Ungeachtet zahlreicher Appelle der Tourismusbranche und der
Politik treten die Fahrer der Touristenbusse auf den Balearen in
den Streik. Am Donnerstagabend, 18.37 Uhr, erklärten die
Arbeitnehmervertreter die seit Monaten anhaltenden
Tarifverhandlungen für endgültig gescheitert. Wie bereits seit zwei
Wochen angekündigt, sollten die rund 8000 Fahrer der etwa 2000
Touristenbusse die Arbeit an diesem Freitag, 0.00 Uhr, niederlegen.
Das berichtete der Generalsekretär der Sektion für Transporte der
Gewerkschaft CC.OO, Juan Ortíz, am Donnerstagabend unmittelbar vor
Redaktionsschluss dieser Ausgabe dem Mallorca Magazin.
Der Streik war von der Gewerkschaft bereits Anfang Juni für die
Tage, Freitag, 29. Juni, bis einschließlich Sonntag, 1. Juli, bei
der Delegation der Zentralregierung auf den Balearen angemeldet
worden. Die Beschäftigten werden benötigt, um die zahlreichen
Urlauber vom Flughafen in die Hotels beziehungsweise die
Abreisenden zurück zum Airport zu befördern.
Bis zuletzt hatten die Tarifpartner nach einer Einigung gesucht.
Als einziges Zugeständnis der Streikbefürworter kann angesehen
werden, dass die Busfahrer den vorgeschriebenen Mindestservice von
80 Prozent aufrecht erhalten wollen, allerdings streng nach
Vorschrift auf Basis eines Acht-Stunden-Tages. Damit können
allerdings lediglich 50 Prozent der geplanten Fahrten durchgeführt
werden. Die Streikerfahrungen aus den Jahren 1999 und 1992 hatten
gezeigt, dass der Flughafen Son Sant Joan innerhalb weniger Stunden
im absoluten Chaos versinkt – eine Horror-Vorstellung für
Urlaubsgäste und Reiseveranstalter.
Die Streikandrohungen der Busfahrer am Flughafen von Palma haben
bei Urlaubern, Tourismusunternehmern und Politikern die ganze Woche
über für massive Unsicherheit gesorgt. In einem nervenaufreibenden
Wettlauf gegen die Zeit suchten die Arbeitgeber und die
Gewerkschaft CC.OO nach Lösungen im seit Wochen anhaltenden Streit
um höhere Löhne und Überstundenregelungen. Die Gewerkschaft
vertritt die Interessen von 82 Prozent der Touristen-Busfahrer auf
den Balearen. Der Rest ist in der UGT organisiert.
Für das Streikwochenende werden nach Angaben der spanischen
Flughafenbehörde Aena allein in Palma 316.000 Passagiere erwartet.
Die Zahl der geplanten Flüge beläuft sich an dem aufkommensstarken
Wochenende (Schulferien in vielen Teilen Deutschlands) auf
2270.
Da auch die anderen Flughäfen auf den Inseln Ibiza und Menorca
betroffen sind, gibt es für die Luftfahrtgesellschaften und
Reiseveranstalter „kaum Ausweichmöglichkeiten”, sagte der
Spanien-Geschäftsführer der deutschen Fluggesellschaft Air Berlin,
Alvaro Middelmann.
Zu befürchten ist zudem, dass trotz der Mindestdienstes Tausende
Urlauber in ihren Hotelzimmern festsitzen oder lange Verzögerungen
über sich ergehen lassen müssen. Es ist damit zu rechnen, dass auch
Neuankömmlinge sich am Airport wie in einer Mausefalle befinden
werden, da die Zahl der Taxis und Mietwagen bei weitem nicht
ausreichen dürfte.
Im schlimmsten Fall droht sogar eine komplette Schließung des
Flughafens. Denn obgleich Son Sant Joan der größte Ferienflughafen
in Europa ist, können auf dem Airport nur maximal 80 Flugzeuge
parken. Bei mehr Flugzeugen am Boden ist ein Dienstbetrieb nicht
mehr möglich. Durch die absehbaren Verzögerungen geraten darüber
hinaus die Flugpläne in ganz Europa völlig durcheinander.
Während der Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern hatten die
Zeichen mal auf Einigung, dann wieder auf Streik gestanden. Die
Hoteliers auf den Balearen und Mallorca bezeichneten den Streik als
eine der schlimmsten Katastrophen für den Tourismus auf Mallorca.
Schreckensmeldungen über Urlauberfamilien, die mit ihren Kindern
stundenlang am Flughafen festsitzen, würden das ohne schon stark
angekratzte Image Mallorcas weiter beschädigen.
Noch am Mittwochabend appellierte der Fremdenverkehrsverein
Mallorcas, in dem neben den Hoteliers auch die Reiseveranstalter
und Fluggesellschaften zusammengeschlossen sind, inständig an die
Tarifpartner, alles zu tun, um einen Streik zu vermeiden. Jeder Tag
des Ausstandes werde dem Tourismus-Sektor Einnahme-Ausfälle in Höhe
von fünf Milliarden Pesetas (knapp 59 Millionen Mark) bereiten,
warnte der „Fomento del Turismo”-Präsident Vicens.
Angesichts der Entwicklung hatten sich die Reiseveranstalter
längst auf eine schlaflose Nacht am Airport eingestellt. Touristen,
deren Flüge regulär am Freitagmorgen Richtung Heimat starteten,
wurden am Donnerstagabend mit Bussen an den Airport gekarrt, wo zur
Überbrückung der Zeit bis zum Abflug im alten Terminal A unter
anderem ein Matratzenlager und Verpflegung bereitgestellt
wurde.
Reiseunternehmen wie Hapag Lloyd, Condor und TUI zogen jeweils
bis zu fünf Flüge auf den späten Donnerstagabend vor, damit auf
diese Weise zumindest rund 3000 Urlauber „der ersten Welle” nach
Hause geflogen werden können, bevor das Chaos den Flughafen
übernimmt. „Wir verschaffen uns damit in den ersten Streikstunden
ein wenig Luft”, sagte Neckermann-Chef-Reiseleiter auf den
Balearen, Harald Oberkirch. 1999 war der Streik bereits nach
wenigen Stunden beendet.
Eines ist aber nach den Worten des Hapag-Lloyd-Pressesprecher,
Wolfgang Huber, sicher: „Touristen, denen ein Streik die
Urlaubsstimmung vermiest, werden Mallorca hinterher nicht mehr so
lieb haben wie vorher.”
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