Die „documenta 2002” hat Zeichen gesetzt. Kunst, so wurde dort
gezeigt, müsse politisch sein, müsse Stellung beziehen, müsse die
gesellschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unserer
globalisierten Welt widerspiegeln. Genau diesem Konzept folgt die
Auswahl der sehr unterschiedlichen Arbeiten der Ausstellung „Parc
Humà – Una exposició de criatures globals”, die zur Zeit im
Kulturzentrum Sa Nostra in Palma zu sehen ist. Sie wurde im Auftrag
der Sparkasse und des Ausstellungszentrums „Palacio de la Virreina”
in Barcelona zusammengestellt.
Schon die Auswahl der Künstler zeigt internationalen Standard:
Sie kommen aus Schweden wie Lars Arrhenius, aus den USA wie Anthony
Aziz, John Schabel oder Anthony Goicolea, aus England wie Chris
Cunningham, aus der Ukraine wie Boris Mihkhailov, der in Berlin
lebt. Der kürzlich verstorbene Juan Muñoz ist Madrilene, Guillem
Nadal Mallorquiner, Deimantas Narkevicius stammt aus Litauen, Mi Le
Thi aus Vietnam und Ravinder Reddy aus Indien. Frank Thiel und
Karin Sander sind Deutsche.
Sie alle haben sich in sehr unterschiedlichen Disziplinen wie
Fotografie, Videoinstallation, Bilder, virtueller Kunst und
Bildhauerei bereits einen internationalen Namen gemacht.
Es gehe um die menschliche Essenz in der aktuellen Situation,
erklärten die Ausstellungsmacher Iván de la Nuez und Frederic
Montornés bei der Eröffnung. Es ist Konzeptkunst, gepaart mit
Ironie, Gewalt und Gewalttätigkeit; die Ausstellung zeigt Menschen,
die bar jeder Kommunikationsfähigkeit den Schrecken einer
einerseits hochtechnisierten Welt ausgesetzt sind, andererseits den
Verfall von politischen Systemen widerspiegeln. Menschen, die zu
Emigration und Heimatlosigkeit gezwungen sind. Für den Fotografen
Frank Thiel besteht die Welt vor allem aus technischen
Überwachungssystemen, eine Erfahrung, die er selbst in der
ehemaligen DDR machte.
Die übergroßen Skulpturen von Ravinder Reddy basieren einerseits
auf traditionellen religiösen Figuren seiner indischen Heimat,
andererseits auf den fiktiven Charakteren des neuen indischen
Films. Seine plakative Erotik ist voller Ironie.
Juan Muñoz' Skulpturen, die aus dem Gesamtwerk „La Plaza”
stammen, sind fast menschengroß. Hier ist jeder Individualismus
verpönt, der Mensch entspricht einem vorgefertigten Standard, der
ihn entmenschlicht.
Chris Cunningham wurde bereits mit 17 Jahren für die Special
Effects des Films „Alien 3” mit einer Oscarnominierung
ausgezeichnet; er arbeitete in diesem Feld auch mit Regisseuren wie
Stanley Kubrick und Steven Spielberg.
Er machte Videoclips für „Kraftwerk” und Madonna. Sein Anliegen
ist, Schönheit und Schrecken in der zeitgenössischen Kunst zu
zeigen. Seine Arbeiten waren auf den Biennalen von Venedig und
Istambul zu sehen. Hier ist er mit einer Video–Installation
vertreten.
Das Elend von drogenabhängigen Straßenkindern in Kharkov zeigt
der Fotograf Boris Mikhailov. Verlorenheit in der Unendlichkeit
präsentiert die Spanierin Montserrat Soto in ihrem Video „Mar desde
Ventana”. My Le Thi gehörte zu den vietnamesischen Boat People, die
auf der Suche nach einem besseren Leben das Land illegal verließen.
Das Schiff wurde von den Behörden aufgebracht; My Le Thi blieb nur
zwei Monate in Saigon im Gefängnis; sie war damals erst 15 Jahre
alt und noch keine politische Gefahr.
Die Künstlerin, die heute in Australien lebt, zeigt zwei
Installationen: „Walk the earth” und „Transformation” – Schuhe und
Abdrücke von Füßen, deren Weg ins Nichts führt. Es ist eine
erschreckende, verstörende Ausstellung, von großer künstlerischer
Qualität.j . „Parc Humà – Una Exposició de criatures globals” im
Kulturzentrum Sa Nostra, Palma, Carrer Concepció 12. Geöffnet bis
27. November von Montag bis Freitag von 10.30 bis 13.30 und von 17
bis 21 Uhr, samstags nur am Vormittag.
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