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Ich möchte gerne über London und Karachi nach Palma fliegen”, sagt der Passagier beim Einchecken. „Das geht nicht”, sagt die freundliche Dame vom Bodenpersonal, „Sie haben doch nur ein Ticket für einen Direktflug von Frankfurt nach Mallorca.” Darauf der Passagier: „Komisch, bei meinem letzten Flug ging das doch auch – mit meinem Koffer.”

Ein Witz, über den vor allem die nicht lachen können, die bei der Ankunft am Flughafen vergeblich am Laufband auf ihr Gepäck warten. Denn wenn der Koffer nicht kommt, sind die Scherereien meist groß. Vor allem dann, wenn es sich um eine Kurzreise handelt – wer will schon bei zwei geplanten Strandtagen auf Mallorca einen auf die Badehose warten oder auf dem Golfplatz auf die Ausrüstung?

Fluggesellschaften, Reiseveranstalter und Flughäfen geben über dieses unangenehme Thema nur ungern offiziell Auskunft. Einstimmig heißt es: „Es kommt immer wieder mal vor, dass Gepäck mit Verspätung eintrifft, aber angesichts des Passagiervolumens nur sehr selten.”

Nach einer Statistik der Association of European Airlines (AEA) haben die Mitgliedsgesellschaften (darunter allerdings kein einziger deutscher Ferienflieger) nach eigenen Angaben zwischen 1'62 Prozent (Air France) und 0'11 Prozent (Turkish Airlines) des Gepäcks nicht gemeinsam mit dem Gast zum Bestimmungsort gebracht. Im Durchschnitt werden 85 Prozent aller vermissten Koffer oder Taschen innerhalb 47 Stunden dem Passagier zugestellt.

Der für Kundenservice zuständige Manager einer deutschen Airline findet, dass die Zahlen „sehr niedrig liegen”, ansonsten weiß er aus Erfahrung, „dass es darauf ankommt, um welchen Flughafen es geht”. Den schwarzen Peter will er niemandem zuschieben, aber „wenn sie zwischen Berlin und Stockholm fliegen, ist die Wahrscheinlichkeit, ohne Gepäck anzukommen, noch niedriger als auf anderen Strecken”.

Auch wenn auf deutschen Flughäfen die Mitarbeiter am Schalter für verlorenes Gepäck schon mal sagen: „Sie kommen aus Palma? Typisch!”, kann von systematisch schlechterem Service auf dem für Mallorcas Wirtschaft so wichtigen Airport nicht gesprochen werden. „Es dürfte davon abhängen, wie groß das Passagieraufkommen gerade ist”, so ein Insider. Auf Son Sant Joan sind die Auslastungspitzen besonders ausgeprägt, das heißt, vor allem in der Hauptsaison, an Wochenenden und zu bestimmten Tageszeiten ist extrem viel los, während ansonsten schon mal Stille herrscht.

Probleme entstehen im Wesentlichen dann, wenn das Gepäck eingeladen wird. „Ganz selten kommt es vor, dass beim Ausladen mal ein Koffer ,vergessen' wird oder vom Wagen fällt”, so der Kundenservice-Mann aus Deutschland. Ein sehr verbreiteter Grund für verspätetes Gepäck ist zu wenig Zeit bei Umsteigeverbindungen. So rühmt der Flughafen München sein frisch eingeweihtes Terminal auch damit, das Gepäck innerhalb vom 30 Minuten umladen zu können. Ist die Zeit knapper kalkuliert, kommt selbst das hochmoderne System am Franz-Josef-Strauss-Airport nicht sicher mit.

Die Fehlerquelle Umsteigen sollte nicht überbewertet werden: „Die Handling-Gesellschaften der Airlines wissen ja vorher, welches Gepäck sie auf welche Maschinen umladen müssen. Das klappt in der Regel problemlos”, so ein Airliner, „aber da, wo Menschen arbeiten, passieren eben auch Fehler.”

Menschen sind es nämlich, die auf den meisten Flughäfen der Welt (auch Palma) auf den Streifen schauen, der am Schalter am Gepäck befestigt wird. Dieser „Luggage-Tag” zeigt in Großbuchstaben, wo es hingeht. Für alle Flughäfen der Welt gibt es Abkürzungen aus drei Buchstaben, Palma etwa hat PMI (steht für Palma de Mallorca International), Düsseldorf DUS, Berlin-Tegel TXL. Vor allem wenn es schnell gehen muss, legen die Arbeiter einen Koffer schon mal auf den falschen Wagen.

Noch wird am Flughafen Son Sant Joan manuell gearbeitet. Doch die staatliche Airportverwaltung Aena hat im November vergangenen Jahres für 30 Millionen Euro ein System ausgeschrieben, dass das gesamte Gepäck der mehr als 17 Millionen Passagiere vollautomatisch handeln soll.

Nur in den seltensten Fällen ist ein Koffer, der im falschen Flugzeug unterwegs ist, wirklich verloren. Dafür sorgt ein weltweites Suchsystem namens World-Tracer, an das fast alle Fluggesellschaften und Flughäfen angeschlossen sind. Wenn ein Passagier merkt, dass der Koffer nicht kommt, muss er auf jeden Fall noch am Flughafen das Fehlen reklamieren. Am Schalter für verlorenes Gepäck (entweder bei der Fluggesellschaft oder deren Handling-Partner) wird dann ein Suchprofil nach einem einheitlichen Code erstellt. 01 beispielsweise steht für Hartschalenkoffer, Bk für schwarz. Ein schwarzer Hartschalenkoffer erhält so den Code Bk01.

Wenn irgendwo auf der Welt auf einem Flughafen ein schwarzer Hartschalenkoffer herumsteht, der niemandem gehört, wird es in World-Tracer erfasst. Das System versucht dann, herrenlose Gepäckstücke mit Suchmeldungen zu verbinden. Das klappt umso leichter, je eindeutiger ein Gepäckstück einem Passagier zuzuordnen ist.

Dazu gibt es eine Reihe einfacher Ratschläge: Jeder Koffer, jede Tasche sollte mit einem Namensschild ausgestattet sein. Als Adresse immer die am Zielort angeben, nach Möglichkeit mit einer Kontakt-Telefonnummer. Vorsicht: Die Heimatadresse nie offen anbringen, vor allem nicht bei der Abreise in den Urlaub. Es gibt Gauner, die sich darauf spezialisieren, diese Adressen auszuspähen, um während der Ferien der Bewohner deren Wohnung in Ruhe ausräumen zu können. Außerdem sollte auch in das Gepäck ein Zettel mit Namen und Adresse gelegt werden, schließlich kann der Adressanhänger abreißen.

Um World-Tracer die schnelle Zuordnung zu erleichtern, hilft es auch, das Gepäckstück mit markanten Erkennungszeichen auszustatten. Schwarze Hartschalenkoffer gibt es so viele wie Sand an der Playa de Palma, aber nur wenige haben ein großes, gelbes Herz als Aufkleber auf der Vorderseite. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Fluggesellschaft oder Reiseveranstalter sorgen dafür, dass das verspätete Gepäckstück nach Hause oder ins Hotel gebracht wird. Meist gelingt das innerhalb von 24 Stunden, manchmal kann es bis zu drei Tagen dauern. Wer auf Nummer sicher gehen will, hat die notwendigsten Dinge des täglichen Lebens wie Toilettenartikel und Wäsche zum Wechseln im Handgepäck. Ansonsten sind Fluggesellschaft oder Airline verpflichtet, dem Kunden die notwendigsten Aufwendungen zu ersetzen. Für Zahnbürste, Unterhose und T-Shirt gibt es das Geld zurück, nicht jedoch für die Golfausrüstung.

Wenn alle Stricke reißen und ein Koffer wirklich auf Nimmerwiedersehen verschwindet, ist die Airline verpflichtet, eine Entschädigung zu bezahlen. Deren Höhe beläuft sich nach einer internationalen Vereinbarung auf maximal 27'35 Euro pro Kilogramm des aufgegebenen Gepäcks. Für einen Koffer, der inklusive Inhalt 20 Kilo wiegt, werden also maximal 547 Euro gezahlt.

Wer wertvolleres Gepäck transportiert, der sollte den Abschluss einer besonderen Versicherung abschließen. Beim Reiseversicherungsspezialisten Elvia etwa gibt es eine entsprechende Police schon für elf Euro pro Person. Damit ist das Gepäck für eine zehntägige Reise bis zu einer Summe von 1000 Euro versichert. Außerdem ist eine Gepäckversicherung in vielen Paketen (mit Kranken– und Rücktrittsversicherung) enthalten.