Die Einführung des Euro zum Jahreswechsel ist auch auf Mallorca
euphorisch begrüßt worden. An den Schaltern der Sparkassen und
Banken bildeten sich lange Schlangen von Bürgern, die ihre Pesetas
in die europäische Einheitswährung umtauschen wollten. Der Ansturm
auf das neue Geld hat die Prognosen der Fachleute weit übetroffen.
Viele Einzelhändler kritisierten dagegen Fehlplanungen der
Geldinstitute, da sie nicht mit ausreichend Euromünzen zur Rückgabe
des Wechselgeldes versorgt worden waren.
Der spanische EU-Kommissar für Finanzen, Pedro Solbes, erklärte,
der Euro werde in den kommenden zwei Wochen die Peseta weitgehend
verdrängt haben. Dagegen hielt der balearische Finanzminister, Joan
Mesquida (PSOE), mehr Zeit für diesen Prozess für erforderlich.
„Sehr wahrscheinlich werden Ende Januar kaum noch Pesetas im Umlauf
sein”, sagte der Politiker. Die Peseta bleibt neben dem Euro bis
Ende Februar ofizielles Zahlungsmittel.
Unmittelbar nach dem Verklingen der zwölf Glockenschläge setzte
in der Silvesternacht der Run auf die Geldautomaten ein.
Palmesaner, die vor dem Rathaus mit dem Herunterschlucken von einem
Dutzend Trauben ins neue Jahr gestartet waren, wollten auf die neue
Währung, quasi als Dreingabe, nicht verzichten. Wohlweislich hatten
die Banken die Ausgabegeräte lediglich mit kleinen Scheinen im Wert
von fünf, zehn und 20 Euro-Scheinen gefüttert, um bei Einkäufen den
Händlern die Herausgabe des Wechselgeldes in Münzen zu
erleichtern.
Erst im Laufe des Neujahrstages wurden die Geldautomaten mit
größeren Scheinen bestückt. Nichtsdestotrotz gab es Enttäuschungen,
denn noch waren nicht alle Geräte auf die neue Währung umgerüstet
worden und spuckten somit Pesetas aus. Erst am Donnerstag, dem
dritten Tag der Einheitswährung, waren über 90 Prozent der
Automaten auf den Balearen „Euro–päisiert”.
Den arbeitsfreien 1. Januar nutzten Tausende von Bürger, um in
den ausnahmsweise geöffneten Banken und Sparkassen das neue Geld
einzutauschen. Der Andrang der Massen von 11 bis 14 Uhr übertraf
alle Erwartungen, so dass die Euro-Einführung aus Sicht der
spanischen Zentralbank „rasch und mit großem Erfolg” voranschritt.
In die Warteschlangen reihten sich nicht nur Geschäftsleute und
Unternehmer ein.
Viele Menschen machten aus dem Euro ein Familienereignis. Nicht
wenig Nerven kostete einen Bankangestellten auf Mallorca angesichts
der zunehmend ungeduldigen Warteten ein kleines Mädchen, das in
Begleitung seiner Großmutter sein Sparschwein zur Sparkasse
getragen hatte, um mit glänzenden Augen Peseta um Peseta
abzuzählen, damit der Reichtum in Euro getauscht werden konnte. Für
die Bankmitarbeiter, die am Neujahrstag in den wenigen geöffneten
Geschäftsstellen Dienst schoben, lohnte sich der Einsatz allemal:
Für den dreistündigen Feiertagsdienst gab es einen Gehaltszuschlag
von 270 Euro samt einen freien Tag als Dienstausgleich.
Warteschlangen vor den Wechselschaltern der Banken prägten auch
am Mittwoch, dem ersten Arbeitstag in 2002, das Bild auf Mallorca
wie in der übrigen Euro-Zone. Die Nachfrage war so groß, dass
einigen Filialen auf der Insel das Euro-Geld zeitweise ausging und
andere Niederlassungen sich nur noch zu helfen wussten, indem sie
nur bis zu einer bestimmten Höhe Geld pro Kunde ausgaben. Auch in
den Bankautomaten war zeitweise Ebbe angesagt, nachdem die Flut der
Karteninhaber vorbeigeschwappt war.
Unzufrieden mit den Vorkehrungen der Banken äußerten sich vor
allem die beiden Verbände des Einzelhandels auf der Insel, Pimeco
und Afedeco. Da einerseits viele Kunden in Pesetas zahlten, um ihr
altes Geld loszuwerden, und andererseits in der Regel in Euro
herausgegeben wurde, waren die vorsorglich angelegten Münzbestände
der neuen Währung rasch aufgebraucht. Wollten die Händler
kurzfristig für Nachschub sorgen, sahen sie sich an den
Bankschaltern mit Wartezeiten von bis zu einer Stunde konfrontiert.
„Das hat den Verkaufsbetrieb unserer Mitglieder zum Teil
lahmgelegt”, zürnte der Afedco-Vorsitzende Pau Bellinfante.
Ungeachtet der Vorwürfe erobert sich der Euro unaufhaltsam sein
Terrain auf Mallorca. Das neue Geld wechselt nicht nur auf Märkten,
in Geschäften, an Tankstellen und in Verkehrsbussen den Besitzer.
Erste Euromünzen wurden auch im Klingenbeutel der Kathedrale von
Palma anlässlich der Neujahrsmesse gesichtet. Und ein
Straßenmusikant in Palma ließ gleich zwei Hüte herumreichen, den
einen für Euro, den anderen für Pesetas.
Auf dem traditionellen Mittwochsmarkt in Sineu hatte allerdings
die Peseta die Nase weit vorne. Doch die Landbevölkerung zeigt sich
auch hier aufgeschlossen. Jaume Mairata, 75-jähriger Bürger aus
Selva, begrüßt vor allem die Cents des Euro. Denn „Centimos”, die
Untereinheit der Peseta, habe es früher schon gegeben. „Als ich ein
Kind war, konnte man für 15 Centimos ins Kino gehen, und die musste
man damals erst einmal haben.”
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