Für den deutschen Urlauber Wolfgang E. endete dieser
Mallorca-Aufenthalt mit einem Alptraum: Als der 54-jährige Segler
am Montag mit seinem Boot in einem der Häfen bei Manacor festmachen
wollte, bekam er die Hand in die Schlinge eines Taus, auf der
starker Zug war. Das Tau trennte ihm die halbe rechte Hand ab.
Dennoch hatte der Mann Glück im Unglück: Wenige Stunden später
machte sich ein Spezialistenteam im Krankenhaus Fundación Son
Llàtzer bei Palma an die Reimplantation der Hand. Der Patient war
am Donnerstag auf dem Weg zur Besserung: „Es geht mir
einigermaßen”, sagte er. Er konnte seine Finger bereits wieder
etwas bewegen.
Es war der erste Eingriff dieser Art auf Mallorca: Die Klinik,
die an der Straße Richtung Manacor liegt, hat erst vor rund einem
Jahr eröffnet. Sie verfügt unter anderem über ein Team von Ärzten,
das auf Mikrochirurgie spezialisiert ist. Bis dahin wurden
Unfallopfer, die Amputationen erlitten hatten, aufs Festland
geflogen. Problem: Der Zeitraum, in dem abgetrennte Gliedmaßen
wieder angenäht werden können, ist sehr begrenzt. „Es bleiben drei
bis vier Stunden”, sagt José Ortega Klein, unter anderem Leiter der
Traumatologie in Son Llàtzer, der die Operation leitete. In der
Vergangenheit sei es vorgekommen, dass Patienten nicht mehr
rechtzeitig behandelt werden konnten.
Die Einrichtungen in der Fundación Son Llàtzer befinden sich auf
dem neusten Stand der Technik, so Ortega. „Wir bemühen uns um eine
ständige Qualitätskontrolle.” Er selbst hatte sich um die
Installation eines Spezialistenteams der Mikrochirurgie bemüht, um
Amputationsfälle auf der Insel behandeln zu können und so die
Chancen für eine Genesung zu verbessern.
Durchgeführt worden war der achtstündige Eingriff von den drei
Chirurgen Carlos Puente, Guillem Salvà und Carlos Pérez mit einem
Team von Assistenten und Anästhesisten. Sie hatten mit ähnlichen
Operationen bereits Erfahrung durch ihre frühere Arbeit im
Krankenhaus Santa Fe in Sabadell auf dem spanischen Festland. Der
Deutsche, der nach dem Unfall bei vollem Bewusstsein „und ziemlich
er-schrocken” war, wie José Ortega sagt, wurde in Vollnarkose
versetzt. Zum einen, weil eine so langwierige Operation im
Wachzustand sehr unangenehm wäre, zum anderen musste der Patient
absolut ruhig gestellt werden, damit die Chirurgen ihre
Feinstarbeit überhaupt durchführen konnten.
Eine achtstündige Operation, bei der mit dem Mikroskop und
feinsten Gerätschaften hantiert wird, ist „ziemlich anstrengend”,
so Ortega. Immer zwei Ärzte operierten gleichzeitig, nach einer
Weile wurde reihum einer ausgewechselt. „Die Operation fand unter
guten Bedingungen statt”, so der Traumatologe. Das Tau hatte die
Hand sauber durchtrennt, knapp unterhalb des Daumens. Um 13 Uhr war
Wolfgang E. zunächst ins Krankenhaus in Manacor eingeliefert
worden. Dort verständigten die Ärzte sofort die Fundación Son
Llàtzer, wo alles für die Operation vorbereitet wurde. Um 15 Uhr
begannen die Ärzte, die Hand wieder anzunähen, die in Manacor
gesäubert und mit einer Bandage an der Schnittstelle befestigt
worden war.
Je weiter die Amputationsstelle vom Körperrumpf entfernt ist,
desto schwieriger ist eine Reimplantation, so Ortega. In der Mitte
der Hand befinden sich eine Vielzahl von feinen Blutgefäßen, die
mit bloßem Auge nicht erkennbar sind und die Stück für Stück wieder
verbunden werden mussten. Zuerst wurden Knochen, dann Arterien,
Venen, Nerven und schließlich die Haut wieder zu-sammengefügt. „Es
ist sehr gut gelaufen”, sagt der Leiter des Ärzteteams.
Die angenähte Hand habe eine gute Farbe, und der Patient könne
bereits wieder die Finger bewegen: „Das soll er natürlich noch
nicht.” Gefahr, dass das reimplantierte Gliedmaß vom Körper
abgestoßen werden könnte, bestehe nicht, da es sich um ein Teil des
eigenen Körpers handelt. Etwa 48 Stunden nach der Operation sei der
kritischste Moment, dann könnten Entzündungen auftreten. Diesen
Zeitpunkt hat Wolfgang E. gut überstanden. Es sei zwar nicht völlig
auszuschließen, dass noch Komplikationen auftreten könnten, aber
wenn sich der Patient weiterhin so gut erhole wie bisher, könne er
bereits am Sonntag aus der Klinik entlassen werden. Wolfgang E.
möchte gleich die Heimreise nach Deutschland antreten.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.