Das Singen und das Wienerlied, beides scheint Ludwig in die Wiege gelegt worden zu sein. Die Mutter, eine Mundartdichterin, und der Vater, ein Tenor, betrieben die Gastronomie des Theaters an der Wien, damals die erste Musical-Bühne Österreichs und quasi Ludwigs zweite Wohnstube. Hinzu kam eine Klavierausbildung am Konservatorium. Trotzdem schlug Ludwig erstmal eine ganz andere Laufbahn ein.
Eigentlich wollte die Wienerin ans Max Reinhard Seminar, doch der Vater legte sich quer. Nur wenige Künstler schafften es an die Spitze, die restlichen fristeten ein Dasein als Hungerleider, deshalb solle sie einen soliden Beruf ergreifen, beschied der Herr Papa.
Also schrieb sich Ludwig an einer Hotelfachschule ein, wurde Reiseleiterin, wechselte später in die PR-Branche, gründete vor 17 Jahren ihre eigene auf Tourismus spezialisierte Agentur PR Plus.
Gesungen hat sie gleichwohl die ganze Zeit über. Als Reiseleiterin bei griechischen Abenden oder, wenn sie im Winter arbeitslos war, in griechischen Lokalen in Wien. Später gehörte sie zu den Mitbegründern des Karaokeclub Austria, wo sie Balladen und Songs von Whitney Houston sang, 2003 wurde sie sogar österreichische Karaoke-Meisterin. Nicht zu vergessen ihre Auftritte bei Bällen oder Messen. "Singen war immer ein Teil meines Lebens", sagt sie.
Vor fünf Jahren wollte es Ludwig dann noch einmal genau wissen und nahm Gesangsunterricht. Nachdem sie ihre Lehrerin mit dem Lied "Mei Muaterl war a Weanerin" zu Tränen gerührt hatte, war die Richtung klar: Wienerlied, und nicht mehr nur als Hobby. Noch laufen bei Ludwig beide Berufe nebeneinander her. Doch der Akzent liegt zunehmend auf dem Gesang. Sie erzählt: "In eineinhalb Jahren gehe ich in Pension, dann werde ich nur noch singen, aber nur Wienerlied."
Was ein Wienerlied ist, kann niemand genau sagen, auch Ludwig nicht. "Darüber streiten die Gelehrten, es gibt keine eindeutige Definition", erklärt sie. Der Begriff wird sowohl auf Lieder angewendet, die von Wien handeln, als auch auf solche, die von Wienern über Lebenssituationen von der Geburt bis zum Tod geschrieben wurden, und sogar Lieder, die von Wienern interpretiert werden. "Das umfasst also eine große Bandbreite", sagt Ludwig. Sogar so groß, dass der Bluesmusiker Hans Theessink, seines Zeichens holländischer Wahlwiener, bei dem Lied "A echter Wiener", das im vergangenen Jahr auf ihrer zweiten CD "Ois Powidl" (Alles Zwetschgenmus) erschienen ist, als Komponist, Gitarrist und Sänger mitwirkte.
Einstmals war das Wienerlied en vogue und vor allem in den Straßen der Donaumetropole gesungen. Das war die Zeit zwischen Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts. "In der Zwischenzeit ist es eher eine Randerscheinung, weil es die Medien nicht spielen", schildert Ludwig die heutige Situation.
Doch es gibt auch eine Gegenbewegung. Zwölf Vereine setzen sich mittlerweile für den Erhalt des Wienerlieds ein. Zudem berichtet Ludwig von Gruppen, die vor allem "fetzige Musik" im Wiener Dialekt singen. "Das geht zwar in Richtung Pop, aber vielleicht ist das Wienerlied ja der Vorläufer des Austropops", meint sie.
Auf der Kulturfinca Son Bauló erwarten das Publikum dagegen klassische Wienerlieder. "Wir haben ein Potpourri aus bekannten Nummern zusammengestellt, das beschwingt, unterhaltsam und gefühlig sein wird, ein bissl zum Mitklatschen und Mitsingen, um eine gute Zeit auf einem künstlerisch sehr hohen Niveau zu verbringen."
Ihr Programm, dass sie mit dem Akkordeonspieler Erich Zib aufführen wird, hat Ludwig mit einer Gesangslehrerin und einer Regisseurin ausgearbeitet. "Ich bin nicht Sängerin, sondern Interpretin und habe zu jedem Lied eine Idee, was ich damit sagen möchte."
Heißt das, sie nimmt nach wie vor Unterricht? "Ja", kommt es wie aus der Pistole geschossen, "ich möcht' noch besser werden."
Durch den Unterricht sei ihr Tonumfang größer und die Sprache deutlicher geworden. "Das ist beim Wienerlied extrem wichtig", erklärt Ludwig. Immerhin geht es um den Text. Und obwohl das Wienerlied gerade von Deutschen sehr geschätzt werde, sei das Verständnis für sie "manchmal gar net so oafach".
"Natürlich versuche ich je nach Publikum, deutlicher oder auch ein wenig hochdeutscher zu singen", sagt sie und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Das Publikum braucht keine Angst zu haben, ich bin ja da."
INFOS ZUM KONZERT. Samstag, 13. August, 20.30 Uhr: Wienerlied mit Charlotte Ludwig (Gesang) und Erich Zib (Akkordeon); Open-Air-Konzert. Eintritt: 18 Euro; Büfett ab 18.30 Uhr: 22 Euro; Reservierungen: 971-524206. Ort: Kulturfinca Son Bauló, Camí de Son Bauló 1, Lloret de Vistalegre
(aus MM 33/2016)
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