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Wenn es mal stressig wird, hilft eine kleine Karte mit einem Engelssymbol und einem Spruch durch den Tag. Mit einer Prise En- gels-Aura aus dem kleinen Zerstäuber fühlt man sich zusätzlich gestärkt. Engel, Wesen zwischen Himmel und Erde, in der christlichen Tradition verankert, aber auch im Judentum und in nicht-christlichen Glaubensrichtungen bekannt, haben es Ursula Kretschmer angetan. Schon immer.

Die Putten mit den Flügelchen mögen manche kitschig finden, Kretschmer liebt die beflügelten Wesen und nutzt ihre Energien, die "immer unterstützend sind, um zu uns selbst zu finden und das eigene Potenzial zu nutzen", wie die 45-Jährige aus Stuttgart erklärt. Ihre Begeisterung erklärt sie so: "Ich fand es immer sehr schön, dass es da noch mehr gibt zwischen Himmel und Erde."

Irdisches mit Himmlischem vermischen. Energie mit Bodenständigkeit kombinieren. Ehemalige Brotstube und Meditationsraum. Ursula Kretschmer hat einen wunderschönen Raum in einer ehemaligen Bäckerei im alten Teil von Calvià geschaffen, in dem sie Malkurse für Kinder und Erwachsene, Meditationen und spirituelle Beratung anbietet.

Die langen Holzschieber, mit denen die heißen Brote aus dem Ofen geholt wurden, hängen dekorativ an der weißgetünchten Wand. In der gusseisernen Teigknetmaschine ruhen Meditationskissen. Kraft mit Ruhe vereinen, das ist das Anliegen von Ursula Kretschmer.

Die ehemalige Schwäbin lebt seit einer gefühlten Ewigkeit auf Mallorca. Um genau zu sein: Es sind 26 Jahre. Ein Urlaub mit dem Vater als damals 19-Jährige, ein Flirt mit einem Mallorquiner, aus dem mehr wurde. So viel, dass sie Mallorca zu ihrer neuen Heimat machte.

Inzwischen träumt sie auf Spanisch und spricht Mallorquín und Spanisch akzentfrei. Die dreifache Mutter hat schon viel ausprobiert, aber erst in den letzten Jahren die Zeit gefunden, das zu tun, was ihr wirklich liegt und Freude macht. Seit zirka drei Jahren widmet sie sich intensiv dem Malen, intuitivem Malen, bei dem es nicht darauf ankommt, gut oder besonders schön zu malen, sondern durch das Malen Entspannung und Zentrierung zu finden. Auch hier ist sie kreativ und nutzt moderne Technologien. Wer sich in den eigenen vier Wänden wohler fühlt, den begleitet sie per Skype. Mit der Kamera zugeschaltet, kann man daheim entspannt den Pinsel oder Buntstift kreisen lassen, mit digitaler Begleitung aus Calvià.

Die schlanke Frau möchte das, was sie tut, in keine Schublade gesteckt wissen. Auch die Meditation möchte sie am liebsten entmystifizieren. "Die Erleuchtung kommt dann schon, wenn sie kommen soll." Es geht ihr vor allem darum, Entspannung in den Alltag einzubauen.

Die Engel spielen dabei eher eine Nebenrolle. "Es kann schon sein, dass ich in die Meditation mal eine Engelskomponente einbaue", sagt sie. Jedem Engel wird eine bestimmte Farbe zugeordnet, dem Erzengel Michael zum Beispiel die Farbe Blau. Bei der Meditation stellt man sich dann diese Farbe vor.

Mit Religion haben die Engelsenergien für sie nichts zu tun. Auch sehen könne sie sie nicht, wie manch anderer, der sich mit den himmlischen Wesen verbunden fühlt, aber sie spüre eine Energie. "Mit Worten kann man das nicht beschreiben", sagt sie. Dass alteingesessene Mallorquiner aus dem Ort sie etwas "verrückt" finden mit ihren Aktivitäten, stört sie nicht.

Ihre Engelsbegeisterung lebt die sympathische Frau nicht nur spirituell aus. Ein kleiner Keramikengel mit weißen Flügeln und prallem Bäuchlein wacht über dem Spekulatiusgebäck, während im Hintergrund Meditationsmusik erklingt und Kerzen die Steinwände leicht bestrahlen.

Die MM-Reporterin ist neugierig geworden, welche Engelsenergie für sie zuträglich sein könnte. "Zieh eine Karte, es wird intuitiv die richtige sein", rät Ursula Kretschmer. Der Spruch auf der Karte passt wie die Faust aufs Auge. Der Versuchung, sich mit einem Hauch von Engels-Aura einzusprühen, kann sie gerade noch widerstehen.

(aus MM 51/2014)