Die beispiellosen Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten
haben auch die Menschen auf Mallorca mit Abscheu, Empörung, Angst
und Unbehagen erfüllt. Sprachlos vor Entsetzen verfolgten die
Mallorquiner jene TV-Bilder, die am Dienstag die brennenden
Zwillingstürme des Welthandelszentrum in New York und kurz darauf
ihren Einsturz zeigten. Ungläubig starrten die Gäste in den Bars in
Palma auf die Bildschirmgeräte, die dort wie üblich stets
angeschaltet sind. „Es ist entsetzlich”, sagte ein Kellner, der
kaum noch etwas zu tun hatte. „Es kommt einem vor wie ein
Hollywood-Film, und es ist doch Realität”.
Rasch reagierte der mallorquinische Inselrat und sagte sämtliche
Feierlichkeiten anlässlich des Gedenktages der „Diada de Mallorca”
am Mittwoch, 12. September, ab. „In solch einem Moment ist es nicht
angebracht, Feste zu feiern”, sagte die Inselrats-Präsidentin Maria
Antònia Munar. Sie drückte den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl
aus. „Die Absurdität und Brutalität der Attentate machen ein
weiteres Mal deutlich, wie notwendig die Einheit der Menschen gegen
den Terrorismus ist, egal wo sie auf der Welt leben.”
Einzig die zur Diada vorgesehene Messe in der Kathedrale von
Palma wurde am Mittwochabend beibehalten und in einen
Gedenkgottesdienst für die Opfer in Amerika umgewidmet. An der
Veranstaltung nahmen nahezu alle Balearen-Politiker von Rang und
Namen teil. Mehrere Tausend Bürger brachten ihre Solidarität mit
den Bürgern in den USA zum Ausdruck.
In einem Telegramm an die US-Botschaft in Madrid bezeichnete der
Ministerpräsident der Balearen, Francesc Antich (PSOE), die
Anschläge vom Dienstag als „größten terroristischen Akt in der
Geschichte”.
Unmittelbar nach den Anschlägen wurden die
Sicherheitsbestimmungen verschärft. Vor dem US-Konsulat in Palma
fuhren schwerbewaffnete Polizisten auf. Passanten legten Blumen ab.
Der langjährige konsularische Agent der Vereinigten Staaten, der
Mallorquiner Bartolomé „Tumy” Bestard, schien ob der Ereignisse
regelrecht am Boden zerstört. „Das ist eine große Tragödie für die
USA und die Welt.” Der oberste amerikanische Repräsentant war an
allen kurzfristig einberufenen Gedenkveranstaltungen auf der Insel
zugegen. Am Donnerstagvormittag beteiligten sich rund 500 Menschen
an einer Schweigekundgebung vor dem Regierungssitz Consolat del Mar
in Palma, bei dem ebenfalls die wichtigsten Politiker des Archipels
anwesend waren.
Auch auf dem Flughafen Son Sant Joan in Palma wurde die Zahl der
diensthabenden Sicherheitskräfte sichtbar aufgestockt. Über die
darüber hinausgehenden Maßnahmen wollte Flughafensprecher Mateo
Cladera aus Geheimhaltungsgründen nichts sagen.
Nach Ansicht der Wirtschaftsexperten werden die Ereignisse
negative Folgen für den Tourismus auf der Insel haben. „In Zeiten
der Unruhe ziehen die Menschen es vor, lieber zu Hause zu bleiben”,
sagte der balearische Finanzminister Joan Mesquida.
Die Dimensionen des Verbrechens gegen unschuldige Zivilisten an
Bord der zu Bomben umfunktionierten Passagierflugzeuge und der
Zivilbevölkerung in New York erwiesen sich offenkundig als so
schwer zu fassen, dass es auch auf Mallorca zu äußerst umstrittenen
Entscheidungen kam. Kritik hagelte es im Nachhinein gegen die UEFA,
die noch am selben Abend des Katastrophentages das Austragen des
Spiels Real Mallorca gegen Arsenal London anordnete. Obgleich die
mallorquinischen Insel-Kicker einen historischen Sieg erlangten,
war die Beteiligung an den Bildschirmen in den Lokalen und Bars in
Palma gedämpft. Vergeblich hatte Vereinspräsident Mateu Alemany
eine Aussetzung gefordert, wie erst später bekannt wurde.
Es dauerte seine Zeit, bis die Tragweite der erschütternden
Ereignisse den Menschen voll zu Bewusstsein kam. Während die
Rettungskräfte in Manhattan aus den glühenden Trümmern die ersten
Leichen bargen, fand zeitgleich in Palmas vollbesetzter
Stierkampfarena das Konzert des Latino-Rockers Manu Chao statt.
Das Alltagsleben ging auf Mallorca weiter, auch wenn es am
Telefon, im Restaurant, an der Theke in der Bar oder im privaten
Bekanntenkreis kein anderes Gesprächsthema mehr gab als das Grauen
in den USA.
Im Gegensatz zur UEFA reagierte der Berliner
Versicherungsunternehmer Axel Lange, der die Wochenenden stets in
seinem Haus bei S'Horta verbringt, spontan. Seit Monaten
organisiert er ein Prominenten-Fußballspiel, das am Sonntag in
Berlin stattfindet. Eigentlich sollten die Einnahmen der
Uwe-Seeler-Stiftung zufließen. „Das Geld wird nun aber den
Hinterbliebenen der Terroranschläge zugute kommen”, so Lange
gegenüber MM.
Bei dem Spiel stehen unter anderem die Ex-Kicker Dieter Hoeneß,
Tony Woodcock und Uwe Bein, Box-Weltmeister Dariusz Michalzewski,
Moderator Gerhard Delling und der saarländische Ministerpräsident
Peter Müller auf dem Platz. Eigentlich wollte auch der Kanzler
mitkicken, er sagte jedoch ab. „Wir werden dem Kanzler einen Scheck
überreichen. Er sorgt dafür, dass das Geld in den USA an der
richtigen Stelle ankommt. Das habe ich mit Gerhard Schröder
besprochen”, sagte Lange.
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