Langzeiturlauber auf Mallorca. Von Ende Oktober bis Mitte März genießen sie das angenehme Klima der Mittelmeerinsel – und die kostengünstigen Angebote.

Bis zu 70 Prozent Stammkunden verzeichnen dabei die Reiseveranstalter TUI und Neckermann – und füllen Hotelbetten in einer Jahreszeit, die auf Mallorca noch immer als Nebensaison gilt. Für die Hoteliers ein attraktives Wintergeschäft, denn die Senioren bleiben im Schnitt sieben bis acht Wochen. Die gefragtesten Monate seien Dezember und Januar, sagt Tanja Sauerwein, Pressesprecherin der TUI España. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Langzeiturlauber im Winter habe sich in den letzten Jahren nicht verändert, bis zu drei Monate würden einige der Gäste auf der Insel verbringen.

Und weil die „Best Ager”, „Golden Consumer” oder „Master Consumer” , wie die Zielgruppe „60+” bei Marktforschern heißt, nicht weniger unternehmungsfreudig sind als jüngere Urlauber, wird auch für sie in den Zielgebieten immer mehr Programm geboten.

„Club Elan” heißt das Freizeitkonzept der TUI, das im vergangenen Winter diesen neuen Namen und ein neues Gesicht erhielt. Ein buntes Angebot an Sport- und Unterhaltungsaktivitäten, nicht zu verwechseln mit der Animation oder den Ausflügen, die normalerweise in den Hotels veranstaltet werden. Der Club im Hotel RIU Festival an der Playa de Palma – ein zweiter wurde im Oktober in Cala Millor eröffnet – ist offen für alle TUI-Kunden.

„TUI-Gäste bekommen bei uns einen Clubausweis und können kostenlos an fast allen Angeboten teilnehmen”, erklärt Monika Spiess, seit sechs Jahren Mitarbeiterin im „Club Elan”. Auch Kunden anderer Veranstalter könnten teilnehmen, gegen eine geringe Gebühr.

Seit 1971 gibt es den Freizeitclub für die TUI-Gäste, „Club Charlotte” und „Club Mallorquin” hieß er auch schon, bevor er letztes Jahr umbenannt wurde. Gemeinsam mit Clubchef Roberto bieten Monika Spiess und ihre Kollegen ein buntes Programm, damit der Langzeiturlaub nicht zu lang wird. „Wir haben jeden Tag volles Haus”, sagt Monika Spiess, „viele unserer Gäste kommen schon seit Jahren her und machen begeistert alles mit.” Ob Frühgymnastik oder Rückenschule, Wandern, Nordic Walking, Malen, Skat-Treff, die Internet-Ecke oder Tanz– und Sprachkurse, die Kurse seien immer gut besucht.

Bei der Frage, was die beliebteste Aktivität im Wochenprogramm sei, muss die Club-Mitarbeiterin nicht lange überlegen: „Zum morgendlichen Blutdruckmessen kommen sie in Scharen”, sagt Monika.

„Wir haben einen sehr engen Kontakt zu unseren Gästen”, erzählt die Elan-Mitarbeiterin weiter, „denn sie kommen mit allen, wirklich allen Problemen zu uns. Wir Club-Mitarbeiter sind auch immer ein bisschen Seelsorger.” Sollte es mal medizinische Probleme geben, werden in der Regel deutschsprachige Ärzte in der Nähe der Hotels empfohlen. „Aber oft fühlen sich die Leute hier wohler und gesünder als zu Hause.”

Das bestätigen auch die Damen aus der Malgruppe. Zusammen mit ihrer Lehrerin Anne Scherbel verbringen sie den Vormittag mit Aquarell-Zeichnen, anschließend geht's zum Boccia–Spiel an den Strand. „Hier geht's uns einfach besser als in Deutschland”, sagt Helga Foss aus Frankfurt, die mit ihren Mann reist. „Wir kommen schon seit zehn Jahren her, haben viele Freunde und Bekannte im Club und genießen den Urlaub vom deutschen Winter.” Malen, Wandern, Nordic Walking und Pilates, sie habe hier schon einiges ausprobiert, sagt die Hessin. Besonders der Januar sei deprimierend zu Hause, da habe man es doch auf diesem milden Klima viel besser.

Und ihr Mann? Der sei, so berichtet sie, wie jeden Morgen, beim „Thai Chi”–Kurs.
Wer rastet, der rostet? Die „Best-Ager” von heute nicht, das haben auch die Reiseveranstalter erkannt und auf das Ergebnis von Konsumforschern reagiert, die herausfanden: Das Alter allein sagt überhaupt nichts mehr über den Kunden aus. Vor allem die ältere Generation sei aktiver und reisefreudiger als früher. Fast die Hälfte der über 50jährigen ist nach den Erkenntnissen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) heute der Ansicht: „Ich mache mir lieber ein schönes Leben statt immer nur zu sparen.”

Das sagen sich auch Ursula und Lothar Grünberg, die für einige Wochen dem Winter in Koblenz entfliehen. „Vor ein paar Jahren hatte Uschi noch echte Star-Auftritte bei unseren Club-Festen”, lacht ihr Lothar, dem alles super gefällt an der Playa, nur der Club, der habe ihnen früher besser gefallen.

Die Neckermann–Gäste Christine und Jürgen Stech aus Dresden fahren bereits das sechste Jahr im Winter nach Mallorca. „In dem Klima hier fühlen wir uns einfach besser als zu Hause”, sagen sie. „Wir wandern, genießen die Natur, entdecken jedes Jahr neue Restaurants und Kaffees. Vom „Club Schwalbe”, dem Neckermann-Pendant zum „Club Elan”, hätten sie zwar schon gehört, seien aber noch nicht dort gewesen.

Dabei bietet er ein ähnlich breites Programm wie das der TUI, mit dem einzigen Unterschied, dass viele der Kurse in den Hotels angeboten werden statt in einem gemeinsamen Clubraum. „Der Clubausweis ist für unsere Gäste ab vier Wochen Aufenthaltsdauer umsonst”, erzählt Anita Borsje, Mitarbeiterin von „Schwalbe”. Für alle anderen Teilnehmer koste er zwei Euro, Angebote wie Wanderungen, Sprachkurse oder Gymnastik seien dann ermäßigt. Auch viele ältere Residenten würden an den Aktivitäten teilnehmen, besonders die Sprachkurse seien sehr beliebt.

„Club Schwalbe” konnte im vergangenen Jahr bereits sein 30jähriges Jubiläum feiern. Er habe sich vom einfachen Bücherverleih im Hotel „Arcadia” zum imposanten Freizeitclub gewandelt, erinnert sich Anita Borsje.

Auch bei Neckermann sei die Zahl der Langzeiturlauber sowie ihre durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den letzten Jahren stabil geblieben, bestä- tigt Wim de Vries, verantwortlich für die Gästebetreuung auf Mallorca. Man habe zwar einen allgemeinen Rückgang der Gäste um rund zehn Prozent gehabt, das betreffe aber den gesamten Sektor und nicht speziell die Seniorenreisen. Auch der Club „Schwalbe” habe sein Programm in den letzten Jahren stetig ausgebaut, denn, so de Vries, diese Zielgruppe sei genauso unternehmungslustig wie jede andere.

Von den Reiseveranstaltern ist auf diesem Gebiet in naher Zukunft noch einiges zu erwarten, denn schon heute sind beispielsweise bei der TUI 55 Prozent der Gäste im Winter älter als 50 Jahre. Von besonderen Angeboten in den normalen Katalogen bis hin zum Spezialsegment für diese Altersgruppe sei alles denkbar, sagt Andreas Casdorf, Chef der Zielgruppen– und Produktentwicklung bei der TUI.

Und Veranstalter ITS hat sogar schon eine viel beachtete „Oma–Gratis-Aktion” ins Leben gerufen, bei der bestimmte Hotels keinen Aufpreis berechnen, wenn die Großeltern mitreisen.