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Was genau ist eigentlich ein solches "Chiringuito"? Diese Frage bekommen Mallorca-Residenten immer wieder gestellt. Vor allem Besucher aus Deutschland können mit dem Begriff meist wenig anfangen. "Chiringuitos" zu erklären ist jedoch mindestens genauso schwierig - ein "Chiringuito" ist eben einfach ein "Chiringuito".

Eine kleine Strandbar, manchmal aber auch ein Restaurant. Eine Bretterbude direkt auf dem Sand, in einigen Fällen aber auch ein fest einzementiertes Lokal mit großen Glasfenstern und Terrasse. In der Regel wird in einem "Chiringuito" Essen serviert, zumindest aber Getränke und Snacks. Bei dem Versuch, ein "Chiringuito" zu erklären, wird deutlich: Es handelt sich vielmehr um ein Lebensgefühl, einen Lifestyle, eine Idee. Ein Konzept, das sich nicht so einfach in Worte fassen lässt.

Ein Experte muss her. "Was ist ein 'Chiringuito'?", fragt MM den balearischen Tourismusminister Biel Barceló, der muss es ja wissen. "Das ist eine kleine Einrichtung am Strand, die den Besuchern Getränke und einfache Gerichte anbietet." Eine "Einrichtung" also. Nun gut, einen Versuch war es wert.

Einem Auswärtigen ein "Chiringuito" zu erklären ist also ziemlich unmöglich. Zumindest eine Eigenschaft aber sollten alle "Chiringuitos" aufweisen. Sie müssen direkt am Strand oder unmittelbar dahinter stehen. Eine Straße oder eine Bahnstrecke sollte nicht zwischen der Lokalität und der "Playa" verlaufen, auch ein Fahrradweg ist schon kritisch. Ansonsten wäre das "normalerweise paradiesische Umfeld mit Blick auf das Meer, in dem man eine Erfrischung oder einen Snack genießen kann" dahin, findet der Tourismusminister.

Auch der Besitzer des "Can Gavella" an der Playa de Muro, der sein Strandlokal als "Chiringuito" bezeichnet, "obwohl es gar kein richtiges 'Chiringuito' ist", wie er findet, sagt: "Es muss in jedem Fall direkt an der Playa stehen!" Seine "Einrichtung" im Norden der Insel ist vor allem für die Paella bekannt und reiht sich ein in den bunten Reigen an inselweiten "Strandlokalen", von Alcúdia über Muro und den Südosten bis nach Es Trenc, das Umland von Palma, die Südwest- und die Tramuntanaküste.

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"Wir werden überwiegend von Einheimischen frequentiert", sagt Perelló. "Gerade jetzt, bevor die Hochsaison so richtig losgeht und dann wieder ab September kommen fast nur Mallorquiner zu uns." Den Touristen gefällt es aber auch sehr gut. Sie kommen vor allem in den Monaten Juli und August. Das Konzept "Chiringuito" sei derzeit mehr in Mode denn je, glaubt der Gastronom. "Ich finde, es gibt auf der Insel noch viel zu wenige der typischen Strandlokale. Wenn ich mich sonnen gehe, dann will ich ein Chiringuito in der Nähe, in dem ich barfuß meine Paella essen kann."

Dass auch viele Deutsche die Einfachheit der Buden zu schätzen wissen, bestätigt Javier Lescano, der am Strand "Es Carnatge" bei Palma die "Handle Bar" betreibt, ein kleines "Chiringuito", an dem Cocktails und bunte Fruchtsäfte über den Tresen gehen. "Die Urlauber lieben das, alleine das viele Obst, die frischen Zutaten und natürlich die Tatsache, dass man das alles direkt am Strand zu sich nimmt. Das ist für die Nordeuropäer etwas ganz Besonderes." Dass den Spaniern ihre "Chiringuitos" ziemlich heilig sind, steht ohnehin außer Frage.

Doch einige dieser Heiligtümer sind jetzt in Gefahr. Nachdem am Es-Trenc-Strand bereits sechs "Chiringuitos" abgerissen wurden, könnten weitere folgen. Und zwar jene, die an Naturstränden stehen. Insgesamt 14 Lokale werden derzeit von der Umweltkommission der Balearen-Regierung und des Inselrats untersucht. Hintergrund ist ein Gerichtsurteil zum spanischen Küstengesetz, das fest in den Boden zementierte Lokale an Naturstränden nicht mehr zulässt. Vielmehr sollen dort nur abbaubare Buden mit einer geringen Grundfläche stehen dürfen. Aber genau das ist das Problem. Viele Mallorquiner wollen sich einen Sommer ohne Paella im Stammlokal am Strand nicht vorstellen. Auf der Insel hat sich deshalb eine breite Opposition gegen weitere mögliche Abrisse formiert. Die Budenbeschützer verweisen auf die teils Jahrzehnte alte Geschichte der Lokale, die meist eng mit der Vergangenheit der Gemeinden verknüpft ist. Man will verhindern, dass die teils fest zementierten Lokale wie in Es Trenc jenen abbaubaren Buden weichen müssen. "Das ist nämlich keine Lösung", sagt Jaime Perelló. "Wenn es keine richtige Küche gibt, dann gibt es statt Paella abgepackte Snacks. Qualität ist das nicht."

Ob "Chiringuitos" aber mit Naturstränden vereinbar sind, kommt auf die Umstände an, sagt Tourismusminister Barceló. "Solange die Buden vom Umfang und Standort her im Einklang und Respekt mit den empfindlichen Dünensystemen und der spezifischen Vegetation stehen, sollten in dieser Hinsicht keine Probleme bestehen." Leider ist das nicht bei allen der Fall. "Aber unsere Lokale sind doch selbst schon ein Teil der Küste geworden und wir sind die Ersten, die sich rund um die Buden um Sauberkeit und Umweltschutz kümmern", erklärte Gabriel Bisquerra, der ein "Chiringuito" in Camp de Mar betreibt, der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora". Viele der Einrichtungen seien zudem Lebensgrundlage für mehrere Familien.

Bis jetzt ist nicht spruchreif, ob es auf der Insel zu weiteren Abrissen kommt. Am Ende entscheidet die Politik. Der Tourismusminister ist übrigens selbst auch "Chiringuito"-Gänger. "Auch wenn ich nicht besonders viel Zeit habe, treffe ich mich jeden Sommer ein paar Mal mit Freunden in verschiedenen 'Chiringuitos', um eine Fidueà zu essen und ein Bier oder eine kalte Cola zu trinken."

(aus MM 25/2017)