Laut dem französischen Ethnologen Marc Augé, so heißt es in
einer Mitteilung des Centro Cultural Andratx, teilt sich die
Gesellschaft, in der wir heute leben, in „Plätze” und
„Nicht-Plätze”. „Plätze” seien Räume, die durch bestimmte
Funktionen und Verhaltensmuster definiert sind: die Kirche, die
Umkleidekabine der Schule, das Gefängnis. Aber mehr und mehr
dominieren „Nicht-Plätze”, wo die Grenze zwischen privater und
öffentlicher Nutzung verwischt seien: Einkaufszentren,
internationale Hotels, Flughäfen. Es seien Orte des Durchgangs, die
der Reflexion keinen Raum böten.
Ein „Platz” will das Centro Cultural Andratx sein, wo am Samstag
eine Ausstellung zum Thema „Between Spaces” eröffnet wurde. Acht
Künstler haben sich mit dem Thema Raum und Zwischenraum auseinander
gesetzt. Jeder auf seine Weise, so dass der Gang durch die Exponate
auch eine Reise in unterschiedliche mentale Welten und Techniken
ist. Genügend Raum hatten die Künstler jedenfalls zur Verfügung:
Sie teilen sich 1200 Quadratmeter Fläche.
Neben der dänischen Bildhauerin Lone Høyer Hansen, die
gleichzeitig Ausstellungskomissarin war, sind Arbeiten von sieben
deutschen Künstlern zu sehen: Kathrin Böhm, Andrea Geyer, Gerhard
Mantz, Gerold Miller, Barbara Probst, Nadine Rennert und Susanne
Weirich. Einige von ihnen teilen sich ihren Lebensraum: Berlin,
London und New York.
Kathrin Böhm arbeitet in Projekten in öffentlichen Räumen, sie
will Plätze schaffen, in denen verschiedene und gegensätzliche
Interessen unter einen Hut passen. Noch am Freitag war sie dabei,
Wände im Kulturzentrum mit Postern zu tapezieren. Darauf:
dekorative Muster im Stile der Sechziger. „Da ist was hippiemäßiger
dabei”, sagt sie, „aber es ist von 2003.” Die Wiederverwendung von
Materialien aus früheren Projekten gehört mit zu ihrem Konzept.
Nebenan sind federleicht wirkende Skulpturen von Nadine Rennert
auf dem Boden angeordnet. Sie erinnern an Stücke von Maschinen,
sind aber organischer dargestellt. Die äußere Haarschicht der
verwendeten Poliesterwolle ist mit Farbe besprüht. Eine andere
Skulptur wächst aus dem Boden wie ein Pilz: Das Material imitiert
Marmor; es ist weißlich mit Schlieren durchzogen. „Die Farbe
erinnert mich an das Thema Fettabsaugung”, so Nadine Rennert.
Barbara Probst ist Fotografin, aber „nicht so sehr interessiert
daran, Bilder zu machen”. Sie wolle vielmehr darstellen, was man
mit Fotografie zeigen kann: Derselbe Moment, derselbe Vorfall kann,
aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und abgelichtet, eine
völlig andere Aussage haben. Für eine sechsteilige Arbeit hat sie
mit einem Model eine Szene dargestellt und sechs Menschen eine
Kamera in die Hand gegeben. „Ich habe ihnen Anweisungen gegeben,
welchen Bildausschnitt sie wählen sollen.” Dann habe sie alle
Kameras gleichzeitig per Fernbedienung ausgelöst. So seien sechs
Geschichten zu einem Moment entstanden.
Von Lona Høyer stammt eine Rauminstallation sowie eine
Foto-Ausstellung, deren Exponate in den vergangenen Jahren während
Ausstellungen entstanden sind. Die Künstlerin fotografierte eine
Ausstellung, stellte sie aus, fotografierte sie abermals und so
weiter. Die Aufnahmen zeigen ineinander verschachtelte Räume wie
bei der berühmten russischen Matroschka.
In bislang unbekannte Welten führt Gerhard Mantz den Betrachter
seiner Bilder. Mit Hilfe eines weiterentwickelten
Architekturprogramms simuliert er künstliche Landschaften mit dem
Computer oder fährt zum Beispiel mit der „Kamera” in das Innere von
Skulpturen. Der Abzug wird mit Lack überzogen und auf Alu gespannt,
was ziemlich edel aussieht. Außerdem zeigt er mit einem Video einen
Gang durch endlose Räume, die sich vor dem Auge des Betrachters
aufbauen und verändern.j
Ausstellung „Between Spaces”, Centro Cultural Andratx, bis 5.
Oktober. Ctra. Andratx-Capdellà.
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