Pfusch und Klüngel: Das Beton-Fundament der Sammelstelle „klebt” ebenso wie die Container ohne eine Zentimeter Abstand am Haus der Deutschen. | privat

TW
8

Der Albtraum begann für Christine und Axel Kentsch an einem Montagmorgen im Januar dieses Jahres. „Da rückte plötzlich ein Bautrupp der Gemeinde Felanitx an und begann hinter unserem Haus, Betonmischer und anderes Arbeitsgerät aufzufahren”, erzählt die Deutsche, die zusammen mit ihrem Mann, dem Künstler Axel Kentsch, seit einigen Jahren ein großes Stadthaus in der kleinen Ortschaft Es Carritxó bewohnt.

Neugierig geworden fragte Christine einen Bauarbeiter, was es denn mit den vielen Betonsäcken hinter ihrem Haus auf sich habe. „Dieser sagte, dass sie den Auftrag aus dem Rathaus in Felanitx bekommen hätten, hier ein Fundament für den Bau einer Müll-Recyclingstelle zu legen”. Die beiden Deutschen fielen aus allen Wolken.

Doch ihre Verwunderung wechselte in den darauffolgenden Tagen schnell in Unmut, als sie mitansehen mussten, wie das öffentliche Abfall-Depot hinter dem Haus mehr und mehr Form annahm. „Sowohl das Betonfundament als auch die später dort aufgestellten Container kleben direkt an unserer Hauswand ohne jeglichen Abstand dazwischen”, sagt Christine. Besonders seltsam:Die Sammelstelle hatte bis dahin auf dem gleichen Grundtück, aber an ganz anderer Stelle, weit weg von ihrem Haus entfernt gestandem, wo sie niemanden störte.

"Organischer Abfall stinkt"

Nach Fertigstellung des sogenannten „Punto Verdes” wurde es für die Deutschen dann richtig ungemütlich. Das Müll-Depot war zwar umzäunt und für Anwohner nur mit einem Kartenschlüssel zugänglich, vielfach wurden die Abfalltüten aber einfach nur über den Zaun geworfen oder davor liegengelassen. „Überall liegt Müll herum und der organische Abfall fängt nach kurzer Zeit zu stinken an”, so Christine. „Außerdem knallen die Container-Deckel bei jedem Öffnen gegen unsere Hauswand, was zu einer permanenten Lärmbelästigung führt”.

Noch schlimmer sei die Lage nach Sonnenuntergang. „Zwischen Mitternacht und halb vier morgens fahren die Müllwagen vor, um die jeweiligen Plastik-, Glas- oder anderen Container zu entleeren.” Und mit ihnen dringt das Quietschen von hydraulischen Kränen und Pressen sowie das Piepen der Fahrzeuge bei laufendem Motor durch die Wand. „An Schlafen ist dann nicht mehr zu denken”, sagt Christine. Insbesondere ihr Mann Axel, der seit ein paar Jahren wegen einer schweren Krankheit im Rollstuhl sitzt, würde unter dem nächtlichen Lärm extrem leiden. Das Ehepaar nahm schließlich einen Anwalt.

A1-17553241.jpg
Kann es nicht fassen: Hausbesitzer Axel Kentsch vor dem Depot. F.: Privat

Dessen Beschwerde stieß im Rathaus von Bürgermeisterin Catalina Soler (konservative Volkspartei PP) auf eine kurze und klare Antwort: Der Recycling-Punkt sei in Übereinstimmung mit den dafür geltenden Vorgaben installiert worden. Fertig aus. Auch das nachträgliche Einreichen einer Verwaltungsklage zeigte keine Wirkung. „Wir bekamen von der Gemeinde mitgeteilt, dass eine solche Klage mehrere Jahre dauern würde, bis sie vor Gericht käme. Ändern würde aber auch das nichts”. In ihrer Not wandten sich die Deutschen schließlich an einen befreundeten mallorquinischen Immobilienmakler, der ihnen in den Jahren zuvor bereits bei Behördenproblemen geholfen hatte, Francisco Pueyo.

Unterredung mit Bürgermeisterin ohen Ergebnis

„Als ich von der Sache hörte, habe ich sofort eine Unterredung mit der Bürgermeisterin beantragt, die mir auch gewährt wurde”, so der Mallorquiner, der selbst viele Jahre lang in Berlin tätig gewesen war. Bürgermeisterin Soler soll ihm bei dem Gespräch erklärt haben, dass sich das Grundstück neben den Deutschen im Gemeindebesitz befinde. Zur Hälfte sei es als ländliches Gebiet ausgewiesen, zur anderen Hälfte als urbanes. Man habe den Standort der vorherigen dort installierten Müll-Recyclingstelle ändern müssen, weil dieser sich auf dem „ländlichen” Teil des Grundstücks befunden habe, was so nicht in Ordnung war, da öffentliche Müllstellen nur auf urbanem Grund stehen könnten.

Ähnliche Nachrichten

Auf die Frage, warum man das neue Depot aber direkt an die Hauswand der Deutschen gebaut habe, soll die Bürgermeisterin nach Aussage von Pueyo geantwortet haben: „Wir haben Ende vergangenen Jahres zwei Bürgerversammlungen einberufen, um den Einwohnern den geplanten Standort vorzustellen.” Dabei hätte es keine Einwände gegeben.

„Ich habe daraufhin bekannte Mallorquiner im Ort gefragt, ob sie etwas von einem solchen Referendum gewusst hätten, bekam aber nur Kopfschütteln zu hören”. Bei seinen weiteren Nachforschungen stieß Pueyo lediglich auf eine Eintragung im balearischen Amtsblatt BOIB, in welcher der Bau der Müllsammelstelle annonciert wurde. „Die Bürgermeisterin hat hinsichtlich des Referendums ganz klar gelogen”, ist sich Pueyo sicher. Außerdem hätte die Gemeinde bei der Installation des Müll-Depots gegen bestehende Bauvorschriften verstoßen, die ganz klar einen Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen der Einrichtung und dem Privathaus vorsehen.

Puyeos zweite Unterredung mit Catalina Soler habe daraufhin relativ unfreundlich geendet. „Sie hat mir gesagt, dass sie in ihrer Gemeinde machen würde, was sie für richtig hält und – was noch schlimmer ist – dass ihr das Schicksal der beiden deutschen Hausbesitzer nicht wichtig sei. ‚Sollen die sich doch einen neuen Ort zum Wohnen suchen, wenn es ihnen hier nicht gefällt’, hat sie mir gesagt und mich in bösem Ton aufgefordert, sie in dieser Angelegenheit nicht mehr zu belästigen.”

Keine Entscheidung vor 2026

„Wir waren total schockiert, als wir davon hörten, aber Francisco wollte noch längst nicht aufgeben”, berichtet Christine Kentsch. Zusammen mit dem Anwalt reichte man im Rathaus einen medizinischen Befund ein, der belegte, dass die Krankheit von Axel Kentsch sich durch die Ruhestörung des Mülldepots verschlimmere. „Aber auch das stieß im Rathaus von Felanitx auf taube Ohren”. Vor wenigen Wochen erfuhren die Deutschen dann, dass man bei der Gemeindeverwaltung doch über eine mögliche Verlegung der Sammelstelle entscheiden werde. Allerdings nicht vor Sommer 2026. „Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man darüber lachen”, sagt die Deutsche.

Für sie und ihren Mann sind die nächtlichen „Besuche” der Müllmänner und der dabei erzeugte Lärm das Größte von allem Übel. Aus diesem Grund kamen beide zusammen mit ihrem mallorquinischen Helfer Pueyo auf die Idee, mit dem für den Mülltransport verantwortlichen Unternehmen Kontakt aufzunehmen. „Es hat seinen Firmensitz in Barcelona. Als ich dort anrief, hatte man für unser Anliegen sofort Verständnis. Man schlug uns vor, die Zeiten für den Abtransport auf den Abend zu verlegen, um somit keine Lärmbelästigung mehr in den Nachtstunden zu verursachen”, erzählt Francisco Pueyo. „Doch die Entscheidung darüber, könne nur das Rathaus treffen, da es für den Abtransport auch zahle”.

Der Mallorquiner rief daraufhin erneut bei der Gemeinde in Felanitx an und erklärte den Vorschlag zur möglichen Änderung der Müllabfuhrzeiten. „Es hieß, dass dies nicht möglich sei, da das Transportunternehmen auf die bisherigen nächtlichen Zeiten bestehe, was wiederum eine ganz klare Lüge ist”, so Pueyo. Die Wahrheit sei, dass eine zeitlich vorgezogene Müllabfuhr die Gemeinde etwas teurer zu stehen kommen würde, wie der Mallorquiner von dem Unternehmen in Barcelona erfuhr.

Für Christina und Axel Kentsch ist die Lage hoffnungslos. „Mein Mann und ich sind mit den Nerven fertig. Warum versteht die Gemeinde unser Problem nicht, warum werden wir so behandelt?”, fragt sie. Weder die Bürgermeisterin noch ein anderer Gemeindevertreter waren auf MM-Anfrage zu sprechen. Motto:kein Kommentar!