Wolfgang Löhnert: Ich bin auf Ludwig Salvator auf der Ionischen Insel Zakynthos aufmerksam geworden, wo ich seit 1993 das Kreativurlaubsprojekt "Sommerakademie Griechenland" betreibe. Mir wurde erzählt, dass ein österreichischer Erzherzog 1904 unter dem Titel "Zante" (Anm.: alter italienischer Name von Zakynthos) das wichtigste Buch über die Insel verfasst habe. Darin habe er buchstäblich alles, was damals kreuchte und fleuchte, dokumentiert.
MM: Sie sind Präsident der Ludwig-Salvator-Gesellschaft in Wien. Was ist Ziel und Zweck dieser Vereinigung?
Löhnert: Ludwig Salvator war und ist in Österreich einer breiteren Öffentlichkeit nicht bekannt. Ziel meiner Aktivitäten war und ist, zu zeigen, dass er der bedeutendste österreichische Mittelmeerforscher war. Ich habe mich mit der LSG von Anfang an auf das Medium Internet konzentriert und ihm eine Homepage gewidmet. Kernstück ist eine online-Bibliothek. Die Mittel der Gesellschaft sind Vorträge, Medienarbeit, ein kleines innovatives Pop-up-Museum, Präsenz in den sozialen Medien, die "Reiseakademie Ludwig Salvator" und die wissenschaftliche Erforschung seiner Person und seines Werks.
MM: Warum müssen wir Ludwig Salvator ein Erinnerungsjahr widmen?
Löhnert: Ludwig Salvators Thema war das Mittelmeer, seine Natur und Kulturen. Es ist absurd, dass jährlich Tausende Touristen nach Valldemossa pilgern, nur weil Chopin dort einmal einen trostlosen Winter verbracht und einige Musikstücke auf einem verstimmten Klavier komponiert hat. Ludwig Salvator hat Jahrzehnte seines Lebens dort verbracht, die Einzigartigkeit der Insel durch die Anlage eines privaten, aber öffentlich zugänglichen "Nationalparks" bewahrt, die Insel in einer bis heute unerreichten Form dokumentiert; zudem die Aufmerksamkeit des aufkeimenden Tourismus auf die Balearen gelenkt. Das, was primär zu interessieren scheint, ist sein Sexualleben.
MM: Koordiniert die Ludwig-Salvator-Gesellschaft auch Pläne in anderen Ländern seines Wirkens, etwa in Griechenland?
Löhnert: Wir versuchen das, aber es ist sehr mühsam. In Griechenland gibt es von öffentlicher Seite jetzt grundsätzlich kein Geld und das Interesse ist auch sehr verhalten, wenn sich die Verantwortlichen damit nichts in die Tasche stecken oder sich mit Ruhm bekleckern können.
MM: Halten Sie die Pläne für eine Ausstellung über Ludwig Salvator auf Mallorca für realistisch und wo könnte sie stattfinden?
Löhnert: Eine gute Ausstellung braucht einen guten Ort, ein gutes Konzept, einen professionellen Kurator und ... zwei Jahre Vorbereitung. So gesehen glaube ich nicht an eine Ausstellung, die sich Ludwig Salvator nach 100 Jahren verdient hätte. Ich habe gehört, dass die Balearen-Regierung nunmehr ein Budget von 300.000 Euro für die Feierlichkeiten 2015 zur Verfügung gestellt hat. Dieses Geld hätte ich gerne zeitgerecht gehabt, um auf Mallorca ein nachhaltiges und sinnvolles Dauer-Projekt zu implementieren.
MM: Sie haben sich für die Digitalisierung der Werke von Ludwig Salvator stark gemacht. Wie weit ist das Projekt gediehen?
Löhnert: Die Digitalisierung ist zu 90 Prozent abgeschlossen und umfasst auch die seltensten Werke, die auch in Bibliotheken kaum zu finden sind. 2015 wollen wir alles digitalisiert haben. Zudem werden auch pdf-Versionen kostenlos zum bequemen Download für Tablets zur Verfügung gestellt.
MM: Sie selbst sammeln Werke von Ludwig Salvator. Wie sieht Ihre Sammlung aus?
Löhnert: Sie ist sehr umfangreich. Aber Sammeln war für mich nie Selbstzweck. Die Bücher sollen nicht in den Regalen stehen, sondern von den Menschen zu ihrem eigenen Vorteil gelesen und deren "Spirit" erfasst werden.
MM: Eine der wichtigsten Aktivitäten - nicht nur im Erinnerungsjahr - sind die Reisen der Sommerakademie Ludwig Salvator. Was wird dort geboten, wer nimmt daran teil?
Löhnert: Auch dieses Jahr wird es wieder die "Reiseakademie LS" in Miramar geben. Wir bleiben bei einer kleinen, aber feinen Gruppengröße. Geboten werden bis zu sechs Aktivitäten pro Tag. Malerei, Zeichnung, Schreiben, naturwissenschaftliche und mit vielen historischen Informationen geführte Salvator-Wanderungen, spanische Musik und Eintauchen in die Kultur Mallorcas.
MM: Wie sehen Sie die Bedeutung des österreichischen Erzherzogs für das 21. Jahrhundert?
Löhnert: Die ist gewaltig. Es gibt nahezu kein wichtiges aktuelles Thema, zu dem er nicht Stellung beziehen könnte: das Migrationsdrama, die Sichtweise auf die arabische Welt, die Vermüllung des Meeres, der Umgang mit der Natur, die Bildungspolitik, Ökologie und Tourismus, Identität und Tourismus, Erfolg durch qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produkte, Tier- und Artenschutz, die Vielfalt der mittelmeerischen Ethnien und Nachteile der Globalisierung, et cetera. Und vor allem: Mensch, nimm dich weniger wichtig und übe dich in Demut gegenüber dem Planeten, auf dem du nur eine kurze Episode bist.
Mit Wolfgang Löhnert sprach Gabriele Kunze.
(aus MM 25/2014)
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