Cala Agulla: Im Hochsommeer herrscht Hochbetrieb, im Septemer kehrt etwas Ruhe ein.

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Buntes Plastik bestimmt das Bild im Carrer de l'Agulla. Das Sträßchen im alten Ortskern von Cala Rajada im Nordosten von Mallorca verbindet den Hafen mit dem Strand von Cala Agulla. Und der ist bei den Touristen besonders beliebt. Bewaffnet mit allerlei Gummi-Getier und Luftmatratzen machen sich in der Hochsaison ganze Heerscharen von Strandpilgern - meist unter 25-jährige Deutsche - auf den Weg zur Playa.

Beliebter Zwischenstopp auf dem immerhin gut einen Kilometer langen Fußmarsch ist Heidis Schnitzelhütte. "Nach einer gewissen Zeit im Ausland sehnen sich viele Touristen hier nach zünftigem Essen", sagt Jürgen Lanker, der das Lokal betreibt. "Zurzeit gehen hier ganze Wagenladungen Schnitzel über den Tresen." Und Deutsche gibt es in Cala Rajada mehr als genug: "85 Prozent aller Besucher bei uns kommen aus Deutschland", sagt Carmen Riera, Tourismusbeauftragte der Gemeinde Capdepera, zu der Cala Rajada gehört. "Vor allem Jugendliche kommen hierher. Jugendliche auf der Suche nach Party und Spaß."

"Leider kommt es immer wieder zu Alkoholexzessen und Ruhestörungen", so Riera. "Oft beschweren sich die Anwohner über grölende Touristen." Aber die Probleme seien zum Großteil hausgemacht, sagt sie. "Solange die Hotels genau diese Klientel mit Billigangeboten nach Cala Rajada locken, brauchen wir uns nicht wundern." Aber wer genau ist die Klientel?

Mit ein Paar Flaschen Bier bewaffnet schlendern Malte, Gerson, Simon und Niels, alle Anfang 20 und aus Oldenburg, am Hafen entlang. "Wir wollten es nicht ganz so heftig wie an der Playa de Palma", erzählen sie, "aber ein bisschen abgehen wollen wir schon. Deshalb haben wir uns Cala Rajada ausgesucht." Ein bisschen "abgehen" schön und gut, aber manch einem geht das zu weit.

Künstler Frank Krüger hat seit Jahren eine Galerie in dem Ort, in erster Meereslinie. Er wünscht sich oft das alte Cala Rajada zurück: "Viele der Touristen lassen Moral und Anstand vermissen. Es geht doch nur noch ums Trinken. Und die Bars locken mit Angeboten wie: 1,5 Liter-Cocktails für sechs Euro." Und tatsächlich. In der Hauptstraße, die Cala Rajada von West nach Ost durchzieht, finden sich viele Läden, die den großen Disco-Clubs an der Playa de Palma gleichen, wenn auch in abgespeckter Version. Egal ob "Bierbrunnen" oder "König Döner", hier findet sich alles, was das deutsche Partyherz begehrt.

"Immerhin fast zwei Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr Cala Rajada besucht", so Carmen Riera. Um langsam eine Abkehr vom Partytourismus zu schaffen, hat sich die Gemeinde etwas einfallen lassen und wird den gesamten Monat September besonders günstige Sport- und Freizeitangebote wie Radtouren oder Wanderungen im Programm haben. Denn gerade jetzt zur Hochsaison zählt auch in Cala Rajada vor allem eines: Party.

Am Strand von Cala Agulla reiht sich ein bunter Sonnenschirm an den anderen. Kaum ein Grüppchen, dass keine alkoholischen Getränke dabei hat. Aus dem Chiringuito klingt laute Musik. Am späten Nachmittag machen sich die Jugendlichen auf den Weg zurück ins Zentrum, in eines der vielen Hotels. Einigen fällt zu diesem Zeitpunkt der aufrechte Gang bereits schwer. Ein junger Mann im Muskelshirt und mit verspiegelter Brille sagt zu seinem Kollegen: "Cala Rajada ist schon unnormal geil."

(aus MM 34/2014)