Er war eine der schillerndsten und exzentrischsten
Persönlichkeiten, die je auf Mallorca lebten: Er liebte die Frauen
und verachtete sie; er log, dass sich die Balken bogen; er war ein
genialer Selbstdarsteller; er ließ sich ungerührt „Gangster”,
„Lustgreis” oder „König von Mallorca” nennen (weil er es mit Curd
Jürgens hielt: „Mir ist egal, was über mich geschrieben wird,
Hauptsache, man schreibt meinen Namen richtig”); er trug eine
50.000-Mark-Rolex.
Er schockte die Konkurrenz mit unglaublichen Rabatt-Aktionen
(„den Winter über 100 Prozent”); er heiratete sechsmal; er trank
schon vormittags eine Flasche Whisky („Das ist gut für den
Mittagsschlaf”); er unterhielt ein Raubtier-Gehege; er sponserte
großzügig die deutsche Schule „Academia alemana Can Hasso”, mit der
er sich ein Denkmal setzten wollte; und er schickte MM 1998
einen Brief, in dem er sich von der Welt verabschiedete.
Hasso Schützendorf (der sich gern auch „von Schützendorf” nannte
und sich ein bombastisches Familienwappen zulegte) hatte ein
ausgesprochen farbiges Leben.
In seiner Jugend schmuggelte er Reifen von der West- in die
Ostzone und Uhren nach Spanien, bevor er Ende der 50er Jahre auf
Mallorca erst eine Wasserskischule und dann 1962 ein
Rent-a-car-Unternehmen gründete. „König von Mallorca” ist er
geworden – zumindest auf dem Mietwagen-Sektor. 4000 Autos verlieh
er in den besten Zeiten täglich; die Flotte wechselte er stets
frühzeitig aus, um die Fahrzeuge noch sehr jung verkaufen zu
können. Jahrzehntelang war er der einzige Autovermieter der Insel,
bei dem auch Nobelkarossen geordert werden konnten.
Legendär ist Schützendorfs Liebe zur Marke Rolls Royce;
zeitweise hatte er fünf gleichzeitig. Sein Lieblingsauto war das
Corniche-Cabrio, für das er in den 80er Jahren 600.000 Mark
hinblättern musste. Fuhr Schützendorf über Land, hupte er in jedem
Dorf kräftig, um auf sich aufmerksam zu machen.
Bevor er wegen einer schweren Lungenkrankheit ins Krankenhaus
übersiedeln musste, lebte der geborene Düsseldorfer in einer Villa
in Valldemossa sowie – aus steuerlichen Gründen – auf einem
Landsitz in Andorra. In einer Finca in Son Sardina nördlich von
Palma, in der er früher häufig Gäste zu Hauskonzerten lud, wohnten
schließlich „nur noch meine Tiere”: Geparden, Pumas, Schlangen,
Affen, auch mal ein Löwe.
Episoden und Sprüche aus den letzten zehn Jahren von
Schützendorfs Leben:
1993 :
Schützendorf verärgert die Konkurrenz und die Taxifahrer am
Flughafen mit Billigmietpreisen und kostenlosen Flughafen-Transfers
(auch im Rolls). Die Taxifahrer beschuldigt er, ihn zu erpressen
und seine Fahrer totschlagen zu wollen.
Schützendorf gegenüber MM: „Einen Zahn müssen Sie den Leuten
ziehen, nämlich, dass ich Multi-Millionär sei. Ich bin
Milliardär.”
Im August gibt der damals 69-Jährige bekannt, in sechster Ehe eine
23-jährige Studentin heiraten zu wollen: „Sie ist die schönste und
liebste Frau, die ich je kennen gelernt habe. Und dann die Figur!
Ich habe nichts anderes mehr im Kopf als Christine.” Einen Monat
später ist Christine verstoßen: „Sie wollte nur mein Geld.”
Im November heiratet Schützendorf tatsächlich: die 26-jährige
Kolumbianerin Astrid, die ihm bis zum Tod die Treue halten wird.
Die Hochzeit findet in Las Vegas statt; 200 Gäste folgen seiner
Einladung in „Cesar's Palace”. Zwei Millionen Mark, sagt
Schützendorf, habe ihn das Fest gekostet.
Schützendorf in einem Interview, eine seiner Frauen habe gesagt:
„Wenn der Alte tot ist, gebe ich sein ganzes Geld aus.” Da habe er
sich scheiden lassen.
1994 Schützendorf behauptet, sein Adoptivsohn Alberto
(10) sei entführt worden. Das Kind hält sich jedoch bei seiner
Mutter auf, einer seiner Ex-Frauen. Ein Gericht spricht der Mutter
das Sorgerecht zu.
An seinem 70. Geburtstag verkündet er: „Die Erben hoffen schon
alle, aber ich bin fit für die nächsten 70.”
Und: „Die Schule von Salem am Bodensee braucht bis zum Jahr 2000
ein neues Schulgebäude. Ich baue ihr eins für 50 Millionen Mark.
Für die beste Schule Europas zweige ich zu Lebzeiten 50 Millionen
ab. Ich will nicht so viel vererben.” Salem hat den Betrag nie
gesehen.
1995 Schützendorfs von ihm verstoßener Sohn Leo macht ein
Konkurrenzunternehmen auf: „Leocar” ist bald erfolgreich. Was den
Vater besonders ärgert: Leo hat Hassos frühere Freundin Carmen
geheiratet.
1996 Schützendorf tritt mit dem Plan an die
Öffentlichkeit, auf seiner Finca in Son Sardina einen 100.000 qm
großen Zoo zu eröffnen. Umgerechnet zwölf Millionen Mark will er
investieren und „den Zoo von Barcelona in den Schatten stellen”.
Als Grund gibt er wiederum an, nicht vererben zu wollen, und fügt
einige ausgesprochen hässliche Worte über seine Söhne hinzu. Die
Stadt Palma genehmigt den Zoo nicht.
Aus seinem Gehege entweicht ein Affe, schlägt auf Autos ein und
beißt einem Polizisten die Fingerspitze ab, bevor er eingefangen
werden kann.
1997 In einem Interview mit „Spiegel-TV” sagt
Schützendorf über die Frauen: „30 ist die magische Grenze. Die
alten, die riechen doch nicht gut. Es ist doch schöner, Fleisch
anzufassen, das noch knusprig ist.”
Schützendorf will den Zoo nun in Santa Maria einrichten. Und dort
auch ein Altenheim und eine deutsche Schule gründen: „Das wird eine
Schule im Stile von Salem. Die Kinder sollen dort auch ökologisch
erzogen werden.” Keiner der Pläne wird Wirklichkeit.
Die Steuerfahndung durchsucht Schützendorfs Zweitwohnung in
Düsseldorf und nimmt allerlei Akten mit. Schützendorf bestreitet
den Vorwurf der Steuerhinterziehung: „Ich zahle brav in Spanien
Steuern.”
Als Arabella Kiesbauer mitteilt, sie würde für eine Million Mark
auch mit einem Mann schlafen, der ihr nicht gefalle, bekundet
Schützendorf sofort Interesse an einem Schäferstündchen mit der
dunkelhäutigen Moderatorin. „Sollten aus dieser Nacht Kinder
hervorgehen, komme ich für deren standesgemäße Erziehung auf”, sagt
der 73-Jährige. Arabella nimmt das Angebot dann aber doch nicht
an.
1998 Schützendorf beschließt, die deutsche Schule zu
sponsern, die ein Jahr später eröffnet und von Frank Bauchrowitz
geleitet wird. Sie wird nach dem Sponsor benannt; ihr Fortbestehen
nach seinem Tode soll testamentarisch garantiert sein.
Der Autokönig wird wegen einer schweren Lungenkrankheit in die
Intensivstation eines Krankenhauses in Palma eingeliefert. Von dort
aus verabschiedet er sich per Fax von MM-Chefredakteur Bernd
Jogalla: „Lieber Bernd, es geht daran, sich zu verabschieden.
Dankbar, wenn Du meinen Wunsch erfüllst, alle Freunde und Bekannte
von mir zu grüßen, in der kommenden Ausgabe, von denen ich mich
nicht selbst verabschieden konnte. Bis zum nächsten Leben. Euer
Hasso.” Und er fügt hinzu: „Und ein letztes Prost auf die Liebe von
Eurem Hasso.”
Zwei Wochen später verlässt er die Intensivstation. Er gibt
bekannt, seine Frau sei in Deutschland künstlich befruchtet worden.
Ein Kind wird allerdings nicht geboren.
In einer halbseitigen Zeitungsanzeige sucht Schützendorf „ein
Gelände in einem Friedhof, um ein schönes Mausoleum zu bauen. Eine
hübsche Umgebung ist unabdingbar.” Er wolle nicht eingeäschert
werden, sondern „auf ewige Zeiten in meinem Mausoleum ruhen”. Es
soll 600.000 Mark kosten.
Nach mallorquinischen Presseberichten wird gegen Schützendorf
ermittelt, weil er einen Teil seiner Mietwagenflotte nicht
versichert, den Kunden aber den Versicherungsbetrag in Rechnung
gestellt haben soll. Anfang 2000 stellt der Staatsanwalt die
Ermittlungen ein.
1999 Der Exzentriker lässt die gesamte Auflage einer
zuvor von ihm autorisierten Biografie („Hasso, König auf Mallorca.
Todeskandidat – Schmugglerboss – Multimillionär”) vom Markt nehmen
und einstampfen. Die Biografie sei „ein großer Quatsch” und
enthalte „hahnebüchenen Unsinn”.
2000 Im Sat-1-Frühstücksfernsehen „verlobt” sich
Schützendorf mit der 24-jährigen Pari.
Aber eine Woche später gibt er in Palma bekannt, er werde die
27-jährige Wanda heiraten. Die Scheidung seiner Ehe mit Astrid habe
sein Anwalt längst eingeleitet.
2001 Schützendorf wird während einer Fußmassage in seiner
Villa in Valldemossa von zwei Maskierten überfallen. Unter
Drohungen und Schlägen erpressen sie ihn zur Herausgabe von Geld
und Schmuck im Gesamtwert von 400.000 Mark. „Ich dachte zuerst, das
sind Mörder, die im Auftrag meiner Frau kommen”, sagt Schützendorf.
Seiner Frau, die von einem Leibwächter schwanger sei und sich an
einem unbekannten Ort verstecke, sei daran gelegen, dass er noch
vor der Scheidung sterbe.
Schützendorf verlobt sich erneut: in Potsdam mit der 23-jährigen
Peggy. Mit 150 Gästen feiert er im Schloss Cecilienhof. 192.000
Euro habe ihn der Spaß gekostet, behauptet er.
2002 /2003 Im Sommer 2002 wird Schützendorf wegen seines
Lungenemphysems in die Clínica Rotger in Palma eingeliefert, die er
nicht mehr verlassen wird. Ehefrau Astrid ist bis zur letzten
Minute an seiner Seite.
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