Touristen sind Voyeure. Sie wollen wissen, erkennen, erkunden.
Um sie bei der Stange zu halten, müssen sich Touristiker immer was
Neues einfallen lassen. Zu schnell schwindet das Interesse. In
Berlin hatte eine junge Frau eine touristische Idee: die
Pantoffel-Tour. Womit nicht etwa ein ausgefeiltes Ausflugsprogramm
für unterdrückte Ehemänner gemeint ist.
Zu besichtigen ist der ganz normale Alltag von ganz normalen
Menschen. Die allerdings über eine gehörige Portion Exhibitionismus
verfügen müssen. Denn organisierte Touren führen in
Privatwohnungen, wo vor allem die Schlafzimmer das Objekt der
Neugier sein sollen. Wobei die Bewohner nicht unbedingt selbst im
Bett liegen müssen.
Das Schlafzimmer, zur Schau gestelltes intimes Refugium.
Interessant, diese Offerte. Und eine echte Sightseeing-Nische für
Mallorca. Ich habe mich schon immer gefragt, ob der Herr Maier
karierte Bettwäsche und den Playboy auf dem Nachtisch hat. Oder ob
Frau Müller mit einem Spitzennachthemd oder einem zerknitterten
T-Shirt ins Bett steigt. Vielleicht hat sie ja auch einen
Teddybären auf dem Kissen. Man könnte erfahren, ob das Ehepaar Gual
gewisse Heftchen gemeinsam studiert oder ob bei ihm nur der
Wirtschaftsteil von El País liegt.
Aufschlussreich ist auch die Größe der Betten, sofern es sich um
Singles handelt. Wer nachts sein Haupt auf einer kargen Pritsche
bettet, ist sicherlich anders gepolt als jemand, der auch allein
viel Platz im Bett hat, der in üppigen Pfühlen schläft, weich
gebettet auf feinen Daunen. Rückschlüsse auf die Beziehung von
Paaren ließen auch Anordnung und Art der Betten zu. Ist eine
breite, großzügige Spielwiese vorhanden oder haben die
Schlafstätten eine eher viktorianische Position: je ein Einzelbett,
getrennt durch funktionelle Nachttische? Ist die Bettwäsche
plüschig oder verspielt oder gestylt oder in kochfestem Weiß
gehalten? Gibt es gar Spiegel oder sonstige lustversprechende
Hilfsmittel? Fragen über Fragen tauchen bei näherer Betrachtung des
Projektes auf, die eigentlich nur durch die aktive Teilnahme an
einer Pantoffel–Tour geklärt werden könnten.
Pantoffel–Touren könnten hierzulande in Palma und auf den
Dörfern stattfinden, um urbane und ländliche Gewohnheiten zu
unterscheiden. Schade, noch ist keiner auf die Idee gekommen.
Vielleicht sind ja Touristiker auch nur „Revolutionäre in
Schlafrock und Pantoffeln”.
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