Es ist vier Uhr nachmittags in Port d’Andratx. Die Sommersonne sengt vom Himmel. In vielen Restaurants am Boulevard sind die Tische schon fürs Abendessen gedeckt. Das „Kaffee und Kuchen”-Geschäft scheint keine große Bedeutung zu haben. Auf den Terrassen von Lokalen wie „La Consigna”, der „Bar Central” oder dem Café „Cappuccino” findet man problemlos einen freien Tisch.
„Aber abends brennt der Hafen”, betont Giovanni Falco. Und das kann dem in Nürnberg aufgewachsenen Italiener nur recht sein. Denn Falco betreibt seit dem Frühjahr vergangenen Jahres das „Monkey Mind”. Dort, wo sich lange Zeit die Diskothek „Barracuda” befand, feiert man in Port d’Andratx wieder bis in den frühen Morgen. Ein Trend: Der Club mit einem Publikum im Alter „20 plus” zieht auch immer mehr junge Spanier aus Palma in den Hafen im Südwesten. Ein typischer Ablauf: Man startet mit dem einen oder anderen Drink im „Bermuda-Dreieck” („Tim’s”, „Mitj & Mitj”, „Romeo’s”, „Curry & Style”), geht dann einen Happen essen und endet schließlich irgendwann im „Monkey Mind”.
„Es wird jünger im Hafen”, hat Sebastian Rusch, Juniorchef des Immobilienunternehmens „Rusch & Partner”, festgestellt. Modeschöpfer Thomas Rath, der mit einer eigenen Boutique im Ort vertreten ist und dort seit mehr als zehn Jahren einen Zweitwohnsitz pflegt, pflichtet ihm bei. „Jetzt kommen die Jungen, die zweite Generation. Junge Leute zwischen 18 und 25 Jahren, die familiär an Port d’Andratx gebunden sind. Das hält einen Ort lebendig.”
„Die Saison ging in diesem Jahr wegen des Wetters sehr spät los”, resümiert der ehemalige Juror von „Germany’s Next Topmodel”. „Ostern war super, aber Pfingsten sind dann alle auf Sylt gewesen. Eigentlich ist die Saison erst Mitte des Jahres gestartet. Dafür waren Juli und August sensationell und jetzt hoffen wir auf einen ebensolchen Herbst und einen tollen Winter.”
Wie voll es in den vergangenen Monaten im Hafen war, darüber gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Sebastian Rusch meint „es war weniger los als im letzten Sommer, aber mehr als in den Jahren davor”, Ingrid Modrow, die mit ihrem Mann Jürgen die „Galeria HMH” betreibt, glaubt dagegen, dass mehr Leute da gewesen seien als im vergangenen Jahr. Etwas genauer festzustellen wäre das vielleicht anhand der Umsatzzahlen der Restaurants. Ein anderer Gradmesser fehlt: Es gibt kaum Hotels. Das ist einer der Punkte, die Port d’Andratx besonders machen. Anders als in anderen mallorquinischen Küstenorten sucht man auch McDonald’s und Burger King vergebens. Und der Sandstrand im Ort muss als niedlich erachtet werden.
„Ich bin vor 50 Jahren das erste Mal in Port d’Andratx gewesen”, erinnert sich der 70-jährige Jürgen Modrow. „Damals habe ich mir gesagt, dass ich hier alt werden möchte. Rechts die Berge, links das Meer. Moderne Yachten, alte Fischerboote. Diese Mischung macht den Ort heute noch aus. Natürlich ist damals der Hügel noch nicht so stark bebaut gewesen.” Damit spricht Modrow einen Punkt an, der vielen Besuchern nicht gefällt. Immobilienexperte Rusch sieht es positiv: „Das ist jetzt das finale Bild. Mehr wird dort nicht gebaut.”
Vor knapp 22 Jahren zogen Jürgen Modrow und seine Ingrid nach S’Aracó. „Damals war Port d’Andratx noch total deutsch”, meint er und erinnert an das legendäre Restaurant „Nixe” des Wirts Peter Kroll-Vogel unweit des Hafeneingangs. „Da hat sich ganz Deutschland getroffen. Jeder kannte jeden. So eine Institution wie die ,Nixe’ gibt es heute nicht mehr.” Und auch die These, dass der Port „total deutsch” sei, lässt sich nicht mehr aufrechterhalten, wie der MM-Besuch im Ort ergab. Man hört viele deutsche Unterhaltungen, aber auch andere Sprachen. „Skandinavier, Engländer, Polen, Italiener. Es ist wesentlich internationaler geworden”, befindet Sebastian Rusch. Thomas Rath bestätigt: „Wir haben sehr viele unfassbar tolle Engländer. Solche, die auch kaufen und konsumieren.” Wobei es Rath zufolge mehr Möglichkeiten geben müsste, nicht nur gut zu essen, sondern auch zu shoppen. „Hier sitzt die Klientel, die in der Lage ist, sechs, 15 oder 20 Millionen für eine Villa auszugeben. Und die haben keine Gelegenheit, Geld auszugeben. Der Ort würde mehr Luxusboutiquen vertragen. Stattdessen gibt es unzählige Ladenlokale von Real-Estate-Unternehmen.” Tatsächlich scheint so ziemlich jeder Makler, der etwas auf sich hält, mit einer Repräsentanz in Port d’Andratx vertreten zu sein.
Die „Nixe” war in den 90er-Jahren nicht nur „total deutsch”, sondern auch ein Promitreff. Man verband den Hafen mit Namen wie Jan Hofer, Udo Lindenberg, Max Schautzer, Willi Weber, Marianne und Michael, Heino, Werner Schulze-Erdel, Sabine Christiansen und anderen. Zwar spazieren auch heute noch Promis durch den Ort, ein Paparazzi-Hotspot ist Port d’Andratx aber nicht mehr. Stark vertreten ist aber die Wirtschaftsprominenz, wie auch Ingrid Modrow in ihrer Galerie immer wieder merkt. „Leute, deren Gesicht man nicht kennt. Wenn man sich dann hinterher informiert, erfährt man, was die für einen Hintergrund haben ...”
Klar, denn wer sich in Port d’Andratx niederlässt, der hat Geld. Immobilienunternehmer Lutz Mink-ner, mit Minkner & Partner ebenfalls im Hafen vertreten, verrät: „Eine günstige Wohnung kostet 500.000 Euro, darunter ist nichts zu bekommen. Bessere Wohnungen liegen bei einer Million, Penthäuser schon mal bei drei Millionen. Häuser bekommt man für fünf Millionen, nach oben gibt es keine Grenze.” Hat Minkner eine Erklärung, warum Port d’Andratx so beliebt ist? „Es gibt nirgendwo so schöne Blicke wie dort. Man muss natürlich von oben nach unten gucken und nicht von unten nach oben.”
(aus MM 35/2018)
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