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Der deutsch-amerikanische Schlagersänger Bill Ramsey landete 1959 mit seinem Song "Souvenirs, Souvenirs" einen großen Hit, in dem er sich auf ironische Weise mit dem Wesen der "Mitbringsel und Erinnerungsstücke" auseinandersetzt. Das ist nun über 50 Jahre her. Auf Mallorca sieht man immer noch an allen Ecken und Enden Stände und Läden, mal kleine, mal größere, die allerlei kleine Staubfänger verkaufen. Ist das heute noch zeitgemäß? Und wenn ja, wer kauft die Produkte?

Antonia Julia handelt seit 45 Jahren mit Souvenirs an der Playa de Palma, der Partyhochburg Mallorcas. Niemand kennt die "Szene" besser als sie. In ihrem Geschäft hat sie alles, was der Markt bietet. Von den klassischen "Sevillana-Puppen" über Armbänder, Töpferwaren, Olivenholzprodukte und Metallkunst bis hin zu allem, was der gemeine Ballermann-Tourist mag: T-Shirts mit Slogans wie: "What happens on Mallorca, stays on Mallorca", anstößige Spielzeuge, Bälle, Hüte, und so weiter.

Auf die Frage, welche Souvenirs sie am häufigsten verkaufe, fängt Julia an zu lachen und sagt: "Die Frage ist falsch gestellt, es muss nicht heißen, welche Souvenirs ich am häufigsten verkaufe, sondern eher, welche ich überhaupt verkaufe."

Der Markt, sagt sie, liegt völlig brach. "Bis vor drei, vier Jahren lief das Geschäft noch gut. Ich weiß nicht, ob es an der Wirtschaftskrise liegt oder an unseren Produkten, aber seitdem kauft fast niemand mehr bei uns ein." Früher, so Antonia, haben auch junge Menschen noch gerne Souvenirs erstanden. "Junge Paare wollten Erinnerungsstücke von ihrem Liebesurlaub, die sie sich zu Hause ins Regal stellten und die sie an ein Paar schöne Tage am Meer denken ließen. Heute ist das doch völlig out."

Welche Art von Produkten verkauft werden, sei besonders saisonabhängig. Im Frühjahr und im Herbst, wenn überwiegend ältere Menschen Urlaub an der Playa machen, verkaufen sich die traditionellen Souvenirs noch gut. "Ältere Leute mögen noch die klassische Ware", so Antonia. Töpfergeschirr, Sevillana-Puppen und vor allem Deko-Artikel aus Metall für den Garten. "Ihnen genügt es, sich schöne Dinge anzusehen, jungen Menschen reicht das nicht. Sie wollen unbedingt personifizierte Artikel wie T-Shirts oder Armbänder. Aber auch das eben nur ganz vereinzelt."

Zwar erkennt Antonia das Problem. Ideen, wie man es lösen könnte, hat aber auch sie nicht. Einen Weg aus der Souvenir-Krise versucht eine Boutique in Peguera zu gehen. Kristina Zeravica, die junge Verkäuferin, erklärt: "Wir fahren ein gänzlich anderes Konzept. Nur noch handgemachte Qualitätsprodukte und keinen Ramsch." T-Shirts und bunten Plastikkram sucht man vergebens. Und das Geschäft laufe gut. "Die Deutschen", so Kristina, "lieben die Produkte. Vor allem unsere Salze, Öle und Küchenutensilien." Das Ladeninnere wirkt aufgeräumt und einheitlich; das scheint Touristen anzuziehen. Auch die Politik hat dies erkannt. Die Gemeinde Calvià hat einen "Ratgeber für Souvenirläden" erarbeitet, nachdem Hoteliers sich über das Ramsch-Image vieler Geschäfte in den Touristenorten der Gemeinde beschwert hatten.

Auch Antonia begrüßt diese Idee, denn mit vielen Produkten, die sie verkauft, ist sie selbst nicht zufrieden. Auch sie hat erkannt: Das Motto der meisten Souvenirläden, "Quantität statt Qualität", hat offenbar ausgedient.

Bill Ramsey hat in seinem Lied über die Souvenirs gesungen: "Souvenirs, Souvenirs einer großen Zeit sind die bunten Träume uns'rer Einsamkeit." Vielleicht kauft deshalb niemand mehr die Andenken. Einsam möchte ja nun wirklich keiner sein.

(aus MM 25/2014)