Christian Otto tätowiert seit 13 Jahren und lebt seit 2003 auf Mallorca. | Maximilian Ostermeier

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Es war der Arm des eigenen Vaters, bei dem Christian Otto als Kind das erste Mal die kultige Tinte unter der Haut entdeckt hat. Er war es auch, der den heute 44-jährigen Heilbronner wegen einer Geschäftsidee mit nach Mallorca genommen hat. Das ist jetzt 19 Jahre her. Papa und der Rest der Familie sind lange wieder in Deutschland, nur Otto ist geblieben, und das aus gutem Grund.

„Ich bin in meinen 13 Jahren als Tätowierer ziemlich viel herumgekommen, aber Mallorca ist und bleibt für mich der Standort mit der meisten Lebensqualität.” Es gebe für ihn kein anderes Fleckchen Erde, das so viele für ihn wichtige Attribute miteinander verbinden würde, schwärmt er. „Du hast hier das Meer, wunderschöne Sandstrände, die Berge, dazu eine hervorragende Fluganbindung an Deutschland, und das alles auf einer Insel mit einer Großstadt, in der rund 400.000 Menschen leben. Zeig mir einen anderen Ort, der das alles miteinander vereint.”

Christian Otto hat noch in Deutschland Grafikdesign studiert. Nach dem Umzug auf die Insel und bei einem Kurzurlaub in Valencia ließ er sich von einem heutigen Kollegen tätowieren. „Der hat damals zu mir gesagt: ‚Ich finde, deine Designs sind prädestiniert, um unter die Haut gebracht zu werden. Du musst wohl Tätowierer werden’. Tja, und dann ging alles ganz schnell.” Noch während seiner zweijährigen Ausbildung eröffnet er sein erstes eigenes Studio in Palma. Der erste 50 Euroschein, den er dort mit dem Tätowieren verdiente, hängt noch heute in seinem jetzigen Studio „Old Town Tattoos” in einer kleinen Seitengasse, die vom Carrer del Sindicat in Palmas Altstadt abgeht.

Die beliebtesten Mallorca-Motive sind Palmen, Schiffe und Olivenzweige. Fotos: oldtowntattoos.com

„Meine Entwürfe sind reduziert auf das Wesentliche, mit klaren, einfachen Formen.” Man spreche bei dieser Art von Tattoos auch von der „alten Schule” oder dem traditionellen Stil. „Es hat einen Grund, warum damals so tätowiert wurde. Diese einfachen Formen und Farben sehen auch in 20 Jahren noch gut aus.”

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Otto hat dieser Stilrichtung so sehr seine eigene Handschrift verpasst, dass Kunden aus der ganzen Welt nach Mallorca reisen, um sich von ihm stechen zu lassen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Kunden sagen: „Mach, was du möchtest.” Das ist normalerweise ein sehr unbeliebter Satz bei Tätowierern, weil er alles und nichts bedeutet. Für Otto ist es aber mittlerweile eine Art Ritterschlag, denn die Menschen kommen nicht nur zu ihm, weil sie ein Tattoo haben möchten, sondern weil sie eines von ihm haben wollen.

Im Vergleich zu Deutschland, wo Tattoos längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen seien, habe die Kunst, die unter die Haut geht, bei den Spaniern noch immer einen etwas anrüchigen Ruf. „Ich würde sagen, die sind bei dem Thema einfach zehn Jahre hinterher, keine Ahnung, warum.” Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch auf der Insel eine breite Palette an Tattoo-Fans, Studios und Künstlern. Deshalb ist es auch nicht einfach, an den richtigen Mann oder die richtige Frau zu gelangen. Etwas Recherche sei unerlässlich. „Jeder hat das Tattoo, das er verdient”, erklärt Otto. „Wenn du dich nicht mit dem Künstler und seiner Arbeit auseinandersetzt oder das Angebot zu günstig ist, um wahr zu sein, dann ist das Ergebnis meistens auch dementsprechend.” Ein Tattoo sei etwas, über das man sich entweder ein Leben lang freut oder eben ärgert. „Wenn es 20 Euro kostet und davon Material, Farbe und der Tätowierer bezahlt werden müssen, geht das nur, wenn irgendwo etwas eingespart wird.”

Ein Tattoo von Christian Otto oder seinem Kompagnon, dem Texaner Stephen Hibbs, kostet mindestens 100 Euro. Es gibt Studios, die mit Stundenpreisen arbeiten. Das sei allerdings nicht die Philosophie Ottos. „Wir vereinbaren vorher mit dem Kunden den finalen Preis, dann wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Die Leute, die zu uns kommen, zahlen schließlich nicht für unsere Zeit, sondern für unsere Kunst.”, erklärt Hibbs, und Otto ergänzt grinsend, „bei dem Geschäftsmodell würden wir uns außerdem ins eigene Fleisch schneiden, dafür sind wir über die Jahre viel zu schnell in unserem Handwerk geworden.”

Die schwierigsten Tattoos sein dabei allerdings nicht immer die komplexesten, meint Hibbs. „Ich habe mehr Respekt vor dem simplen gleichschenkligen Dreieck auf dem Arm als vor einem kompletten Rückentattoo. Bei einem großen Tattoo kannst du einen Fehler notfalls korrigieren. Ein Dreieck hat drei Linien, verwackelst du eine davon, ist das Tattoo versaut.” Es gibt eine Sache, die für Otto wesentlich essenzieller ist als das Motiv, mit dem Leute ins Studio kommen. „Es muss zwischen dem Kunden und mir passen, sonst mache ich es nicht.” Wie viele Tattoos er auf dem eigenen Körper hat, weiß er nicht. „Daran erkennst du ganz oft die echten Fans von Tinte unter der Haut. Die haben darauf nie eine Antwort.”