Das Eremitendasein lässt natürlich die Gerüchteküche brodeln. Unter anderem wird in Spanien immer wieder erzählt, dass es dem einstigen Inbegriff des „Latinlovers“ gesundheitlich wohl sehr schlecht gehe. Dass er auf den Rollstuhl angewiesen sei. Dass er sein Gedächtnis weitgehend verloren und sogar die Texte seiner eigenen Lieder vergessen habe. Alles Quatsch, versicherte jetzt in der Zeitung "El Mundo" Kolumnist Jaime Peñafiel. Der 91-Jährige schrieb am Wochenende, er habe dieser Tage mit seinem engen Freund telefoniert und der habe ihm versichert: „Mir geht es verdammt gut.“
Der Schmachtbarde, der mit seiner Stimme und Hits wie "Hey!", "Me va, me va" oder "Careless Whisper" die Herzen der ebenfalls älter gewordenen Fans schon seit 55 Jahren höher schlagen lässt, hat bisher noch nie das Ende seiner Karriere angekündigt - oder auch nur angedeutet. "Ich habe beschlossen, zu singen, bis ich 90 bin", er brauche einfach das Singen, "um weiterleben zu können", sagte er mehrfach. Live-Konzerte bezeichnete er einmal im Interview als "eine Sucht, für die es kein Gegenmittel gibt". In Spanien wird darüber spekuliert, Iglesias werde vielleicht bei der Einweihung des modernisierten Stadions seines Fußball-Clubs Real Madrid, die kurz vor Weihnachten stattfinden soll, wieder auf der Bühne stehen.
Doch seinem Freund Peñafiel sagte er etwas, was ein bisschen nach Abschied klingt: Er habe kein Interesse an irgendetwas anderem, als mit seiner Frau, der 57-jährigen Niederländerin Miranda, und seinen acht Kindern sowie seinen Enkeln glücklich zu sein.
Iglesias gilt als erfolgreichster spanischsprachiger Sänger, wie es unter anderem im Guinness-Buch der Rekorde steht. Er hat aber auch auf Deutsch, Englisch und vielen anderen Sprachen gesungen. Weltweit hat er mehr als 300 Millionen Alben verkauft und über 2600 Platin- und Gold-Platten erhalten. Er arbeitete mit Musiklegenden aller Couleur zusammen: Mit Frank Sinatra und Plácido Domingo, mit Stevie Wonder und den Beach Boys, mit Diana Ross, Sting und vielen anderen. In Hollywood hat er einen Stern auf dem legendären "Walk Of Fame".
Dabei hatte der am 23. September 1943 als Sohn eines Gynäkologen in Madrid geborene Julio José Iglesias de La Cueva mit der Musik lange überhaupt nichts am Hut. Als Teenager träumte er von einer Karriere als Fußballtorwart. Das Zeug dazu hatte er. Er glänzte in den Jugendmannschaften von Real Madrid und war kurz vor seinem 20. Geburtstag bereits auf dem Sprung ins Profiteam, als ein schwerer Autounfall ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
Dem Unfall hat Iglesias aber wohl die Musik-Karriere zu verdanken. Jung-Julio war damals nämlich 20 Monate lang halb gelähmt ans Krankenbett gebunden. Er brachte sich in dieser Zeit selbst das Gitarrespielen bei, schrieb erste Lieder. "Die Musik hat mir geholfen, wieder gesund zu werden." Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er die Torwarthandschuhe und das Jura-Studium längst vergessen. Er tingelte zunächst lange in Madrid und London von Kneipe zu Kneipe. Als unbekannter Newcomer gewann er 1968 beim Festival von Benidorm. Spätestens nach dem 4. Platz beim Eurovision Song Contest 1970 in Amsterdam ging es steil bergauf.
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