Mallorca Magazin: Herr Ohrt, Sie haben eine ganz besondere Beziehung zu Mallorca. Erklären Sie uns bitte warum.
Christoph M. Ohrt: Ich habe heute vor unserem Gespräch darüber nachgedacht. Ich war vor ziemlich genau 40 Jahren das erste Mal hier und zwar mit einem Freund in Cala Millor. Dessen Familie hatte dort eine Wohnung. Ende der 80er habe ich auf Mallorca "Die Richterin" mit Inge Meysel gedreht und 1997 kam dann "Ballermann 6".
MM: Der Kultfilm aller Partytouristen: Ist einem das peinlich, dass man in einem Film dabei war, der das Image Mallorcas in Deutschland über Jahre geprägt und ihm auch geschadet hat?
Ohrt: Nein, Tom (Hauptdarsteller Tom Gerhardt, d.Red.) und Produzent Bernd Eichinger haben das Buch damals geschrieben und das sind ja sehr intelligente Menschen. Wenn die sich auf so ein Level einschießen und dabei bleiben, dann kann ich mich auch darauf einlassen. Das ist eine Art von Humor, mit der ich kein Problem habe. Niemand wollte die Rolle spielen, aber nachdem ich das Buch bekommen hatte, rief ich sofort bei der Produktion an, um zu fragen, wann ich anfangen sollte. Ich hatte da so einen Bock drauf.
MM: Welche Rolle hatten Sie denn?
Ohrt: Tom und Hilmi (Sözer, der zweite Hauptdarsteller, d.Red.) kommen hier an und sind hinter meiner blonden Freundin her. In einer Szene muss ich eine Paella essen, welche die beiden auf ihre ganz spezielle Art zubereitet haben. Das ist so eine widerwärtige Szene, hat aber unheimlich Spaß gemacht zu drehen. Wir haben das ganze Ding hier in drei Wochen regelrecht weggeknallt.
MM: Aber es wurde ein sehr erfolgreicher Film…
Ohrt: Die haben in Deutschland teilweise die Kinos gar nicht mehr aufgemacht für die Vorstellungen, weil da drin Partys losgingen und die Säle beschädigt wurden.
MM: Hatten Sie damals keine Sorge, dass dieser Film Ihrer Karriere schaden könnte?
Ohrt: Das war mir vollkommen egal. Wenn das einer nicht versteht, warum ich so eine Rolle mache, dann will ich mit dem auch nicht arbeiten. Ich bin gerne breit gefächert, und wenn 500 Leute in einem Kinosaal grölen und lachen, kann man nicht alles falsch gemacht haben.
MM: Was haben Sie von den Dreharbeiten noch in Erinnerung?
Ohrt: Ich hatte da meinen Spaß, beim Dreh und auch auf Mallorca selbst. Einen Abend bin ich mit Tom ausgegangen und zwar in die Schinkenstraße. Dann kamen wir in die Kneipen oder besser gesagt Lasterhöhlen rein und bei Tom kriegten die Leute auf den zweiten oder dritten Blick mit, wer da die Lokalität betrat. Man kannte den ja nur mit Pudelmütze, die er an diesem Abend nicht aufhatte. Ich war auch nicht ganz unbekannt, hatte ja zwei Jahre vorher zwei relativ erfolgreiche Kinofilme gemacht, "Echte Kerle" und "Nur über meine Leiche". Was da abging, war unfassbar. Meine Nacht am Ballermann werde ich nie vergessen. Wir sind von einem Laden in den nächsten gezogen und wurden ständig eingeladen. Ich leide noch immer unter diesem Abend… (lacht)
MM: In "Ein Sommer auf Mallorca" spielen Sie einen langjährigen Residenten, leben also da, wo andere Urlaub machen. Haben Sie sich besonders auf die Rolle vorbereitet?
Ohrt: Da ich ohnehin oft dort lebe und arbeite, wo andere Urlaub machen, fällt es mir relativ leicht, mich in die Rolle hineinzudenken. Das ist ja eigentlich ein Traum, was wir hier machen. Wir sind hier jetzt vier Wochen und arbeiten. Ich war in diesem Jahr schon in Schweden, aber auch in Bayrisch Zell.
MM: In dem Film geht es ja auch um die Schattenseiten der Sonneninsel…
Ohrt: Das romantische Mallorca von George Sand ist das eine, aber das andere Mallorca gibt es eben auch. Und das Thema wird auch in unserem Film behandelt. Dass sich die Leute von hier nicht mehr leisten können, hier zu leben, weil zu viele von außen kommen.
MM: Wäre Mallorca auch ein potenzieller Wohnort für Sie?
Ohrt: Ich habe schon manchmal darüber nachgedacht, meine älteste Freundin hat lange in Santanyí gelebt. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, für eine längere Zeit etwas hier zu mieten. Genauso gut könnte ich mir auch vorstellen, in den österreichischen Bergen zu leben. Aber so schön ich das immer fand, wenn ich woanders gelebt habe, ob in L.A., New York oder Paris, man ist doch immer fremd. Wenn man nicht an dem jeweiligen Ort aufwächst, ist es vollkommen egal, ob man sich anpasst oder wohlfühlt, ob man sein Getto hat oder ob man sich nicht ausgrenzt. Irgendwann kommt der Gedanke hoch, wo man denkt, dass es doch nur temporär ist. Dann kommt das Thema Alter und Ärzte hinzu… (lacht).
MM: Sie haben lange in den USA gelebt, wie kam es dazu?
Ohrt: Anfang der 90er habe ich in Los Angeles gearbeitet und bin dann dort hängen geblieben, daraus sind fast zehn Jahre geworden. Ich muss aber sagen, dass ich heute nur noch ungerne dahinfliege, weil die Stadt inzwischen für mich schwer erträglich geworden ist. Das nervt einfach mit dem Verkehr dort. Früher brauchte man eine halbe Stunde bis zum Strand, heute mache ich mich gar nicht mehr auf den Weg. Ich habe aber viele tolle Freunde dort, nur ist es sehr schwierig, den Kontakt zu ihnen zu halten. Meine Kinder allerdings finden es weiterhin toll, Lilli studiert in Missouri und mein Sohn Spencer lebt in L.A.. Deswegen bin ich immer wieder dort.
MM: Sie leben jetzt mit Ihrer Schauspielkollegin Dana Golombek zusammen, beide sind Sie vielbeschäftigt. Wie organisiert man sich da?
Ohrt: Dana hat eine Wohnung in Prenzlauer Berg, ich in Schöneberg. Es ist zum Teil wahnsinnig anstrengend, ein Jahr war sie jetzt in Lüneburg bei "Rote Rosen", das war für beide ein ziemliches Hin und Her. In unserem Job ist es eben manchmal so. Das gehört dazu und da muss man sich zusammenraufen.
MM: Vergleicht man sich in einer Schauspielerbeziehung unwillkürlich mit der Partnerin und Kollegin, etwa was die Zahl der Engagements betrifft?
Ohrt: Nein, wir tun das nicht. Wir haben ja auch schon gemeinsam gespielt, im TV bei Edel & Starck und im Theater mit Heiner Lauterbach im Stück "Das Doppelzimmer" und letztes Jahr in der Komödie in Düsseldorf "Die Wunderübung". Wir arbeiten weiter daran, für uns beide Projekte zu finden, die uns erlauben, miteinander zu arbeiten, weil wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können.
MM: Sie sind auch durch erfolgreiche Serien bekannt geworden. Wird man Sie bald wieder in einem TV-Format sehen?
Ohrt: Nein, ich habe früher sehr viele Serien gemacht, seit Mitte der 80er eigentlich durchgehend von "Auf Achse" bis "Edel & Starck" und "Allein unter Bauern". Das war ein großes Glück, aber in den vergangenen zehn Jahren sind einfach andere Angebote gekommen. Entscheidend ist doch, dass man konstant arbeitet, egal ob auf der Bühne, im Film oder Fernsehen.
MM: Was würde Sie in nächster Zukunft noch reizen, etwa ein Comedyformat?
Ohrt: "Ich würde jetzt gerne", darauf lasse ich mich nicht mehr ein und das bringt auch nichts. Ich mach das ja schon 40 Jahre. Ich freue mich jetzt auf Mallorca, das wird ein Spaß hier mit Katharina zu drehen. Da haben wir einfach Glück. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen und das hat bisher ganz gut geklappt. In diesem Jahr habe ich noch einen Gastauftritt beim "Alten". Das ist übrigens kurios, ich bin älter als der Hauptdarsteller und er ist der Alte. Furchtbar (lacht). Ich kenne Hauptdarsteller Jan-Gregor Kremp schon lange, bin ein Fan von ihm und freue mich auf die gemeinsame Arbeit.
Die Fragen stellte MM-Mitarbeiter Thomas Zapp.
(aus MM 43/2017)
ZUR PERSON: Christoph M. Ohrt
Christoph Marius Ohrt wurde 1960 in Hamburg als Sohn eines Schifffahrtskaufmanns geboren. Seine Schauspielausbildung absolvierte er in Hamburg und New York. Nach Engagements in den USA, zum Beispiel für die Highlander-Serie, wurde er dem deutschen Kinopublikum durch Rollen in den Filmen "Nur über meine Leiche" und "Echte Kerle" bekannt. Im TV machte er sich durch Hauptrollen in der Actionserie Helicops sowie als Anwalt in der Kultserie Edel & Starck einen Namen, für die er 2002 den Deutschen Fernsehpreis erhielt. Ohrt lebte in New York, Paris und Los Angeles, wo er seine spätere Frau Stevee kennenlernte, mit der er zwei Kinder hat. Seit der Trennung ist Ohrt mit der Schauspielkollegin Dana Golombek liiert, beide leben in Berlin.
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