„In Spanien und Deutschland gibt es ein unterschiedliches Verhältnis zu Autorität“, erklärt Kathrin Bremer, Trainerin für interkulturelle Kommunikation auf Mallorca. Spanier akzeptieren demnach leichter als Deutsche, dass jemand über Macht verfügt. „Vielleicht kommt auch hinzu, dass der Franquismus hierzulande noch nicht so lange her ist“, sagt Psychotherapeutin Vanessa Gleede, die in ihrer Praxis in Palma interkulturellen Konflikten auf den Grund geht.
Anders als Pedro Sánchez fasst Bundeskanzlerin Angela Merkel die Deutschen geradezu mit Samthandschuhen an, sie setzt auf Empfehlungen statt Sanktionen – nicht ohne Grund, erklärt Gleede: „Die Erinnerung an das Dritte Reich lässt viele Deutsche auch heute noch empfindlicher auf Autoritäten reagieren.“ Ostdeutsche könnten sich zudem an die Stasi erinnert fühlen, wenn plötzlich über Apps diskutiert wird, mit denen sich die Kontakte von Infizierten tracken lassen.
Polizeikontrolle auf dem Paseo Marítimo in Palma während der Ausgangssperre. Foto: Alejandro Sepulveda
Nachdem „hedonistische Ichlinge“ zunächst Egoismus mit Erwachsensein und Selbstbestimmung verwechselten, wie „Spiegel“-Kolumnistin Samira El Ouassil schrieb, halten mittlerweile auch die meisten Deutschen den geforderten Mindestabstand ein. Dass dieser Wandel Zeit brauchte, erklärt Bremer ebenfalls mit kulturellen Unterschieden. „Deutschland ist geprägt von einer individualistischen Kultur, es zählt das ‚Ich’. Zurückzustecken fällt in solchen Kulturen schwerer.
In Spanien zählt eher das ‚Wir’. Die spanische Gesellschaft ist solidarischer“, sagt sie. Aber auch der deutsche Föderalismus mit seinem großen Interpretations- und Entscheidungsspielraum dürfte dazu beigetragen haben, dass es Zeit brauchte, bis der Virus in den Köpfen ankam. „Spanien wird zentral regiert“, sagt Gleede, politische Botschaften fallen da naturgemäß einheitlicher aus.
Und noch etwas fällt auf, wenn man die Krisenreaktionen in beiden Ländern vergleicht. Auf der Insel scheint man dem Virus-Grauen geballte Emotionen entgegensetzen zu wollen. Allabendlich brandet der Applaus für Ärzte und Schwestern von den Balkonen auf. In Algaida unterhalten Polizeibeamte Dorfbewohner mit musikalischen Ständchen und Tanzeinlagen. Die Videos davon gingen um die Welt. Schwer vorstellbar, dass sich auch deutsche Beamte in einer Krisensituation so verhalten würden.
„Dieses Beispiel zeigt noch einen Unterschied zwischen beiden Ländern. Spanier sind generell eher beziehungsorientiert, Deutsche sachorientiert. Warum also als Polizist den Bürgern nicht die Angst nehmen und sie unterhalten, statt nur mit Fakten aufzuklären?“, erläutert Bremer.
Umgekehrt wäre ein Spanier sicher irritiert, würde er zurzeit einen Blick auf deutsche Fernsehdiskussionen werfen. Nur wenige Tage nach Geschäftsschließungen und Mahnungen zum Social Distancing wurde angesichts der drohenden wirtschaftlichen Folgen bereits eine baldige Rückkehr zur Normalität gefordert. „Angst essen Freiheit auf“, erklärte FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, „Die Politik darf sich nicht zur Geisel der Wissenschaft machen“, forderte Peter Dabrock, Mitglied des Deutschen Ethikrats, im ZDF.
„Es ist aber kein Wunder, dass man die Situation in Deutschland anders betrachtet als in Spanien“, sagt Psychotherapeutin Gleede. Die Zahl der Infizierten ist hierzulande deutlich höher, ganz zu schweigen von den Todesfällen. „Die Corona-Pandemie wird von der Politik als ‚Crisis sanitaria’, als Gesundheitskrise, behandelt, die Wirtschaft steht im Vergleich dazu momentan hintenan.“
Dennoch habe man auch auf Mallorca durchaus finanzielle Interessen im Auge behalten. Bestes Beispiel: Bis zur Verschärfung der Ausgangssperre, mit der man alle nicht lebenswichtigen Unternehmen in den Winterschlaf schickte, seien viele private Bauarbeiten ungehindert weitergegangen – auch ohne Schutzmasken.
Dass man der Wirtschaft in Deutschland generell eine größere Bedeutung beimisst, liegt Gleedes Einschätzung nach auch an der Führungsrolle in der EU. Kommunikationsexpertin Bremer vermutet noch eine weitere Ursache dafür. „Je wohlhabender eine Gesellschaft, desto individualistischer ist sie. Im Gegenzug bricht der Rückhalt durch die Familie weg. Man muss sich daher viel stärker auf das Funktionieren von Staat und Wirtschaft verlassen.“
(aus MM 14/2020)
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27 Kommentare
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Nach dem Angriff auf das Team der ZDF-"heute-show" am Rande einer Demo in Berlin werden neue Details bekannt. Täter sollen mit Fahrrädern und einem Auto geflohen sein.Zeugenaussagen werden öffentlich ...Polizei geht von geplantem Angriff auf ZDF-Team aus.... 03.05.2020, 17:33 Uhr | dpa, t-online.de Meinung = 3 Sicherheitsleute war da um das Team zu schützen. Alle 3 liegen im KH. Nach meiner Kenntnis der Vorgehensweise von Autonomen linken Anarchisten, passt das genau in ihr Schema. Trotz Corona - Mehr als 1000 ziehen durch Kreuzberg - Politik .......www.sueddeutsche.de › erster-mai-kreuzberg-corona-zdf-1.4894937....vor 2 Tagen - ... bei einer Demo gegen Corona-Maßnahmen wird ein ZDF-Team angegriffen. ... Linke und Linksradikale hatten per Twitter angekündigt, die ...
Mann Berger gehts noch? Wie unverfroren ist das denn, jenen Personen Gewaltbereitschaft zu unterstellen, die ihre Leben auch für Ihre Sicherheit und Angehörige hinhalten und ggf. mit Tot oder Gesundheit bezahlen müssen? Wer so daher redet hat das gar nicht verdient. Beten Sie, dass Sie und Angehörige nie den Einsatz dieser ehrenwerten Mitbürger benötigen.
Als hätte ichs voraus gesehen. Gestern und Vorgestern wurde der Welt gezeigt, wie bestimmte Deutsche Linksradikale und Autonome mit der Autorität umgehen. Als Deutscher wirklich zum Schämen. Sie fühlen sich in Ihren Freiheitsrechten beschränkt. Das sich andere durch sie in ihrem Recht auf Gesundheit beschränkt sehen, stört sie nicht die Bohne. Diese Egoisten und Anarchos kloppen sich auch noch mit der Polizei, s.h Berlin. Der Hammer ist der, wären es die Rechten gewesen, was für ein Geschreit wäre durchs Land gehallt. Wieviele Keksperten hätten sich ungerufen wieder im TV vorgedränt und den "verbalen Baseballschläger" raus geholt, um mit der vereinigten Mainstreampresse drauf geschlagen, dass die Fetzen fliegen?? So waren zwaren es "ja NUR die harmlosen, depperten" Linken, und die stellen ja keine Gefahr für die Demokratie dar. Aha, soso, G20 war ja in der grauen Vorzeit und nicht gestern. Und Warnungen vor der "Unterschätzten Gefahr von Links" sind auch schon lange Makulatur.
Berger@ ich denke Sie haben eher ein Problem mit dem Gehorsam und sich sozial ein zu ordnen. Wenn behördliche Kontrollen erfolgen so hat derjenige nichts zu befürchte, der sich an die Vorschriften hält. Wenn die Polizei Waffen trägt, so ist das nicht ohne Grund. sh. was wieder in DE passiert. Irgendwelche Wahnsinnige zeigen NUll Respekt und es bleibt oft nur der Einsatz der Waffe, um sie vor weiteren Angriffen auf Leib und Leben ab zu halten. Wieviel Respekt man in DE vor der Polizei hat, können Sie jeden Tag in den Nachrichten erfahren, nämlich gar keinen! Und wenn die Beamten was tun, stehen sie am nächsten Tag in der Blöd und müssen sich rechtfertigen. Dass passiert hier und in Italien nicht. Wenn die Guardia Civil kommt sind alle ganz brav und folgsam und bekommen eher nasse Hosen. In DE traut sich kein Polizist mehr alleine in bestimmte Stadtteile und weibliche schon gar nicht.
So geht man nicht mit Menschen um.Das ist nicht akzeptabel.
Gut gebrummt, Tiger. Mir aus dem Herzen gesprochen!
Wenn ich die Soldaten und die offensichtlich gewaltbereiten Nationalpolizisten mit Langwaffen sehe bekomme ich Angst vor diesem Land mit seiner Art die Coronakrise zu verschärfen. So geht man nicht gegen seine Bürger vor! Eine solche Behandlung will ich nicht nochmal erleben, wenn Sie verstehen was ich meine.
@Kai: Die Österreicher-innen haben die Verdopplungsrate bis heute auf 151,5 Tage gesteigert - Vergleich D: 56; CH: 91,5; ES: 31,5; F: 46,5 - ganz Europa kann sich ein Beispiel an Österreich nehmen! Sie haben vollkommen Recht, dass eine Senioren-Demo eine gute Bewegungs-Einheit darstellen würde - mit 2 m Abstand.
@Hajo Hajo, Du hats den Nagel auf den Kopf getroffen. Da brauchen hier einige nicht drum rum eiern. Die Wahrheit ist halt unbequem. Prima, nicht drein reden lassen.
Absoluter Quatsch, die Menschen länderspezifisch ,zu beurteilen ,wie sie mit Freiheit umgehen. Niemand will so einen Zustand. Es wird eher bewertet, wer am lautesten Aufschrei macht. Also unsere Altenheimbewohner in Österreich die machen Aufstand und würden am liebsten eine Rollator Demo veranstalten. Wir Menschen wollen alle in Freiheit leben und das am liebsten jetzt und gleich.....aber gesund. :-)) liebe Grüsse aus Austria