Buntes Plastik bestimmt das Bild im Carrer de l'Agulla. Das Sträßchen im alten Ortskern von Cala Rajada im Nordosten von Mallorca verbindet den Hafen mit dem Strand von Cala Agulla. Und der ist bei den Touristen besonders beliebt. Bewaffnet mit allerlei Gummi-Getier und Luftmatratzen machen sich in der Hochsaison ganze Heerscharen von Strandpilgern - meist unter 25-jährige Deutsche - auf den Weg zur Playa.
Beliebter Zwischenstopp auf dem immerhin gut einen Kilometer langen Fußmarsch ist Heidis Schnitzelhütte. "Nach einer gewissen Zeit im Ausland sehnen sich viele Touristen hier nach zünftigem Essen", sagt Jürgen Lanker, der das Lokal betreibt. "Zurzeit gehen hier ganze Wagenladungen Schnitzel über den Tresen." Und Deutsche gibt es in Cala Rajada mehr als genug: "85 Prozent aller Besucher bei uns kommen aus Deutschland", sagt Carmen Riera, Tourismusbeauftragte der Gemeinde Capdepera, zu der Cala Rajada gehört. "Vor allem Jugendliche kommen hierher. Jugendliche auf der Suche nach Party und Spaß."
"Leider kommt es immer wieder zu Alkoholexzessen und Ruhestörungen", so Riera. "Oft beschweren sich die Anwohner über grölende Touristen." Aber die Probleme seien zum Großteil hausgemacht, sagt sie. "Solange die Hotels genau diese Klientel mit Billigangeboten nach Cala Rajada locken, brauchen wir uns nicht wundern." Aber wer genau ist die Klientel?
Mit ein Paar Flaschen Bier bewaffnet schlendern Malte, Gerson, Simon und Niels, alle Anfang 20 und aus Oldenburg, am Hafen entlang. "Wir wollten es nicht ganz so heftig wie an der Playa de Palma", erzählen sie, "aber ein bisschen abgehen wollen wir schon. Deshalb haben wir uns Cala Rajada ausgesucht." Ein bisschen "abgehen" schön und gut, aber manch einem geht das zu weit.
Künstler Frank Krüger hat seit Jahren eine Galerie in dem Ort, in erster Meereslinie. Er wünscht sich oft das alte Cala Rajada zurück: "Viele der Touristen lassen Moral und Anstand vermissen. Es geht doch nur noch ums Trinken. Und die Bars locken mit Angeboten wie: 1,5 Liter-Cocktails für sechs Euro." Und tatsächlich. In der Hauptstraße, die Cala Rajada von West nach Ost durchzieht, finden sich viele Läden, die den großen Disco-Clubs an der Playa de Palma gleichen, wenn auch in abgespeckter Version. Egal ob "Bierbrunnen" oder "König Döner", hier findet sich alles, was das deutsche Partyherz begehrt.
"Immerhin fast zwei Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr Cala Rajada besucht", so Carmen Riera. Um langsam eine Abkehr vom Partytourismus zu schaffen, hat sich die Gemeinde etwas einfallen lassen und wird den gesamten Monat September besonders günstige Sport- und Freizeitangebote wie Radtouren oder Wanderungen im Programm haben. Denn gerade jetzt zur Hochsaison zählt auch in Cala Rajada vor allem eines: Party.
Am Strand von Cala Agulla reiht sich ein bunter Sonnenschirm an den anderen. Kaum ein Grüppchen, dass keine alkoholischen Getränke dabei hat. Aus dem Chiringuito klingt laute Musik. Am späten Nachmittag machen sich die Jugendlichen auf den Weg zurück ins Zentrum, in eines der vielen Hotels. Einigen fällt zu diesem Zeitpunkt der aufrechte Gang bereits schwer. Ein junger Mann im Muskelshirt und mit verspiegelter Brille sagt zu seinem Kollegen: "Cala Rajada ist schon unnormal geil."
(aus MM 34/2014)
6 Kommentare
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ich kann der Aussage von meinen Vorgängern nur beipflichten. Allein der Flyer Benimmregeln stellt der Gemeinde und den Umgang mit dem Tourismus ein Armutszeugnis aus, leider noch von meinen Steuergeldern finanziert.... All-Inclusive Urlauber buchen keine Wandertouren oder Fahradtouren, die Touristen die Geld bringen sind die, die die Appartements und Fincas mieten und das wird versucht zu verhindern bzw. zu erschwert... Die gehobenen Einkaufsläden weichen Billigläden mit Ramschware aus Fernost.... An den Eingängen der Discos findet schon längst keine Auswahl der Gäste mehr statt, Hauptsache Masse statt Klasse wird mit vollen Gläsern über die Tanzfläche getorkelt....Auch ich beobachte die negative Entwicklung seit vielen Jahren, hier ist die Gemeinde gefordert mit den ortsansässigen Unternehmen und Reiseveranstaltern sowie viel viel Fingerspitzengefühl die Zukunft positiv zu gestalten sonst passiert eins: Die Touristen bleiben aus und das wäre der Tod für CR!
die damen von der tourismusinformation sind alle sehr nett und bemüht, aber leider völlig naiv und inkompetent (siehe flyer: benimmregeln!). man bietet z.b. im rahmen der tourismusaktion eine wanderung zu einem wachturm auf einen berg an, bei 30 grad mittagshitze! schön, dass das problem "sauftourismus" erkannt wurde, aber die maßnahmen dagegen erfolgen viel zu spät. "das kind" ist bereits in den brunnen gefallen und es zu retten wird schwer! es gibt in cr einfach KEINE zusammenarbeit vom rathaus, reiseveranstaltern und bars/discos! im gastronomiebereich (bars/discos/restaurants) herrscht neid und missgunst. jeder "kocht sein süppchen" und versucht die melkkuh tourist auszunehmen, da die saison kurz ist. es gibt bars, die sind in der hochsaison leer, weil der ort von den jugendlichen sauftouristen beherrscht wird. man gibt sich auch wenig mühe qualität in das nachtleben zu bringen, die musik (in den bars/discos) ist grösstenteils grauenvoll und die getränke (cocktails) oft minderer qualität. dann gibt es noch blinden aktionismus der polizei, z.b. wenn in einer schönen bar samstagnacht draussen softe housemusic von einem dj aufgelegt wird und die polizei punkt 24 uhr neben den dj steht, um ihm zu sagen er müsse doch aufhören! die gleichung: billighotels/hostals = laute sauftouristen, teure hotels = "brave" touristen stimmt leider nicht! auch ü30-touristen in vier sterne hotels tragen zu dem negativen image des ortes bei, wenn sie tagsüber an der cala agulla ihre trinkspiele veranstalten und nachts durch die strassen torkeln. es muss sich einiges ändern in cr, aber mit einem feuerwerk, wie jetzt ende september (das letzte im sommer kam angeblich 25.000 euro!), wird man die "bösen geister, die man rief" nicht vertreiben können!
Dem Kommentar von flodi kann ich nur beipflichten. Ich meide CR seit längerem schon im Juli/August und nach 5 Jahren hintereinander zu Pfingsten werde ich wohl 2015 nicht hinfahren. Schade, aber die Spackos haben gewonnen...
Solange es den "Supermärkten" erlaubt ist Alkohol billiger als alkoholfreie Getränke zu verkaufen, wird sich das Negativ-Image von CR nicht ändern. Es ist schon sehr schade, aber von den Profiteuren des Alkoholtourismus so gewollt.
Leider, leider, jedes Jahr wird es eigentlich immer schlimmer und diese "Menschen" kennen keine Grenzen bzw. schießen dauernd darüber hinaus. Ob sie sich mit ihrer Sauferei in Deutschland auch so benehmen? Jedenfalls war es vor 10 Jahren in Cala Ratjada angenehmer, Urlaub zu machen!
Zum GLÜCK wird alles teurer u diese Art an turis brauch die Insel nicht......Auch wenn es zum Nachteil für unsere Geldbörse ist.