Wenn die Produktionsfirma Bali will, dann bauen wir ihr Bali am Strand von Son Serra de Marina nach", erklärt Damien Rigo. "Wir verfügen hier über eines der modernsten Foto- und Filmstudios auf Mallorca, vielleicht sogar ganz Spaniens." Seit 2012 betreibt der Spanier mit britischen Wurzeln in der alten Schuhfabrik in Binissalem die "Central Studios", die regelmäßig von großen Produktionsfirmen überwiegend für Werbe-Shootings und -drehs gebucht werden. In der Industriehalle hat er mehrere Sets eingerichtet. Vom Loft im New-York-Stil über die moderne Familienwohnung bis hin zum "Warehouse".
"Das Besondere bei uns ist, dass die Film- und Fototeams hier beliebig umbauen können. Wenn eine Wand eine neue Farbe bekommen soll, wird sie umgestrichen. Das ist in anderen Studios, selbst in den Vereinigten Staaten, oft nicht möglich." Kernstück des Areals ist das "Daylight Studio", eine komplett in weiß gehaltene Halle mit Holzdecke. Eine Seite des Raumes ist mit einer deckenhohen Infinity-Cove, einer Hohlkehle ausgestattet. "Der naht- und eckenlose Übergang von Wand zu Boden lässt Aufnahmen zu, in denen die abgelichteten Objekte oder Personen wie freigestellt wirken", erklärt Rigo.
Dass sich Mallorca immer mehr zur Film-, Foto- und Fernsehinsel entwickelt, zeigt sich noch auf demselben Areal. Direkt neben den "Central Studios" hat sich "711rent" angesiedelt, eine Verleihfirma für professionelles Produktions-Equipment im Bereich Foto und Film. "Wir vermieten unsere Produkte meist im Rahmen von Werbeaufnahmen, gelegentlich aber auch für Filmdrehs", weiß Julia Dambacher, die die Filiale auf Mallorca leitet. Vor allem zwischen März und Oktober kämen besonders viele Produktionsfirmen zu Drehs und Shootings auf die Insel. Warum ist Mallorca gerade im Bereich "Foto-Shootings" so beliebt? "Weil die Teams hier alles vorfinden, was sie brauchen", sagt Damien Rigo. "Die Infrastruktur ist gut und es geht weniger hektisch zu als in Großstädten." Besonders die kurzen Anfahrtswege wüssten die Dreh-Mannschaften zu schätzen. "Vom Hotel zum Strand oder in die Berge dauert es ja auf Mallorca selten länger als eine halbe Stunde. In Kapstadt beispielsweise vergeudet man gut und gerne vier Stunden am Tag, nur um von der Unterkunft zum Drehort zu gelangen", erklärt er lachend, "Dabei arbeiten Menschen in diesem Business ohnehin schon 20.000 Stunden am Tag, quasi First hour hasta Sunset."
Dass die Balearen noch häufiger auch Kulisse für aufwendige internationale Filmproduktionen werden, wünscht sich Angela Bosch, Koordinatorin der "Illes Balears Film Commission". Die Institution war in den vergangenen Jahren in die Schlagzeilen geraten, weil zugesicherte Fördergelder an Großproduktionen versandeten. 2012 wurde die "Film Commission" daraufhin aufgelöst, 2014 neu gegründet und nun mit Angela Bosch neu besetzt. Sie wirbt weltweit für Mallorca und die Nachbarinseln als Drehort für Kino- und Fernsehfilme sowie Werbespots. "Es geht bei unserer Arbeit darum, auf Messen und Festivals die Werbetrommel für den Archipel zu rühren. Ein Filmdreh bringt uns viele Vorteile", so Bosch. "Stellen Sie sich vor, eine Zeitschrift wie 'Elle' beschäftigt sich mit den schönsten Fincas auf Mallorca, dann ist das eine tolle Werbung und genau das kann ein Film auch sein. Wenn die Menschen den Streifen 'Isla Bonita' sehen, der vergangenes Jahr auf Menorca gedreht wurde, dann wollen sie dort hin. Die Landschaft wird in solchen Produktionen traumhaft in Szene gesetzt."
Entscheiden sich die Verantwortlichen für einen Dreh auf Mallorca, koordiniert die Film Commission die Details mit den verantwortlichen Stellen in den einzelnen Gemeinden, denn "egal wo sie hier etwas drehen möchten, brauchen sie eine Genehmigung", erklärt Bosch. Die Katalanin weiß, dass es auf den Inseln oft komplizierter ist, eine Genehmigung zu bekommen, als auf dem Festland. "Das bringt die Verwaltungsgliederung mit sich. Alleine die Tatsache, dass mit Govern und Inselrat zwei wichtige politische Institutionen existieren, macht es komplizierter. Derzeit verlangen zudem alle Gemeinden unterschiedliche Preise für Genehmigungen." Das wolle man vereinheitlichen.
In Palma steht man in ständigem Kontakt zum "Palma Film Office", das zum städtischen Dezernat für Tourismus gehört. Die Stelle organisiert die Drehgenehmigungen auf dem Gebiet der Inselhauptstadt. Finanziell lohnt sich das kaum. "Wir nehmen nur wenige Tausend Euro damit ein", erklärt Dezernentin Joana Adrover. Den Werbe-Effekt, der mit hier gedrehten Filmen und Spots erzielt wird, hält sie für riesig. "Das versuchen wir zu fördern."
Ausländische Filmteams bekommen Hilfe von Produktionsfirmen vor Ort. Platzhirsch ist "Palma Pictures", aber auch kleinere Unternehmen haben sich hier angesiedelt. Fabian Joest, der auch eigene Filme produziert, hat sich mit seiner Agentur "Mallorca Specials" auf die Unterstützung internationaler Produktionen spezialisiert und weiß: "Die Gesetzeslage, die logistischen Herausforderungen und kulturelle Unterschiede machen es uns hier nicht immer leicht." Mallorca müsse mehr Anreize setzen und die Strukturen vereinfachen. In Norditalien, Kroatien oder auf Malta sei die Situation für Filmvorhaben wesentlich einfacher. "Was das angeht, ist die Insel noch ein Gänseblümchen." Ziel sei es, großen Produktionen Steuervergünstigungen zu gewähren, wie es auch ein Gesetz der Zentralregierung vorsieht. "Aber so ist es hier eben", sagt Joest. "Madrid ist in jeglicher Hinsicht fern."
(aus MM 20/2016)
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