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In Palma hat sich ein Restaurant etabliert, das in vielerlei Hinsicht aus der Masse herausragt. "Fera" heißt es, und es liegt im Carrer Concepció, einer Seitengasse der Einkaufsmeile Jaime III.. Um zu verstehen, was da entstanden ist, muss man den Mann hinter dem Projekt vorstellen. Es ist der Schweizer Ivan Levy, einst Inhaber von 50 "The Body Shop"-Geschäften in seiner Heimat. Levy und seine indische Frau Sheela sind auf der halben Welt zu Hause und haben doch einen Fixpunkt gefunden: Mallorca.

Das "Fera" befindet sich in einem denkmalgeschützten Stadtpalast, der auch den altehrwürdigen Club "Circulo Mallorquín beherbergt. Es ist Restaurant und (Tapas-)Bar, sieht aber auf den ersten Blick gar nicht danach aus. Man ist versucht, hinter der Eisen-gerahmten Glastür das Büro eines Innenarchitekten zu suchen. Oder einfach ein schönes Wohnhaus. Oder doch eine Galerie?

Kein Wunder, denn das Interieur trägt die Handschrift von Sheela, deren Interior-Projekte auch in New York, Zürich oder Indien zu finden sind. Außerdem beherbergt das Restaurant eine stattliche Sammlung von Werken internationaler und mallorquinischer Künstler. "Du sollst dich wie zu Hause fühlen", umschreibt Ivan Levy das Credo. Wir treffen uns in der "Bibliothek", einem heimeligen Raum für Gesellschaften bis zu zwölf Personen.

Arbeitstitel für das Restaurant war denn auch "House", aber die Levys wollen den Mallorquinern keinen Anglizismus vorsetzen. "Das soll auch kein Ausländerrestaurant werden, Mallorquiner und Spanier müssen hier die Hauptrolle spielen", so der Hausherr.

Warum in aller Welt braucht ein so wohlhabender Kosmopolit ein Restaurant in Palma? Levy spricht von einer "Reihe von Zufällen", aber auch von einer "gewissen Logik": "Ich bin ein Einzelhändler, der Freude am Service hat, und wo kann man das mehr ausleben als in einem Restaurant?" Wobei er sich selbst einen Hang zum Perfektionismus zuschreibt: "Sobald der Vorhang aufgeht, muss alles stimmen!" Wie zum Beweis wischt er einen Soßenfleck vom Tisch, den die Kellnerin übersehen hat.

Partner im Restaurant ist ein Bruder im Geiste, denn Levy attestiert dem österreichischen Chefkoch Simon Petutschnig, der zuvor das "Quadrat" im Hotel Sant Francesc aufgebaut hatte, ebenfalls ein "absoluter Perfektionist" zu sein. Petutschnig zelebriert eine mediterran-asiatische Küche. Mittags zum Beispiel speist man à la Carte oder wählt das Drei-Gang-Menü, das alle zwei Wochen wechselt (22,90 Euro). Am Abend werden dann für 49 beziehungsweise 69 Euro raffinierte Degustations-Menüs serviert, darunter ein vegetarisches und das, das in diesen Artikel "eingestreut" ist. Die Rolle (und die Anteile) von Petutschnig im "Fera" sollen in Zukunft noch wachsen.

Denn Levy ist auch so ausreichend beschäftigt, zu einem guten Teil philantropisch. So etabliert er als Leiter einer Stiftung den "Magic Bus", eines der großen Kinderhilfsprojekte Asiens, in Myanmar. Schülern werden über Sport und Spiel grundsätzliche Fähigkeiten zum Bewältigen von Schule und Beruf vermittelt. Schon 400.000 Kinder vornehmlich in Indien haben das Programm durchlaufen - mit einer hohen Erfolgsquote. "Das ist die schönste Aufgabe", bekräftigt Ivan Levy.

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Und dann sind da noch einige andere. Er ist Vorstandsvorsitzender eines Helikopter-Unternehmens, das in Nordeuropa Shuttle zu Hochseeplattformen unterhält und Rettungseinsätze fliegt, saniert mit seiner Firma "Coco Sage" Altstadtpaläste in Palma - und produziert auf Mallorca Olivenöl, das natürlich auch im "Fera" auf den Tisch kommt.

Ivan Levy kennt Mallorca schon seit den 1970er Jahren, aber die Semiresidenz auf der Insel wurde erst im Jahre 2010 ein Thema, als ihm in Cas Concos ein "gutes Investment" angeboten wurde. Das gefiel zwar nicht, war aber die Initialzündung zu der Idee, eine "Ferienwohnung" anzuschaffen.

Die wurde dann letztlich doch etwas größer, in Form des Landguts "Son Naava" bei Montuïri, wo mittlerweile 3000 Olivenbäume nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet und 10.000 Flaschen Bio-Öl abgefüllt werden. Bald sollen es 25.000 sein. Zu 95 Prozent geht die Produktion an die Schweizer Genossenschaft Coop, der Rest an das alternative mallorquinische Unternehmen "Agromart".

Die Nachhaltigkeit spielt auch im "Fera" eine übergeordnete Rolle. Wasser kommt in wiederauffüllbaren Glasflaschen auf den Tisch, und unter den Weinen finden sich feine Tropfen aus biologischem Anbau. Etwa den preisgekrönten Demeter-Wein "Alè" von Can Feliu, den Levy exklusiv anbietet. Exklusiv? "Ja, ich habe den gesamten Restbestand aufgekauft", erklärt Levy. "Den Wein gibt es sonst nirgendwo!" Eine weitere Besonderheit: Er hat mehrere gute Weine im offenen Ausschank, nicht nur glasweise, sondern auch in der 300- und 500-Milliliter-Karaffe.

Der Multi-Unternehmer belässt es nicht beim Hochlied auf den mallorquinischen Wein, mit Hochachtung spricht er auch über Mallorca und die Mallorquiner. Er beschreibt die Insulaner gar als weltoffen. Man müsse sie nur richtig behandeln und respektieren.

"Mallorca ist ein Phänomen. Ich kann mir keinen anderen Ort vorstellen, der so viel bietet - von Infrastruktur, über Stadt bis zur Natur." Sagt einer, der sich selbst als globalen Nomaden bezeichnet. Als solcher schätzt er natürlich auch die gute Anbindung. Sein persönliches Drehkreuz in alle Welt ist seine Heimatstadt Zürich.

Mallorca ist für den Weltbürger ein Stück Heimat geworden. An dem er allerdings noch arbeiten muss: "Mein Spanisch ist katastrophal", gibt er zu. Fast schon beruhigend zu wissen, dass auch der Perfektionismus des Herrn Levy seine Grenzen hat ...

(aus MM 03/2018)