Veränderungen sind für viele Menschen nicht leicht. Doch
Mallorcas Landwirte haben sich eine beeindruckende
Dienstleistungsmentalität angeeignet – zumindest diejenigen, die im
balearischen Verband für Agrotourismus zusammengeschlossen sind.
Geschäftsführerin Brigitte Förster ist hocherfreut über die Erfolge
der Fortbildung, die die „Associació de Agroturisme Balear”
anbietet. „Da geht es um Verwaltung, Gastronomie und Zimmerservice,
also das klassische Hoteliers-Handwerk, aber darüber hinaus auch um
Kundenbindung und -ansprache”, erklärt die gebürtige Deutsche.
Mittlerweile sind die 115 Mitgliedshotels, davon vier auf
Menorca, so von ihrer Qualität überzeugt, dass der Verband im
nächsten Jahr ein weiteres Projekt in diesem Bereich auflegen wird:
Es wird ein besonderes Qualitätssiegel für die Fincas geben. Das
ist mit dem balearischen Institut für Qualität im Tourismus (IQT)
ausgearbeitet worden, und hierbei wird der Begriff der Qualität
noch einmal weiter gefasst. „Dieses Siegel wird dem Kunden noch
mehr Sicherheit geben, dass täglich daran gearbeitet wird, ein
optimales Produkt zu liefern”, beschreibt Förster die Zielrichtung.
Ein entsprechendes Abkommen mit dem balearischen
Tourismusministerium wird voraussichtlich am 19. August
unterzeichnet.
Qualität ist dem Kunden mallorquinischer Agro-Hotels besonders
wichtig. Kein Wunder, sind doch die Häuser auf dem Archipel im
Vergleich zu ähnlichen Herbergen etwa auf dem spanischen Festland
deutlich teurer. „Aber die Strategie zahlt sich eindeutig aus”,
weiß Förster, „der Urlauber, der das andere Mallorca auf einer
Finca erleben will, ist sehr gerne bereit, dafür etwas zu bezahlen”
– wenn denn die Gegenleistung stimmt.
Und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, wie die aktuellen
Buchungszahlen zeigen. In diesem Sommer war die Belegung in den
Verbandshotels „sehr, sehr gut”, wie Förster zufrieden feststellt.
Vor allem der August und September seien ausgezeichnet gelaufen,
auch jetzt seien die Herbergen noch gut ausgelastet.
Der Sommer als Hochsaison in Agro-Hotels ist eine junge
Entwicklung. Noch vor drei, vier Jahren waren die Häuser vor allem
in der Vor– und Nachsaison am vollsten, in der ganz heißen
Jahreszeit dagegen schwächer gebucht. Das waren aber auch die
Zeiten, in denen Deutsche 90 Prozent der Gäste ausmachten.
Der Anteil der Alemanes ist immer noch der größte, mit 50
Prozent aber lange nicht mehr so dominierend. „Deswegen hat es sich
ausgezahlt, dass wir unsere Marketing-Bemühungen auf andere Märkte
ausgeweitet haben”, erklärt Brigitte Förster. Mittlerweile wüssten
vor allem Festlandspanier den Landurlaub auf Mallorca zu schätzen,
und da Spanier im Sommer reisen, gelte eben jetzt die klassische
Hauptsaison auch für Fincas.
Eine wesentliche Veränderung des Buchungsverhaltens hat auch den
Agrotourismus voll erfasst: Die Gäste buchen immer später. „Wer mit
Familie und Kindern reist”, so Förster, „bucht jetzt schon für
2005”, weil diese Gäste vor allem Ferienhäuser und Appartements
nachfragten. Aber sie machen nur 20 Prozent der Kunden aus, und die
restlichen 80 Prozent buchen meist zwei bis vier Wochen im voraus,
manchmal sogar nur ein paar Tage. „Hier spielen die immer besseren
Angebote der Billigflieger bestimmt eine Rolle”, so die Analyse
Försters. Aber die Hotelbetreiber müssen sich darauf einstellen,
flexibel reagieren und vor allem die Nerven behalten, wenn sie
heute nicht wissen, wie die Buchungen in sechs Wochen sein werden.
„Es ist absolut erstaunlich, wie sie das in kürzester Zeit
akzeptiert haben und damit umgehen”, lobt die Touristikerin.
Mehrmals täglich werde auch von denjenigen, die im Hauptberuf immer
noch Bauern sind, die E-Mails geleert und Buchungsanfragen
beantwortet. „Die meisten können das sogar mehr oder weniger gut
auf deutsch.” Der Verband bearbeitet die meisten Buchungen derer,
die nicht genau wissen, welche Finca sie wollen. „Unsere
Mitarbeiter zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie alle
Häuser kennen und jeden einzelnen optimal beraten können,
schließlich handelt es sich um ein sehr individuelles Produkt”, so
die Chefin.
Sehr erfolgreich läuft mittlerweile auch die Internet-Site
www.topfincas.com. Im Frühjahr mit etlichen Kinderkrankheiten
gestartet, werden mittlerweile fast die Hälfte aller Buchungen per
Web abgewickelt (siehe unten).
Nach der Diversifizierung der Märkte betreibt Brigitte Förster
jetzt auch eine Diversifizierung des Produktes. „Die Menschen
wollen mehr als nur Finca”, weiß sie, aber da die kleinen Hotels
nicht ein Rundum-Angebot wie ein großes Hotel bieten können, muss
in diesem Bereich besonders phantasiereich gearbeitet werden. Als
Projekt hat Förster zunächst den Bereich Seminare auf der Liste.
Kleine Gruppen bis zu 20 Personen können schon jetzt in
verschiedenen Hotels des Verbandes Kongresse und Incentives
abhalten, aber größere Gruppen müssen auf verschiedene Häuser
verteilt werden und von dort zu einem zentralen Veranstaltungsort
gebracht werden.
Brigitte Förster, Geschäftsführerin des balearischen
Agrotourismusverbandes, ist wie immer guter Dinge, auch diese Idee
zu verwirklichen. Einen ersten Partner hat sie schon: Im März soll
eine Seminarwoche für Menschen über 50, auf „Marketingesisch”
Best-Ager genannt, zum Thema Gesundheit stattfinden.
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