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Die Kölsch-Gruppe „Höhner” sollte am Mittwochabend im Mega-Park an der Playa de Palma auftreten. Doch die sechs Musiker blieben daheim, wollten nicht nach Mallorca fliegen. Henning Krautmacher, Sänger und Frontmann der Gruppe gegenüber MM: „Wir werden innerhalb der Band nicht über die Ängste und Gefühle einzelner Bandmitglieder hinweggehen. Grund für die Absage unseres Auftritts ist nicht nur die eigene Flugangst. Was würde passieren, wenn ein amerikanischer Rückschlag stattfände? Dann würden wir vielleicht nicht mehr von der Insel wegkommen, und die Ängste der Familienmitglieder kämen hinzu. Wir hoffen, dass alle, die sich auf uns gefreut haben, Verständnis für unsere Entscheidung aufbringen.”

Noch halten sich die Zahlen der Stornos für Flüge nach Mallorca allerdings in Grenzen. „Bis jetzt haben wir keine Absagen”, betont Aero-Lloyd-Sprecher Asger Schubert. Auch bei Air Berlin herrscht laut Sprecher Peter Hauptvogel Ruhe. Bei der Thomas Cook AG (Condor/Neckermann) haben hingegen „einige Gäste” aus Sorge um ihre Sicherheit Flüge storniert. „Vor allem, wenn es in islamische Länder wie Ägypten gehen soll, machen sich unsere Passagiere Sorgen”, so Hapag-Lloyd-Sprecher Wolfgang Hubert.

Auf Mallorca hingegen wurden nach einem Bericht der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora bereits „massiv” Flüge storniert. Betroffen sind sowohl Flüge von den Balearen nach Madrid oder Barcelona als auch Pauschalreisen der großen hiesigen Veranstalter Iberojet, Travelplan und Tiempo-Libre/Mundicolor. Nach Angaben der Vereinigung der spanischen Fluggesellschaften AECA liegt die Quote der Passagiere, die auf Linienflügen ihre Reservierung storniert haben, zwischen 15 und 20 Prozent.

Wegen der möglichen langfristigen Auswirkungen auf den Tourismus, auch auf Mallorca, will keiner eine Prognose wagen. „Im Moment haben die Menschen anderes im Kopf, als ins Reisebüro zu gehen und den nächsten Urlaub zu buchen.” So beschreibt Markus Rüdiger, ein Sprecher des Reisekonzerns Thomas Cook (Neckermann, Condor) die kurzfristigen Auswirkungen der Attentate in den USA auf die Reisebranche. Einige Kunden seines Unternehmens haben bereits gebuchte Flüge aus Angst vor weiteren Attentaten abgesagt. „Aber das ist nur vereinzelt aufgetreten.”

In den Firmenzentralen der deutschen Touristikkonzerne herrscht dennoch Sorge, dass das gleiche Szenario wie nach dem Golfkrieg 1991 entstehen könnte. Damals ging die Reisetätigkeit deutlich zurück, auch wegen der sich anschließenden Rezession. Auf den Balearen hielten sich die Auswirkungen noch im Rahmen, die Zahl der Urlauber stieg mit 6'4 in 1992 gegenüber 6'2 Millionen im Jahr davor sogar leicht. Die Auslastung in den Hotels ging in derselben Zeit deutlich zurück.

Auf allen Flughäfen, auch in Palma, wurden die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verstärkt. Einige Gäste gehen jetzt davon aus, sicherer zu fliegen als vor den Anschlägen, so wie Folkert und Christiane Jung in der MM-Umfrage (S. 6) erklärten. Konsequenzen haben die strengeren Vorkehrungen in jedem Fall: Veranstalter und Airlines fordern Passagiere auf, Zeit für die Security-Checks einzukalkulieren und zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein.