Heiner Schmidt in seinem Lieblingshotel in Peguera, Linda Playa. Es ist eines von zwei Betrieben, die derzeit geöffnet haben und vielen Rentnern aus Deutschland eine Bleibe bieten. Nach Schmidts Worten gibt es 90-jährige Damen, die jeden Morgen in dem Außenpool ihre Bahnen schwimmen. | as

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Heiner Schmidt wird demnächst 87 Jahre alt, aber der rüstige Rentner lässt junge Leute alt aussehen. Wie neulich etwa, als er zum Konzert in die Bodega Santa Catarina wollte. Von seinem Hotel in Peguera gelangte er mit dem öffentlichen Bus nur bis Andratx, und dort war, speziell am Neujahrstag, kein Taxi aufzutreiben. Selbst als er die Nummern der lokalen Droschkenkutscher per Handy anrief, nahm niemand ab. Doch Schmidt, alter Hamburger von der flachen Waterkant, focht das nicht an. "Dann eben zu Fuß", sagte er sich und lief die steile Strecke bis zum Weingut hinauf.

Nach zwei Stunden dort angekommen, kaufte er ein Glas Wein und schon zuckte es ihm in den Beinen. Nicht wegen der Anstrengungen, sondern wegen der Live-Musik. "Wenn sie mir gefällt, gehe ich einfach mit." Nur getanzt hat er nicht. Das sei vorbei. Seitdem seine Frau nach schwerer Krankheit 2010 starb, hat er keine Nähe mehr zum anderen Geschlecht gesucht. Neben der Erinnerung an die Gattin habe keine andere Frau Bestand. Zur Begründung fügt Schmidt an: "Ich bin noch vom alten Schlag."

Mit seiner Partnerin hatte der frühere Versicherungskaufmann 1957 sowohl die erste Auslands- als auch die erste Flugreise seines Lebens erlebt. Für 300 Mark pro Person in ein winziges Hostal in Santa Ponça. Damals war die nördliche Küste der Bucht, wo heute die riesigen Bettenbunker für die angelsächsischen Urlauber stehen, noch unbebaut und von Kiefernwäldern beschattet. Jene Reise war die Verlobungsreise des Paares, Schmidt damals 27, seine Freundin 19 Jahre alt. Ihre Mutter hatte noch schriftlich einwilligen müssen, damit die beiden die Reise antreten konnten.

Was hat das Paar damals am meisten beeindruckt? "Ganz klar, der Flug in der Propellermaschine, mit Zwischenlandung in Brüssel, dann der Blick auf die verschneiten Alpen. Da war ein Erlebnis für die damalige Zeit."

Schmidt erinnert sich an einen Ausflug nach Palma, die Landstraße von Santa Ponça in die Balearenhauptstadt war eine Sandpiste. Busse gab es keine. Nur einen Achtsitzer als Taxi, ein Daimler, schwarz. Der war im Hostal geordert worden.

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"Und ein Fischer, der am Strand seine Netze flickte, ruderte uns nach Peguera, zum Hotel Villamil." Dort verbrachte das Paar einen Nachmittag. Dann nahm der Fischer es wie versprochen um 17 Uhr im Boot wieder mit zurück nach Santa Ponça.

Seit jenem Erstbesuch hat Schmidt die Insel sechs Jahrzehnte hindurch immer wieder besucht, derzeit schaut er dreimal im Jahr vorbei. Nach den ersten Jahren in Santa Ponça zog es die Eheleute vor allem nach Cala Millor, in Sa Coma verfolgten sie das Wachsen der dortigen Siedlung, deren Grundstein 1976 gelegt wurde.

Seitdem Schmidt Witwer ist, bevorzugt er Peguera, wo er die Winter verbringt. Er nutzt eifrig Bus und Bahn sowie das kulturelle und sportliche Angebot der Gemeinde. Von Nachteil sei, dass die Anbindung an Palma in den Abend- und Nachtstunden so schlecht ist. So ist er nach einem Konzert im Auditorium auf das Taxi angewiesen. Wenn man sich das teilen kann, kein Problem. Doch den übrigen Urlaubern im Hotel seien Bus, Konzert und Taxi dann doch zu teuer.

Insgesamt aber habe sich Mallorca in den 60 Jahren sehr positiv entwickelt, findet Schmidt. Und zwar so gut, dass er bereits die nächste Reise gebucht hat. Ende Februar ist er schon wieder da.

(aus MM 2/2017)