Die Sänger und ihre Texterin: Peter Maffay, Beatrice Reszat und Udo Lindenberg.

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Beatrice Reszat lebt ihre Träume. Als Autorin schrieb sie für Thomas Gottschalk; Udo Lindenberg und Peter Maffay schätzen sie als Songtexterin, Bill Gates empfing sie zum Interview. Im Januar trat sie in der Kulturfinca Son Bauló auf. Sie las aus ihrem "Mutmachbuch für Träumer", sang eigene Songs und erzählte aus ihrem spannendem Leben. Das MM-Interview mit Beatrice Reszat:

Mallorca Magazin: Frau Reszat, warum Lesung und Konzert in einem?

Beatrice Reszat: Einfach nur aus dem Buch vorzulesen, fand ich ein bisschen fad. Neben der Tatsache, dass ich für andere texte, schreibe ich auch Songs für mich. Und als ich mit meinem neuen Buch auf Lesereise gegangen bin, habe ich beschlossen, das einzubauen. Ansonsten erzähle ich relativ viele Geschichten aus meinem Leben, auch aus der Zusammenarbeit mit meinen "Stars", und lese ab und zu etwas. Eigentlich ist das Vorlesen der geringste Teil.

MM: Wie heißt Ihr neues Buch?

Reszat: Das Buch, zu dem Udo Lindenberg ein Vorwort geschrieben hat, heißt "Mutmachbuch für Träumer … Denn hinterm Horizont geht's weiter!" Darin geht es um den Mut, den man für seine Träume braucht, und darum, wie man sie findet.

MM: "Hinterm Horizont geht's weiter" stammt aus Ihrer Feder. Wie wurden Sie Texterin von Udo Lindenberg?

Reszat: Wir wurden in Hamburg einander vorgestellt. Ich war damals noch in der Schule und jobbte als Model. Dann fing er an, mir Sachen vorzuspielen, die er geschrieben hatte, und mich zu fragen, wie ich sie finde. Ich dachte, ich sei der wichtigste und tollste Mensch auf der Welt, bis ich checkte, dass er das mit allen macht. Aber er fand wohl ganz gut, was ich dazu sagte. Das fing eigentlich ganz spielerisch an. Das erste Werk, das wir dann ernsthaft zusammen geschrieben haben, wurde gleich ein Knaller. Das konnte keiner ahnen.

MM: Wie ist das, auf Anhieb so einen Erfolg zu landen?

Reszat: Ich konnte gar nicht fassen, was mir da widerfahren war, weil es ja relativ leicht ist, so etwas zu machen. Also, mit Udo ist es eigentlich nie leicht, weil er sehr kritisch ist. Aber im Vergleich dazu, wie sehr man sonst für so viel Geld arbeiten müsste, war das echt ein Glücksfrosch. Und ein Fundament für die nächsten Jahre. Wir haben ja immer wieder zusammen geschrieben, auch jetzt für das neue Album.

MM: Ist es schwierig, Bodenhaftung zu behalten, wenn man gleich zu Anfang so einen Erfolg hat?

Reszat: Das ist gar nicht so einfach. Im Vergleich zu irgendwelchen Popstars war das ja kein Riesenerfolg auf der ganzen Linie. Aber selbst mich umschmeichelten die Leute oder lobten mich und redeten mir nach dem Mund. Das merkte ich erst nach einer Weile, und ich bin froh, dass ich nicht auch noch als Sängerin so einen großen Erfolg gehabt habe. Ich glaube, das hätte ich erstmal schwer verkraftet. Heute ist das anders. Heute geht es mir darum, dass ich Spaß habe und dass ich toll finde, was ich mache. Wie die anderen das finden, kommt erst weit dahinter. Das ist ein besseres und stabileres Fundament.

MM: Sie haben auch für andere Musiker getextet, zum Beispiel für Peter Maffay. Wie wurde er auf Sie aufmerksam?

Reszat: Seine damalige Managerin hatte zwei Bücher von mir gekauft. Sie war so begeistert, dass sie zu ihm gesagt hat: "Mit der musst du mal schreiben." Dann fragte er tatsächlich an, ob wir uns mal treffen können. Wir haben uns gleich sehr gut verstanden, und schon beim nächsten Album fragte er mich an. Da räumte ich dann richtig ab, weil ich bei dem Album fast alle Texte schrieb. Das hat bei den Kollegen, die dabei waren, nicht nur für gute Laune gesorgt.

MM: Kann man von Büchern darauf schließen, ob jemand gute Liedertexte schreibt?

Reszat: Man kann sehen, ob der Autor eines Buches eine gute Schreibe hat, ob er Dinge gut ausdrückt und auf den Punkt bringt, auf eine Weise, die nicht banal ist und einen schnell erreicht. Außerdem war das eine Buch ein Gedichtband.

MM: Unterscheiden sich Ihre Texte für andere von denen, die Sie für sich schreiben?

Reszat: Wenn ich einen Text für mich schreibe, ist das 100 Prozent ich. Wenn ich einen Text für Udo schreibe, ist das 80 Prozent ich, und 20 Prozent übernehme ich von seiner Art und Weise, sich auszudrücken. Es gibt bei jedem Menschen Besonderheiten, wie er Dinge beschreibt, vor allem Gefühle. Darum lege ich in der Regel Wert darauf, die Künstler immer persönlich zu treffen, bevor ich für sie schreibe. Zu einem Menschen, den man kennenlernt, entwickelt man ja ein Gefühl. Dadurch entsteht eine Verbindung, durch die ich gut Kontakt zu seinem Innern aufnehmen kann.

MM: Was haben Sie als Autorin für Thomas Gottschalk geschrieben?

Reszat: Moderationstexte, wobei man sagen muss, dass diese Texte dann nochmal mit ihm durchgesprochen wurden. Er brachte da immer noch einiges Eigenes hinein. Man schreibt auch Interviewfragen und Gespräche mit Stargästen werden durchkonzipiert. Das ist ein richtiges Buch zu der ganzen Sendung.

MM: Also wieder eine ganz andere Art des Schreibens.

Reszat: Ich habe sehr viele unterschiedliche Sachen gemacht, auch Drehbücher geschrieben. Viele Dinge bedienen zu müssen und nicht einfach nur zu schreiben, was einem gerade in den Sinn kommt, schärft die Beobachtungsgabe, erweitert den Wortschatz und das Handwerk des Schreibens. Wenn man dann noch mit Leuten die Thomas Gottschalk arbeiten kann, der einen unglaublichen Wortwitz, einen tollen Umgang mit der Sprache und eine unglaubliche Schnelligkeit hat, dann kann man viel lernen. Deshalb bin ich für diese Zeit sehr dankbar.

MM: Wie war die Zusammenarbeit mit Gottschalk?

Reszat: Wir haben viel gelacht, und es hat viel Spaß gemacht. Thomas Gottschalk ist genauso, wie man ihm im Fernsehen erlebt, ein total relaxter, sympathischer Strahlemann.

MM: Würden Sie sich als Tausendsassa bezeichnen?

Reszat: Ich würde mich als Multi-Träumer bezeichnen. Darüber habe ich in meinem neuen Buch auch geschrieben. Viele Menschen entwickeln ein schlechtes Gewissen, wenn sie mehrere Träume oder Talente haben, die sie gerne leben möchten. Es hat mich immer schon geärgert, wenn mir gesagt wurde, dass man halt nicht alles haben kann. Irgendwann habe ich dann das Motto entwickelt: Man kann alles haben, nur nicht alles auf einmal. Ich sage immer, ich wähle Prioritäten. Das ist das ganze Geheimnis.

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MM: Gibt es da auch mal Ermüdungserscheinungen?

Reszat: Durchaus, ich hatte schon die ein oder andere heftigste Schreibblockade. In diesem Job muss man sehr viel unter Termindruck und Leitungsdruck arbeiten. Das ist dann, als ob sich der Kanal verengt, weil man ihn zudrückt.

MM: Wie öffnen Sie den Kanal wieder?

Reszat: Ich versuche, wieder emotional werden zu können. Ich schaue mir Filme an, bei denen Emotionen hochkommen, die stärker sind als das Beklemmende, was gerade da ist.

MM: Sie sind eine der wenigen, die bis zu Bill Gates vorgedrungen ist, um ein Interview mit ihm zu machen. Wie war das?

Reszat: Das war so aufregend für mich, dass ich die Nacht davor nicht eine einzige Minute geschlafen habe. Er ist ja hochbegabt, das heißt extrem anspruchsvoll, extrem schnell gelangweilt. Ein Journalist von der "New York Times" hat beschrieben, wie Gates geistig mitten im Gespräch ausstieg. Er guckte durch ihn hindurch, wackelte immer vor und zurück und antwortete nicht mehr richtig. Ich hatte Panik, dass mir das auch passiert. Ich hatte damals ja ein Exklusivinterview mit ihm, und alle deutschen Fernseh- und Radiosender haben das von mir gekauft.

MM: Wie haben Sie es geschafft, dass Gates sich nicht langweilte?

Reszat: Ich hatte gelesen, dass er seit einiger Zeit mit großer Leidenschaft Kunst sammelte. Das hatte mich angesprochen. Ich schaute mir die Bilder an, die er gekauft hatte - irrsinnig teures Zeug. Und darüber sprachen wir am Anfang, danach war er ganz aufgeräumt. Er hat sich sogar bedankt und gesagt, dass es ihm viel Spaß gemacht hat. Der reichste Mann der Welt, das hat etwas Absurdes, das kann man sich gar nicht vorstellen und richtig greifen. Wenn der dann in seinen Cordhosen und seinem blauen Hemd vor dir sitzt, ist er genauso normal wie du und ich, nur dass er halt extrem intelligent ist.

MM: Was nehmen Sie aus solchen Begegnungen mit?

Reszat: Was einen am meisten interessiert und reizt, ist immer das, was man nicht hat. Und das nehme ich mit, weil es mein eigenes Leben bereichert. Bei Bill Gates, was er mir über seine Arbeit sagt oder was ihn an der Kunst reizt. Bei Thomas Gottschalk die Art und Weise, auf das Leben zu gucken und in dieser unglaublichen Lockerheit mit den Dingen umzugehen. Oder bei Udo dieses Tiefgründige.

MM: Beeinflusst das Ihre Kreativität?

Reszat: Auf jeden Fall, ich bin ja wie ein Schwamm. Darüber habe ich neulich mit Udo gesprochen: Freizeit, wie sie normale Menschen haben, gibt es bei mir nicht, weil ich immer irgendwas entdecke, was ich irgendwo irgendwann einbauen möchte. Und dann sagte er: "Glaubst du, mir geht das anders?" Deshalb meditiere ich. Das ist für mich lebensnotwendig, um den Akku runterzufahren und wirklich in die Ruhe zu kommen. Ich liebe ja, was ich tue. Das ist spannend, bunt, aufregend und vielseitig. Aber man kommt auch mal in die Schnappatmung.

MM: Viele Menschen werden Sie darum beneiden.

Reszat: Das passiert ganz oft, aber ich nehme ihnen oft die Illusion. Als Beispiel: Ich hatte in meiner alten Wohnung eine Nachbarin, die immer für mich kochte. Nach einer Weile war sie erschüttert, weil sie mich in meinem Arbeitsalltag erlebt hatte. Manchmal saß ich noch um zwölf im Pyjama am Laptop, weil ich einen Abgabetermin hatte, oder ich rannte mit zerzausten Haaren durch die Wohnung, weil mir nichts einfiel. Irgendwann sagte sie: "Ich habe mir immer vorgestellt, man sitzt mit einem Glas Rotwein und guckt auf den See, dann fällt einem was Schönes ein, und man schreibt das auf. Und jetzt sehe ich dich hier in diesem Irrsinn." Aber diese Seite gehört auch dazu. Und die Unsicherheit. Ich bin ja immer darauf angewiesen, dass die Dinge auch Geld einspielen. Es gibt Leute, die sagen: "Das könnte ich nicht, so wie du würde ich nicht leben wollen."

MM: Sind Sie mal an Ihre Grenzen gekommen?

Reszat: Es gab Zeiten, wo ich eine Woche lang Pellkartoffeln mit Quark gegessen habe. Dazu muss ich sagen, dass ich aus eigener Dummheit einem Immobilienbetrüger aufgesessen und dadurch in eine extreme Schieflage geraten war, aus der ich mich über viele Jahre am Schlafittchen selber rausziehen musste. Da war natürlich auch die Überlegung: Machst du jetzt einen Nine-to-five-Job? Aber ich wusste, das ist nicht meine Berufung, das kann ich nicht, sonst werde ich eingehen wie eine Primel.

MM: Sprich: Mut zu seinen Träumen?

Reszat: Wenn jemand in sich eine Sehnsucht spürt, etwas zu tun, dann ist die da nicht umsonst. Deshalb plädiere ich dafür, einen Weg zu suchen, das zu leben, was einen da ruft. Ich habe ganz am Anfang selber Jobs gemacht, in denen ich viel Geld verdient, aber mich sehr unwohl gefühlt habe. Das ist sehr schlecht für die Seele, man wird unglücklich. Ich beobachte, dass 80 Prozent der Menschen unglücklich sind in ihrem Job, was auch durch viele Umfragen erwiesen ist. Und das kann ja wohl nicht die Lösung sein.

MM: Gibt es den für jeden eine Lösung?

Reszat: Ich habe eine Karriere als Fernseh- und Radiomoderatorin von einem Tag auf den anderen hingeschmissen, weil ich gemerkt hatte, das ist jetzt nicht mein Weg. Das war radikal, und das kann ich natürlich nicht jedem empfehlen. Jeder muss das nach seinem Tempo und seinem Charakter machen. Aber eines weiß ich ganz sicher: Es gibt für alles Beispiele, dass es möglich ist. Und eine meiner wichtigsten Empfehlungen ist, sich nicht von Menschen, die ihre Träume nicht leben, erzählen zu lassen, warum das alles so schwierig ist und wahrscheinlich nichts wird.

MM: Hinterm Horizont geht's weiter: Ist das ein Lebensmotto von Ihnen?

Reszat: Auf jeden Fall. Ich habe schon oft das Pflaster rasiert und bin auf dem harten Beton der Straße gelandet, wie Udo das so gerne sagt. Aber ich war auf der anderen Seite hartnäckig. Und ich glaube, Hartnäckigkeit ist die zweitwichtigste Eigenschaft neben Mut. Beides habe ich immer wieder gehabt und benutzt, weil der abschreckendste Gedanke für mich immer war, am Ende meines Lebens zu sagen: Hätte ich doch nur!

Die Fragen stellte Martin Breuninger.

ZUR PERSON: Beatrice Reszat
Die Schriftstellerin, Songtexterin und Fernseh- und Radiomoderatorin Beatrice Reszat hat schon auf vielen Bühnen geglänzt. Sie moderierte diverse Radio- und Fernsehsendungen, war Autorin für verschiedene TV-Formate, textete für "Gottschalk & Friends", "Wetten, dass.. ?" und "Goldene Kamera"; schrieb Drehbücher, führte Regie, coachte Moderatoren. Ihrer inneren Stimme folgend, widmete sie sich dann ihren Herzensthemen, indem sie verschiedene Bücher und Hörbücher schrieb, zuletzt das "Mutmachbuch für Träumer ... Denn hinterm Horizont geht's weiter". Nicht zufällig verweist der Buchtitel auf den Lindenberg-Klassiker "Hinterm Horizont geht's weiter". Denn der Songtext stammt aus Reszats Feder, wie auch zahlreiche andere Texte für Musicals und für Songs, unter anderem von Udo Lindenberg, Peter Maffay und Yvonne Catterfeld. Darüber hinaus veröffentlichte Reszat ihre eigene CD "Dreimal Liebe".

(aus MM 2/2018)