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Der Motor der Llaüt tuckert. Cosme Prohens, Ortsvorsteher von Portopetro, fährt in dem Holzboot, das seinem Vater gehörte, durch die Bucht des Küstenortes im Südosten der Insel. "Hier dreht sich das Leben rund um das Meer", sagt der junge Lehrer und blickt auf den Ort zurück. "Ohne den Hafen können wir nicht sein." Portopetro, der beschauliche Ort, gelegen zwischen der großen Schwester Cala d'Or und dem Naturpark Mondragó, hat in den vergangenen Jahren seine Einwohnerzahl fast verdoppelt. "Mittlerweile leben 1100 Menschen hier", weiß der Ortsvorsteher, vor fünf Jahren waren es 600.

"Als mein Vater sich hier niederließ, galt man noch als leicht verrückt, wenn man das ganze Jahr über in Portopetro lebte", erinnert er sich. Heute geht es im Winter noch sehr ruhig und beschaulich in dem Dorf zu. "Das muss man mögen", sagt der Ortsvorsteher: "Mir gefällt der Kontrast zwischen Sommer und Winter." Gerade in der warmen Jahreszeit entdecken immer mehr Urlauber Portopetro für sich. Zwei Hotels zählt der Ort derzeit, eine weitläufige Fünf-Sterne-Anlage und ein Haus direkt am Hafen. "Wer hier im Ort alles an Urlauber vermietet, frage ich gar nicht erst nach", sagt der Ortsvorsteher. Fast alle Arbeitsplätze drehen sich um den Tourismus oder die Gastronomie. "Doch das Dorf hat sich nicht so dem Massentourismus geöffnet wie Cala d'Or." Portopetro sei bei Familien und Paaren besonders beliebt, die das kulinarische Angebot im Hafen zu schätzen wissen. "Laute Partyurlauber gibt es hier nicht."

Auch Familie Schmidt aus dem Ruhrgebiet mag die Ruhe in Portopetro. "Wir waren vor 20 Jahren schon hier und haben immer mit dem Fahrrad eine Kaffeepause eingelegt", erinnert sich der Vater. Nach wie vor gefällt dem Senior der Küstenort sehr gut. Nun sind seine Frau, er und die beiden Töchter an die Ostküste gekommen, um der modernen Schatzsuche nachzugehen: "Hier gibt es viele Geocaching-Punkte, aber wo die liegen verraten wir nicht", sagen die Frauen.

Idyllisch säumen weiße Gebäude die Küstenlinie. Bei der Bootsfahrt durch die Bucht kommt Cosme Prohens in Plauderlaune. Er erzählt, dass fast alle Häuser in Portopetro Meerblick haben. Viele verfügen über einen eigenen Einstieg ins Wasser. Der Ortsvorsteher berichtet, dass man, wenn man ganz früh aufsteht, einen Privatstrand für sich allein reservieren kann. Die Playa Ses Pedretes am nordöstlichen Winkel der Bucht bietet nämlich nur Platz für ein Handtuch.

Im Zufahrtskanal zur Bucht wendet er seine Llaüt: "Hier steht noch der historische Wachturm auf dem Felsen", erklärt Prohens und deutet auf den viereckigen restaurierten Bau aus dem 17. Jahrhundert. "Als Schutz vor den Piraten wurde eine Kette von einer Seite des Kanals zur anderen gespannt."

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Auch heute versuchen sich die Einwohner von Portopetro zu schützen: "Das Dorf soll so authentisch bleiben, wie es ist." Einen Ausbau des Hafens lehnen die Anwohner ab. Doch der Wandel drängt. Im vergangenen Winter zählte Prohens acht Baustellen für neue Häuser. Ein leer stehendes Hotel neben der Kirche soll abgerissen werden, um Parkplätze zu schaffen. Denn die sind mittlerweile sehr rar im Ort. Seit diesem Sommer verbindet eine neue Buslinie Portopetro mit dem Flughafen. Steht dem Dorf eine ähnliche Entwicklung wie dem Nachbarort bevor? "Mit Cala d'Or können und wollen wir nicht konkurrieren." Portopetro veränderte sich mit dem Bau des Hotels Nereida 1959, 1961 wurde die Ferienanlage Club Mediterrani errichtet und 1972 der Segelclub gegründet.

"Früher hatten wir direkten Blick aufs Meer, dann wurde die Promenade umgestaltet", sagt Antònia Adrover. Sie leitet den Supermarkt am Hafen. Ihre Tochter Maria Binimelis ist mittlerweile die dritte Generation, die im Ort Lebensmittel an Nachbarn und Urlauber verkauft. Im Sommer bedienen sie vor allem die Crews der Boote, im Winter öffnet sie vier Stunden täglich für die Nachbarn.

Antònia kennt den Ort wie ihre Westentasche. "Früher gab es ja nicht mal ein Straßenschild nach Portopetro", sagt sie. Damals sprach sie mit anderen Geschäftsleuten deswegen im Rathaus von Santanyí vor, zu dessen Gemeindegebiet das Küstendorf zählt. Im Hinterzimmer hat sie zahlreiche historische Fotos des Dorfes. Auf einer Aufnahme der Kommunion der 59-Jährigen sind nur vereinzelte Häuser zu sehen, heute sind die Baulücken geschlossen.

Mittlerweile bietet der Hafen 240 Booten Platz, die meisten von ihnen Freizeityachten. Fischerboote liegen dort nur noch wenige. Zudem legen Ausflugsboote Richtung Cabrera ab. Dass im Hafen alles seinen Gang geht, dafür sorgt Bootsmann José Ramirez: "Eigentlich wäre ich schon in Rente, doch ich mache freiwillig weiter." Seit 35 Jahren arbeitet er im Hafen. "Yachten mit 25 Meter Länge hatten wir hier schon", erzählt Ramirez nicht ohne Stolz. Wer in der Bucht halt machen will, muss eine Boje reservieren, um die Seegraswiesen zu schützen. "Hier ist die Stimmung sehr familiär. Leute, die ich noch als Kinder kannte, kommen nun mit ihren Kindern nach Portopetro."

Der Stolz des Küstenortes ist ein junger Sportler. Marcus Cooper Walz holte 2016 in Rio de Janeiro Olympia-Gold im Einer-Kajak. Er trainiert im Reial Club Nàutic von Portopetro, der nun auch Coopers Namen trägt. Der 21-Jährige aus Santanyí wurde in Oxford geboren und ist auf Mallorca aufgewachsen. Sein Vater stammt aus England, die Mutter aus Deutschland. "Sein Sieg hat dem Club großen Zulauf gebracht und Portopetro Ruhm beschert", sagt Prohens.

(aus MM 25/2017)