Wer am vergangenen Wochenende die Wettervorhersage im spanischen
Fernsehen verfolgte, wurde Zeuge eines gänzlich ungewöhnlichen
Ereignisses. Wohin die Kamera während ihrer Rundumfahrt über die
Landkarte der iberischen Halbinsel auch zeigte, überall tauchte das
Symbol einer regnenden Wolke auf. Zum Abschluss blühte die
Zeichentrick-Wolke direkt über den Balearischen Inseln auf – und
dass die Vorhersagen diesmal mitten ins Schwarze trafen, davon
können auf Mallorca die Inselbewohner mitsamt den Touristen ein
Lied singen.
Nahezu die ganze vergangene Woche war der blaue Himmel der
Sonneninsel von einer dichten, grau-schwarzen Wolkendecke verhängt,
und es goss entweder wie aus Kübeln oder es nieselte stundenlang
vor sich hin. Wer aus Deutschland geflüchtet war, um hier warme
Maifreuden zu erfahren, sah sich arg getäuscht. „Ich glaub, ich bin
immer noch in Hamburg”, so ein Resident.
Das schlechte Wetter ist nicht nur eine lästige wie einmalige
Kapriole der Natur, die jeder zu ertragen hat. Die Niederschläge
und die kühle Witterung wollen, so scheint es, einfach nicht enden.
Nach einzelnen heißen Tagen, die Lust auf Sommer machen, bricht
immer wieder der mallorquinische Winter durch. Dieser Zustand
dauert nun schon seit November an. Damals beutelten schwerste
Stürme die Insel, warfen hunderttausende Bäume um, rissen den Sand
von den nördlichen und östlichen Stränden ins Meer und bescherten
den Kommunen zerstörte Straßen und Stromleitungen.
Dann folgte ein für mallorquinische Verhältnisse sehr
regenreicher und kalter Winter, der allerdings zunächst freudig
begrüßt wurde, weil er nach drei Jahren Trockenheit die leeren
Stauseen und erschöpften Brunnen mit frischem Nass speiste.
Im März fiel die Osterzeit, in der oft die ersten Urlauber ihre
Badehosen und Bikinis auspacken, ebenfalls der kühlen Witterung zum
Opfer. Und seitdem hat sich kaum etwas geändert. Zwar gab es hier
und da schon erste heiße Tage, doch das waren in der Regel nur
Appetitanreger, jedoch keine magenfüllenden Menüs für eine satte
Sommersaison. So verwundert es nicht, dass das meteorologische
Institut in Palma vom regenreichsten April auf Mallorca seit 30
Jahren spricht. Damit nicht genug: In den ersten acht Mai-Tagen
fielen im Tramuntana-Gebirge doppelt so viel Niederschläge wie im
Schnitt für den gesamten Monat zu erwarten gewesen wären.
Das graue Einerlei nervt nicht nur die Urlauber, es geht
mittlwerweile auch an die wirtschaftliche Substanz der Insel. In so
manchem Hotel befinden sich mehr Angestellte als Gäste, nach
Verbandsangaben liegt die Auslastung um 15 Prozent unter den Zahlen
des Vorjahres, so dass die Häuser oft nur zur Hälfte voll sind.
Viele Hoteliers schicken derzeit – sehr zum Missfallen der
Gewerkschaften – ihre Saisonkräfte in unbezahlten Urlaub, um Kosten
zu sparen.
Schlimmer noch: Während an der Nordküste die Aufschüttung der
Strände begonnen hat – unweigerlich begleitet vom Streit der
Politiker, Umweltexperten, Anwohner, Fischer und Hoteliers – hat
der jüngste Meeressturm am vergangegen Dienstag die Strände von
Cala Millor und Cala Llombards vollständig entsandet. Hier bleibt,
anders als beim Novembersturm, nicht einmal mehr Zeit, um die
Playas noch vor der Sommersaison zu sanieren, denn die „sonnige”
Jahreshälfte hat bekanntlich bereits am 1. Mai begonnen.
Der Regen hat mittlerweile alle Staubecken randvoll gefüllt, nun
klagen die Bauern sogar, dass die Feuchtigkeit den Pflanzen schade.
Wohl dem, der sich seinen Humor bewahrt. So wie der Holländer Johan
Yntema: Er nutzte einen Sturzbach zum Wildwasser-Rafting. Das hat
es in der Tat noch nicht gegeben auf Mallorca.
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