Recht verlassen stand die Hand voll Männer auf den Stufen der
Hauptpost in Palma. Es war Donnerstagmittag und die Sonne warf ihre
Strahlen auf die gegenüberliegende Häuserfront. Die Szene war
symbolisch für den Streiktag 10. April: Man musste sich zur
falschen Zeit am falschen Ort wähnen. Die Ereignisse im Irak hatten
die Streikwilligen im Schatten stehen lassen. Der Krieg war
eigentlich schon vorbei, und jeder wusste es.
Es sollte wieder ein großer Tag werden, für den Frieden und für
die Gewerkschaften. Die UGT hatte zum landesweiten
Zwei-Stunden-Streik aufgerufen. Die zweite große Gewerkschaft im
Land, die CCOO, zog sich in letzter Minute als Veranstalter
zurück.
Auf Mallorca übernahm einmal mehr die Schülergewerkschaft STEI-i
das Geschehen auf der Straßen. Insgesamt sieben Versammlungen
hätten es an diesem Tag werden sollen. Mindestens drei wurden wegen
mangelndem Interesses abgesagt. Am meisten Aufsehen erregten noch
rund 300 Schüler, die in den Mittagsstunden durch die Innenstadt
Palmas zogen. Ziemlich verloren hingegen wirkte Minuten vorher an
gleicher Stellte ein Grüppchen Streikwilliger der UGT. Den meisten
Eindruck hinterließen sie bei vorbeiziehenden Touristen.
An den Schulen befolgten rund 60 Prozent der Schüler und Lehrer
den Streikaufruf. Vor laufender Fernsehkamera gab sich so mancher
Grundschüler aufgeklärt: „Kinder sterben, obwohl sie keine Schuld
haben.” Manche Eltern reihten sich in die Demonstrationen ein,
andere hingegen zeigten sich verärgert, weil sie sich wegen des
ausfallenden Unterrichts frei nehmen mussten. Auf dem Campus der
Balearen-Universität UIB herrschte ein ähnliches Bild. Studenten
und Professoren legten dort für die Opfer des Kriegs fünf
Schweigeminuten ein.
Auch in anderen Teilen des Landes wurde gestreikt.
Gewerkschaften wollten mancherorts Beteiligungen von 80 Prozent der
Arbeitnehmer ausgemacht haben. Die Realität sah jedoch völlig
anders aus. Die Demonstrationen fanden nur punktuell statt, und
auch die Teilnehmerzahl überstieg nur selten wenige Tausend. In
Palma zeigten einige Demonstranten wenig Anzeichen von
Ermüdungserscheinungen. „Wo sind die angeblichen
Massenvernichtungswaffen, vor denen so gewarnt wurde?”, fragten sie
provozierend in Richtung Washington, London und Madrid. Diesen
Regierungen warfen sie wirtschaftliche Interessen hinter der
Irak-Mission vor.
Der Luftverkehr am Flughafen Son Sant Joan war vom Streik nicht
betroffen, ebensowenig der Personennahverkehr in Palma und die
medizinische Versorgung in den Krankenhäusern.
Unterdessen hinterließ der Krieg auch in anderen Teilen der
Insel seine Spuren. In den Gemeinden Alaró und Maria de la Salut
unterstützten konservative PP-Gemeinderäte gemeinschaftliche
Erklärungen gegen den Krieg. Wie in anderen Landesteilen scherten
sie damit aus der offiziellen Parteilinie aus. In Andratx und
wiederum in Alaró simulierten Kriegsgegner einen Bombenangriff,
indem sie sich zu Boden warfen und so ihre Solidarität gegenüber
den Opfern ausdrückten.
In Felanitx schloss sich die PP-Kandidatin für das
Bürgermeisteramt, Catalina Soler, einem Demonstrationszug an. Auch
in Binissalem waren Kriegsgegner aktiv. Während einer
Wahlveranstaltung der PP skandierten mehrere Menschen gegen die
Politik der Volkspartei. Und in Manacor beschmierten radikale
Aznar-Gegner das lokale Parteibüro mit diversen Schriftzügen: „Hier
unterstützt man Mörder und Tyrannen”.
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