Miquel Àngel Aguiló ist in der Musikszene Mallorcas und auch darüber hinaus bekannt. Als Cellist und als Komponist. Eines seiner Werke, ein Cellokonzert, wird am Sonntag, 3. Juli, im Claustre de Sant Domingo, in Pollença uraufgeführt, Solist ist der international bekannte französische Cellist Christophe Coin.
Aguiló und Coin kennen sich schon lange. Aber immer aus der Distanz. Der eine saß im Barockorchester von Sevilla, der andere dirigierte es, trat mit ihm als Solist auf, war der Lehrer.
Was die Kommunikation über das Musikalische hinaus erschwerte: Während Coin auf der Bühne aus sich herausgeht, ist er privat das völlige Gegenteil. Agulió beschreibt ihn so: "Er ist schüchtern und ganz in sich gekehrt. Selbst telefonieren und das Schreiben von E-Mails kostet ihn eine große Überwindung."
Trotzdem fasste sich Aguiló vor drei Jahren ein Herz. Nach einem Konzert und ein paar Gläsern Bier fragte er Coin, ob er wolle, dass er ihm ein Stück schreibe. Coins Antwort: "Mach!"
Zwei Monate später schickte ihm Aguiló das Cello-Konzert. Reaktion: null. "Auch die zwei oder drei Mal, die wir uns danach beim Barockorchester von Sevilla sahen, sagte er nichts, und ich dachte schon, das Werk sei für immer in einer Schublade verschwunden", erzählt der Komponist.
Die große Überraschung kam vor drei Monaten. Das Telefon klingelte, am anderen Ende war Coin. Er habe sich das Konzert angeschaut, teilte er Aguiló mit. "Er fand das Werk ergreifend, sehr gut geschrieben und sagte, dass er es in sein Konzertrepertoire aufnehmen und es auf Mallorca uraufführen wolle." Für den mallorquinischen Komponisten war das ein Ritterschlag, und er gesteht freimütig ein: "Mit zitterten vor Aufregung die Knie."
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Laufbahn, die streng genommen vor 39 Jahren begann. Damals war Aguiló neun Jahre alt, ging in Palma auf die Schule, und sein Lehrer schleppte einen Projektor an, damit die Klasse das Film-Musical "Singin' in the Rain" sehen konnte. Der Klang war unterirdisch, der Projektor ratterte, aber bei Aguiló machte es klick: " Ich entschied, dass ich Komponist werden und für die Filmindustrie arbeiten wollte. Seit dem widmete ich mein Leben der Musik."
Aguiló studierte Violoncello, war Mitglied von Ensembles wie dem Nederland Kamerorkest, dem Orquesta Barroca Española, dem Orquesta Barroca de la Universidad de Salamanca, Studium Aureum und La Real Cámara. Derzeit ist er Cellist des Orquesta Barroca de Sevilla und von Al Ayre Español, mit denen er unter anderem Aufnahmen für Radio France und das Renommier-Label Harmonia Mundi machte. Und er gründete sein eigenes Ensemble, das Ensemble Lumière.
Parallel dazu machte er Kurse im Dirigieren. Und er blieb seiner Entscheidung als Junge treu und wandte sich dem Komponieren zu. Seinen Stil definiert er als deskriptiv. Dabei bedient er sich der ganzen stilistischen Bandbreite, von Klängen, die der Alten Musik nahestehen, bis zu Pop-Arrangements, ganz wie es das jeweilige Projekt erfordert, sei dies ein Film oder ein Bühnenstück, eine Sinfonie oder ein Pop-Arrangement, ein Multimedia-Projekt oder ein Werbespot.
Dass sich viele Menschen bei zeitgenössischer Musik abwenden, dafür zeigt er Verständnis. Der Begriff mache Angst, meint er schmunzelnd, das müsse es aber nicht zwangsläufig so sein. "Meine Musik ist auch aktuell, verzichtet aber weder auf Schönheit noch auf Gefühl und erzählt immer etwas."
Dass seine Musik auch für all diejenigen verdaulich ist, die kein Musikstudium absolviert haben, mag nicht zuletzt an seinem bedeutendsten Kompositionslehrer liegen: der Kochkunst. "Eine gute Komposition kann wie eine ausgewogene Mahlzeit sein", lautet das Credo von Aguiló, "eine Vorspeise, um den Appetit zu erregen, ein außergewöhnlicher, nuancenreicher erster Gang, der uns glauben lässt, dass es gar nicht so schlecht auf der Welt ist. Dann ein üppiger zweiter Gang, der Höhepunkt des Werks. Alle Leidenschaften entfaltet, alle Geschmacksnoten und Aromen vermischt, und das Thema kommt und geht neu mit jedem Bissen."
Und damit es kein Missverständnis gibt, fügt er hinzu, das es nicht immer gleich ein sinfonisches Menü sein müsse, sondern auch ein Küchlein für Solo-Gitarre schmecke.
In Pollença stehen neben seinem Cello-Konzert und einem Konzert für Orchester und Euphonium, bei dem Josep Burgera der Solist ist, ein Werk auf der musikalischen Speisekarte, das Aguiló mit dem Titel "Insekten und Schmetterlinge fliegen in meinem Garten" überschrieben hat. Des Weiteren werden drei Tänze der deutschen Komponistin Julie Reier serviert und das Werk "Musica notturna delle strade die Madrid" (Nachtmusik aus den Straßen von Madrid) des vorklassischen Komponisten Luigi Boccherini. Ein reichhaltiges Programm, oder wie Aguiló, der bei dem Konzert am Dirigentenpult steht, sagen würde: "Es gibt tausend Kombinationen, viel Musik für den Gaumen!"
(aus MM 27/2016)
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