Es gibt sicher nicht wenige Männer auf dieser Welt, die wenigstens einmal in ihrem Leben in Marilyn Monroe "die" Traumfrau erblickt haben - und sei es auch nur für eine Nacht. Die Hollywood-Ikone des blonden Sex ist schon seit über einem halben Jahrhundert tot. Geblieben sind ihr Ruhm, das Rätsel um den möglicherweise unfreiwilligen Tod und die mittlerweile reichlich klamottig wirkenden Spielfilme.
Kaum bekannt ist hingegen, dass die Diva der 1950er-Jahre-Liebeskomödien eine Reihe von (Film-)Autos besessen hat. Neben dem rosafarbenen Ford Thunderbird ist das etwa der weiße Cadillac Imperial Palace aus "Misfits", der noch heute in einem Museum in den USA ausgestellt ist.
Auf Mallorca ist seit wenigen Wochen ein himmelblauer französischer Delage unterwegs, der ebenfalls aus dem Besitz der Hollywood-Queen stammen soll. Das sagt zumindest Ewald Rehberger, einer der renommiertesten Oldtimer-Mechaniker aus Deutschland. Rehberger, der in Eching bei München einen Fachbetrieb für historische Fahrzeuge betreibt, pflegt und wartet den Delage Typ "D6.60" seit 1991.
Der Werkstattmeister war damals mit nach Neuseeland geflogen, im Auftrag eines betuchten Kunden, der vorhatte, den Wagen bei einer Christie's-Auktion zu ersteigern. Dort wurde das Fahrzeug aus dem Besitz von Marilyn Monroe angepriesen, im Fahrzeug befand sich auch ein Nerzjäckchen der Schauspielerin. Rehberger überprüfte das Fahrzeug auf seine technische Originalität und Fahrtüchtigkeit. Als sein Urteil zufriedenstellend ausfiel - "der Zustand war sehr gut" - , behielt der deutsche Bieter die Hand als Letzter in der Höhe.
Der Delage mit Erstzulassung 1. Juli 1936 kam bald darauf nach Stade bei Hamburg und wurde dort von seinem Besitzer für Landpartien benutzt. Jetzt befindet sich das Auto, das nach wie vor seine Erstlackierung trägt, im Besitz der Erbengeneration. Sie hat den Delage nach Mallorca transferieren lassen, wo sich Fahrten mit offenem Wagen im Sonnenschein besser genießen lassen.
Wunderbar glatt und sinnlich fühlt sich die kurvig geformte Karosserie des Delage an. Die Autositze im dunkelblauen Originalleder sind geschmeidig, weich und großzügig, fast wie ein Bett.
Rehberger startet den Sechs-Zylinder-Motor, ein fetter, tiefer Klang ist zu hören, deutlich kräftiger, als es einem alten Mädchen zuzutrauen wäre. "Der Sound kommt vom Luftfiltereinlass her", erklärt Rehberger, ganz Mechaniker, und legt den Gang ein. Mit 56 PS geht es los in Richtung Randa, den Berg hinauf zum Dorf. "Ein sehr gutes Drehmoment, der Wagen nimmt locker jede Steigung", schwärmt Rehberger, während das Fahrgefühl im Wagen von Marilyn sich am ehesten mit "wie auf einer Wolke schweben" beschreiben lässt. Ein Ausflug, der wie im Fluge vergeht.
Das Wertgutachten der Versicherung taxiert den Wagen auf 220.000 Euro. Da macht es nichts, dass der Delage, das genaue Baujahr konnte nicht ermittelt werden, auf 100 Kilometer 16 bis 18 Liter Benzin verbraucht. Bergab steht die Tachonadel auf zulässigen 90 Stundenkilometern. "Der Wagen schafft locker Tempo 140 bis 160", beteuert Rehberger.
Mallorca ist mit dem Delage um einen Prachtwagen reicher. Die Anzahl der historischen Autos, die Fans, Sammler und wohlhabende Eigentümer auf ihren Privatfincas in weitläufigen Garagen und Hallen stehen haben, schätzt Rehberger auf 2000. Gut ein Zehntel dieser Fahrzeuge werden regelmäßig von ihm gewartet.
Der internationale Oldtimer-Markt boomt, sagt der Insider. Denn aufgrund von Wirtschaftskrise und niedrigen Zinsen investiert die betuchte Klientel in attraktive Fahrzeuge, die zum Teil Millionen Euro kosten. "Seit 2009 hat der Wertzuwachs bei Autos aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg um 58 Prozent zugelegt."
(aus MM 21/2014)
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