Dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, klingt gut. Aber
viele kommen mit falschen Vorstellungen auf die Sonneninsel und
stellen sehr schnell fest, dass im vermeintlichen Paradies die
Zustände doch nicht immer ganz so paradiesisch sind, wie man sich
das im klimatisch weniger begünstigten Deutschland vorgestellt hat.
Selbst jene, denen man gemeinhin nachsagt, besonders gute
Beziehungen zum lieben Gott zu haben, sind vor Fehlentscheidungen
nicht gefeit. In der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde der
Balearen rumort es gewaltig. Pfarrer Thomas Witt-Hoyer nimmt
bereits nach sechs Wochen überraschend seinen Hut und will, so die
Vorsitzende des Kirchenvorstands, Ruth Albrecht, wieder nach
Deutschland.
Erst am 1. September tauschte der Kirchenmann seine Gemeinde in
Mönchengladbach, sein dortiges Pfarrhaus und seine Kirche gegen
Mallorca ein. Eine offzielle Begründung für die Entscheidung des
Pfarrers, seine Schäfchen so schnell wieder zu verlassen, gibt es
nicht. Thomas Witt-Hoyer lehnt „zum jetzigen Zeitpunkt jede
Stellungnahme ab”. Auch über das, was dem Geistlichen auf Mallorca
möglicherweise spanisch vorgekommen ist, will er nicht mit der
Presse sprechen.
Seine für den 23. Oktober auf dem Klosterberg bei Santanyí
vorgesehene feierliche lithurgische Einführung in das neue
Kirchenamt wurde am Mittwoch abgesagt. Der Sekt für den kleinen
Umtrunk danach wird nicht entkorkt. Wann und vom wem Pfarrer
Witt-Hoyer ersetzt werden wird, wisse man in der Gemeinde noch
nicht, sagt der Kirchenvorstand. Der Pfarrer werde aber keinesfalls
die Insel fluchtartig verlassen, sondern noch so lange tätig sein,
bis sein Nachfolger gewählt sei und er eine andere Gemeinde
gefunden habe.
In Kirchenkreisen wird gemunkelt, dass Witt-Hoyer vor allem mit
seiner Wohnsituation auf der Insel unzufrieden gewesen sein
soll.
In der Tat ist das Pfarrhaus der Deutschsprachigen Gemeinde auf den
Balearen kein Schmuckstück, das auf den Titelseiten hiesiger
Immobilienprospekte angepriesen würde. Seine Lage ist eher mäßig
und ab vom Schuss. Dafür ist die stillgelegte Müllkippe, aus der
immer noch übelriechende Dämpfe strömen, nicht weit. Aber es soll
ja auch nicht verkauft, sondern nach und nach renoviert werden.
Die Zufahrtsstraße ist nicht asphaltiert, und nach Regenfällen
reicht der Matsch bis zu den Knöcheln. Die Zimmer orientieren sich
mehr an spanischer Zweckmäßigkeit als an deutscher Geräumigkeit.
Trotz einer nach dem Auszug des früheren Pfarrers Andreas Ahnert
durchgeführten, um die 10.000 Euro teuren Renovierung wird sich
daran nicht viel ändern. Die Finanzmittel einer knapp 300
Mitglieder zählenden Gemeinde sind begrenzt.
Auch eine eigene Kirche sucht der evangelische Pfarrer auf
Mallorca vergebens. Die Gemeinde kommt nicht zu ihm, sondern er
muss zur Gemeinde. Dies bedeutet in Relation mitunter viel Fahrerei
für wenig Gottesdienst. Nicht einmal die Schulsituation ist rosig.
Es gibt zwar deutsche Schulen, aber nicht an der Playa de
Palma.
Viele Gründe, die nicht für Mallorca sprechen und eigentlich
bereits im Vorfeld bekannt gewesen sein müssten. Zumal Pfarrer
Thomas Witt-Hoyer nicht alleine Deutschland verließ. Er ist mit
seiner Frau und den beiden Töchtern gekommen und wollte mit seiner
neuen Arbeit im Ausland einen lange gehegten Wunsch
verwirklichen.
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