Mallorcas Regierungskoalition macht ernst im Kampf gegen den
Bauboom an der Küste: Der Inselrat hat vergangenen Freitag ein
Moratorium für das Bauen auf ausgewiesenem Bauland (Suelo urbano)
beschlossen. Es gilt in allen Touristenzonen und auch in einigen
anderen Gebieten, vor allem im Tramuntana-Gebirge.
Das Moratorium bedeutet nicht, dass Bauland in ländlichen Boden
(suelo rústico) umgewidmet und damit auf alle Zeiten dem Zugriff
der Bagger entgeht. Aber es werden aber keine Lizenzen für neue
Gebäude erteilt, bis ein Rahmenplan für Mallorca verabschiedet ist.
Das dürfte zweieinhalb Jahre dauern. Bis Mitte August haben
Kritiker Zeit für Eingaben, Ende Oktober soll der endgültige
Gesetzestext verabschiedet werden.
Die konservative Opposition der Partido Popular krtitisierte das
Vorgehen und bemängelte, der Inselrat habe damit in Kompetenzen der
Gemeinden eingegriffen. Die Bauwirtschaft warf dem Inselrat einen
,,Überraschungsangriff” vor und warnte vor einer Krise in ihrem
Sektor. Hoteliers und Reiseveranstalter sprachen sich hingegen für
ein Eindämmen der Bautätigkeit aus. Die Umweltgruppe GOB wertet das
Moratorium als positiv, es sei aber zu lax.
Auf wievielen Grundstücken auf Suelo urbano nun vorerst keine
Baugenehmigungen mehr erteilt werden dürfen, weiß man aber weder im
Inselrat noch in den Gemeinden genau. Es dürften aber Tausende
Parzellen sein. Allein in der Gemeinde Calvià im Südwesten wird die
Zahl der noch freien Bauland-Parzellen mit 3000 angegeben.
Der Inselrat will das Moratorium auf Bauland im Inselinneren
ausdehnen, um die Bautätigkeit auch in Palma und der rasant
wachsenden Nachbargemeinde Marratxí zu bremsen, in denen das Gesetz
zur Ordnung des touristischen Angebots (spanisch abgekürzt POOT)
nicht gilt.
Am Freitag vergangener Woche hatte Mallorcas Inselrat
überraschend dem Druck der Balearenregierung nachgegeben und das
Moratorium beschlossen. Dass die Regierung den Bauboom auch auf
ausgewiesenem Bauland stoppen wollte, war schon seit April bekannt,
als entsprechende Pläne für Not-Maßnahmen gegen den Bauboom aus dem
balearischen Bauministerium durchsickerten.
Zunächst war die Präsidentin des Inselrates, Maria Antònia
Munar, gar nicht für das Moratorium gewesen. Die Chefin der
bürgerlichen Nationalisten von Unió Mallorquina (UM) setzte darauf,
lieber schnell den Rahmenplan für Mallorca als endgültige
planungsrechtliche Vorgabe für die Insel zu verabschieden. Aber als
die Koalitionsregierung aus Sozialisten, Vereinigter Linker, Grünen
und den Linksnationalisten der PSM, die im Parlament von den
Stimmen der UM abhängig ist, drohte, das Moratorium über den Kopf
des von der UM dominierten Inselrates zu verabschieden, schwenkte
Munar um.
Kurzfristig zog der Inselratsminister für Bau, der ehemalige
Bauträger-Anwalt Rafael de Lacy, den Vorschlag für das Moratorium
aus der Tasche. Der Überraschungseffekt war gewünscht, um eine
spekulative Welle von Bauanträgen zu verhindern.
Inselratspräsidentin Munar nannte das Moratorium ,,gemäßigt,
fortschrittlich und liberal”. Die Angst vor möglichen
Entschädigungsforderungen von Bauherren, die ihre geschäftlichen
Pläne durchkreuzt sehen, bezeichnete die UM-Politikerin als
,,Gespensterdebatte”. In jüngerer Zeit hätten die Gerichte meherere
Entschädigungsforderungen von Promotoren abgeschmettert. Zuletzt
hatte der oberste balearische Gerichtshof im November 1999 die
Klage arabischer Investoren abgewiesen, die in Cabocorb an der
Südküste fast 1000 Chalets bauen wollten, ehe das Gelände 1990
unter Schutz gestellt wurde.
Falls die öffentliche Hand wirklich zahlen müsse, sei das Geld
gut angelegt, sagte Munar, um das Territorium zu schützen.
Heftige Kritik mussten sich die Parteien des Fortschrittspaktes
anhören, weil eines der größten Entwicklungsprojekte Mallorcas, die
sogenannte Marina de Magaluf in der Gemeinde Calvià, wo 1200 Plätze
in Luxushotels sowie Freizeiteinrichtungen entstehen sollen, nicht
vom Moratorium betroffen sein soll. Die Sozialisten wollten ihrer
Parteifreundin Margalida Nájera, Bürgermeisterin von Calvià,
schonen, so die Konservativen. ,,UM und Sozialisten sind die wahren
Spekulanten”, wetterte Mallorcas PP-Chef Jaume Font. Außerdem sei
Inselrats-Bauminister de Lacy als ehemaliger Rechtsberater der
Marina-Investoren parteiisch.
Die Sozialisten in Calvià wiesen diem Kritik zurück. Die Marina
sei kein neues Baugebiet, sondern bereits seit Jahrzehnten
erschlossen. Das Projekt sei positiv, weil nach dem neuen
Flächennutzungsplan (POUG) von Calvià für jedes neue Hotel, das auf
dem Ödland hinter Magalufs Hochhausgürtel entsteht, eine Herberge
mit der gleichen Anzahl Plätze in der ersten Linie abgerissen
werden müsse.
Die Bauträgergesellschaften reagierten zwar kritisch, aber doch
gelassen auf den neuen Vorstoß der Politik. Juan Nigorra,
Miteigentümer der Firma IMISA, die ganz Santa Ponça Nova gebaut hat
und nun Habitat Golf Santa Ponça heißt, geht davon aus, dass sein
Unternehmen nicht betroffen ist. ,,Wir haben noch gültige
Baugenehmigungen und verkaufen weiter”, sagt Nigorra.
Denselben Eindruck haben auch Immobilienmakler. Manfred Segner
von Happy Day Immobilien in Cala Rajada ist im Nordosten kein
größeres Projekt bekannt, das nun nicht realisiert werden kann.
Auch beim Maklerverband API erwartet man zunächst keine größeren
Auswirkungen. Eines sei jedoch offenkundig: Die Preise für
Immobilien werden weiter steigen.
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