Juan Pablo Escobar sprach im Trui Teatre in Palma vor 1300 Schülern und Studenten über sein Leben. Die Aufnahme entstand kurz vor seinem Auftritt. | Patricia Lozano

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Mallorca Magazin: Herr Escobar, am Kongress der Stiftung "Lo que de verdad importa" ("Was wirklich wichtig ist") hier in Palma nahmen 1300 Schüler und Studenten teil. Sie standen auf der Bühne. Was ist Ihre Botschaft an die Jugend?

Juan Pablo Escobar: Ich spreche über das Leben mit meinem Vater Pablo Escobar und warum ich nicht zu seinem Nachfolger werden wollte. Die jungen Leute auf der ganzen Welt sollen verstehen, dass sie ein Leben mit Drogen und Gewalt nicht führen müssen.

MM: Wollte Ihr Vater, dass Sie sein Drogenimperium fortführen?

Escobar: Nein, er hat mir nie gesagt, dass ich seinen Weg weiter gehen soll. Er hat mir immer geraten zu studieren, um mich weiterentwickeln zu können. Damit ich ein anderes Leben führen kann als seins. Er wollte nie, dass ich sein Erbe antrete, sondern, dass meine Schwester und ich die Chancen nutzen, die er uns durch sein Geld ermöglichen wollte.

MM: In Deutschland und in Spanien ist Pablo Escobar aufgrund der neuen Serie "Narcos", die über den Videostreamdienst Netflix zu sehen ist, gerade bei jungen Menschen wieder bekannt geworden. Wie gefällt Ihnen die Verfilmung?

Escobar: Ich habe in meinem neuen Buch ein Kapitel nur den Filmen und Serien über das Leben meines Vaters gewidmet. Sonst habe ich das Gefühl, wenn ich nicht über das Leben von Pablo Escobar schreibe, führt das zu einer Glorifizierung des Drogenhandels und der Kriminalität. Da wird ein glamouröses Leben vermittelt, das es so nie gab. Gerade junge Zuschauer denken dann, dass es cool wäre, ein Drogenhändler zu sein.

MM: Welche Auswirkungen hat die Serie "Narcos" für Sie gehabt?

Escobar: Nach dem Start der Serie habe ich unglaublich viele Nachrichten über die sozialen Netzwerke erhalten. Junge Menschen aus der ganzen Welt haben mir geschrieben: "Ich will sein wie Pablo Escobar". Mir wurden Fotos geschickt, in dem Leute sich anziehen, frisieren und sprechen wie mein Vater. Ich denke, der Einfluss solcher Verfilmungen auf die junge Generation ist schlecht. Ich hätte nie gedacht, dass das Leben meines Vaters irgendjemanden beeinflussen könnte, seinem Beispiel folgen zu wollen. Wenn jemand nach dem Lesen meiner Bücher noch wie Pablo Escobar sein möchte, dann habe ich eine schlechte Arbeit gemacht.

MM: Welche Erinnerungen haben Sie an Pablo Escobar?

Escobar: Ich habe noch viele Erinnerungen an ihn, die ich auch immer wieder aufarbeite. Das hilft mir dabei zu unterscheiden, wie er als Vater und wie er als Krimineller war. Als Vater war er der Beste. Und als Drogenbaron ... sollten wir nie vergessen, was er getan hat.

MM: Haben Sie als Junge Ihren Freunden erzählt, wer Ihr Vater ist?

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Escobar: Als Kind hatte ich nicht viele Freunde. Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder mit mir spielen, weil ich eben der Sohn von Pablo Escobar bin.

MM: Ihr Sohn ist heute vier Jahre alt. Erzählen Sie ihm, wer sein Großvater war?

Escobar: Ja, natürlich, ich erzähle ihm die ganze Geschichte. Natürlich ist er noch zu klein, um zu verstehen, was ein Drogenhändler ist. Doch ich sehe es als meine Verantwortung an, meinem Sohn solche menschlichen Werte zu vermitteln, dass er dem Beispiel seines Großvaters nicht folgen wird.

MM: Sie nennen sich mittlerweile Sebastián Marroquín. Warum?

Escobar: Ich und meine Schwester haben uns nach dem Tod unseres Vaters umbenannt. Offiziell heiße ich Juan Sebastián Marroquín Santos. Das war für unseren Schutz nötig, damit wir das Land verlassen konnten, um der Gewalt zu entkommen. In Kolumbien wollten Fluggesellschaften keine Tickets auf den Namen Escobar ausstellen. Ich konnte erst nach 14 Jahren wieder in mein Heimatland reisen.

MM: Welchen Weg wird Ihr Heimatland Kolumbien gehen?

Escobar: Kolumbien hat keine Erfahrung als friedvolles Land. Man war es dort gewöhnt, wie im Wilden Westen alle Probleme mit der Pistole zu lösen. Doch ich bin optimistisch. Das Land steht an einem Wendepunkt. Wenn man über die Vergangenheit reflektiert, wird Frieden in Kolumbien möglich sein.

MM: Sie bezeichnen sich als Pazifisten?

Escobar: Natürlich! Allerdings nicht, weil mir der Begriff so gut gefällt, sondern weil ich denke, dass Frieden in unser aller Verantwortung liegt.

Zur Person

Juan Pablo Escobar. Der 40-Jährige wurde 1977 in Medellín als ältester Sohn des Drogenbarons Pablo Escobar geboren. Nach dem Tod seines Vaters 1993 nahm Escobar aus Gründen des Personenschutzes den Namen Juan Sebastián Marroquín Santos an. Er lebt heute mit seiner Frau und seinem vierjährigen Sohn in Buenos Aires. Escobar arbeitet als Architekt. Er hat bisher zwei Bücher über seinen Vater veröffentlicht: "Pablo Escobar - Lo que mi padre nunca me contó" (2017, Pablo Escobar - Was mein Vater mir nie erzählte) und "Pablo Escobar: Mi padre" (2015, Pablo Escobar: Mein Vater). Voraussichtlich im November wird er wieder in Palma sprechen, dann im Abonnenten-Club der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora".

(aus MM 19/2017)