Mallorcas Mandelbäume sind ein weißrosa Märchenzauber im Januar,
zur Erntezeit im September und Oktober stehen sie dagegen nahezu
unscheinbar in ihren Plantagen am Wegesrand. Jeder Feigen–,
Johannisbrot– oder Orangenbaum macht optisch mehr her als die
schmächtigen „Almendros”. Auffälliger ist da schon die Art der
Ernte, wenn den Früchten der Bäume zu Leibe gerückt wird. Findet
die „Recojida” auf traditionelle Weise statt, sieht man die
Erntehelfer mit Holzlatten die Mandeln vom Geäst der Bäume
schlagen. Um den Stamm haben sie in der Regel eine Stoffplane oder
ein Netz ausgelegt. Die Mandeln tragen über der harten Schale
zusätzlich einen hartfleischigen, grünen Mantel, der bei
Trockenheit verschrumpelt und sich schließlich leicht abstreifen
lässt.
Das emsige Treiben der Erntehelfer kann nicht verdecken, dass
der Mandelanbau auf der Insel und den Balearen insgesamt in einer
tiefen Krise steckt. Der Preis für die Trockenfrüchte ist im
Keller, und die viel zu geringen Niederschläge setzen den Bäumen
nach wie vor zu. Nach Angaben des balearischen
Landwirtschaftsministeriums gingen allein im Vorjahr rund 75.000
Bäume ein – bei etwa sechs Millionen „Almendros” sind das über ein
Prozent des Bestandes. Für Neu-Anpflanzungen gewährt das
Ministerium den Bauern Hilfen von 2000 Pesetas (23'50 Mark) pro
Baum.
Doch auch an den überlebenden Pflanzen ließ die Trockenheit die
Früchte verkümmern. „Wir hatten eine hervorragende Blüte, aber
danach hatten die Bäume nicht genug Kraft zur Versorgung der
Früchte. Wir rechnen deshalb mit Ernteeinbußen von rund 60 Prozent
in diesem Jahr”, sagt der Geschäftsführer der Kooperative Camp
Mallorqui, Joan Magro Bauzà. In dem Unternehmen mit Sitz in Consell
haben sich 18 lokale Agrar-Genossenschaften zusammengeschlossen, um
gemeinsam die mallorquinischen Mandeln zu verarbeiten und zu
vermarkten.
„Früher hatten die Mandeln ihren Wert so sicher wie Gold”, sagt
Joan Magro. Heute könnten die Landwirte mit der Ernte eher schlecht
als recht ihre Kosten decken. „Ohne die Hilfen der Europäischen
Union würde dieser Agrarzweig auf Mallorca gar nicht mehr
existieren”. Noch vor 50 Jahren spielte die Mandel eine bedeuteden
Rolle in der mallorquinischen Wirtschaft. Erst mit dem Aufkommen
des Massentourismus büßte der Agrarbereich nach und nach an
Hinwendung ein, obgleich die Touristiker gerne mit der Pracht der
Mandelblüte in ihren Katalogen werben und Besucher auch zu einem
Besuch der Insel im Winter animieren.
Noch vor 20 Jahren erhielten die Landwirte für ein Kilogramm
geschälter Mandeln 700 Pesetas. In diesem Jahr liegt der Preis bei
390 Pesetas (4'58 Mark). Wird zudem noch die Wertverlust des Geldes
berücksichtigt, haben sich die Erlöse der Mandelbauern seit Anfang
der 80er nahezu halbiert.
Die Abhängigkeit der Landwirte von den Subventionen aus Brüssel
ist für Joan Magro keine Lösung. Seit nunmehr fünf Jahren setzten
einzelne Mitglieder der Kooperative deshalb verstärkt auf
ökologischen Mandelanbau, um sich damit neue Absatzmärkte zu
erschließen. „Es gibt durchaus Konsumenten, die bereit sind, für
hochwertige Qualität einen Preisaufschlag zu zahlen. Der Anteil der
gänzlich ohne chemische Gifte und Düngemittel produzierten
Trockenfrüchte beträgt mit rund 50 Tonnen erstmals 15 Prozent der
Gesamtproduktion von Camp Mallorqui. Kurioses Detail am Rande:
Sämtliche Öko-Mandeln des Unternehmens werden in Deutschland
abgesetzt, wo sie in der Nahrungsmittelindustrie verarbeitet
werden.
„Ungeachtet ihrer geringeren Größe sind unsere Mandeln die
besten der Welt, was Geschmack und Bekömmlichkeit angeht. Den Preis
der Ware geben allerdings die US-Mandeln aus Kalifornien vor, die
den Weltmarkt bestimmen”, sagt der Subventionskoordinator im
balearischen Agrarministerium, Miquel Gual Pons. Um dem Preisdiktat
entgegenzutreten, soll auf Mallorca demnächst die industrielle
Herstellung und Vermarktung von Mandelmilch erprobt werden.
Dem Geschäftsführer der Kooperative Camp Mallorqui, Joan Magro,
hofft auf die wachsende Anerkennung der Mallorca-Mandel bei den
Touristen. „Wenn jeder Besucher nur ein einziges Tütchen von 100
Gramm kaufte und mit nach Hause nähme, wären alle unsere Probleme
gelöst. Wir könnten noch nicht einmal den Bedarf decken.”
Die Kooperative Camp Mallorqui in Consell befindet sich im
Industriegebiet Consell direkt an der Landstraße nach Santa Maria.
Öffnungszeiten der Verkaufsstelle sind Montag bis Freitag 8 bis 18
Uhr.
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