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Can Pastilla könnte viel sein: Surferparadies, Nobelbadeort oder Partymeile in Sichtweite des Ballermanns. Doch Palmas Vorort fehlt es dazu an einigen Dingen: den ganz großen Wellen, den richtig edlen Hotels und den wirklich angesagten Clubs.

Im Sommer kommen viele Touristen aus Osteuropa, und zwar diejenigen, die nicht unbedingt die Edelherbergen suchen. Einige Reiseveranstalter aus Tschechien oder Polen haben Verträge mit den örtlichen Drei-Sterne-Hotels abgeschlossen.

Im Winter kommen vor allem die spanischen Rentner mit den staatlich geförderten Reiseprogrammen. Auch die bringen keine prall gefüllten Reisekassen mit, dementsprechend ist das Angebot vor Ort: viele Andenkenläden, einfache Cafés und Bäckereien.

Und Surfer sind auch da, die ein oder andere Kneipe verbreitet daher sogar ein bisschen Beachboy-Feeling. An guten, das heißt windigen Tagen ist die Bucht vor Can Pastilla schwarz vor lauter Neopren-Anzügen, deren Träger auf ihren Brettern sitzen und auf die richtige Welle warten.

"Ich mag den Winter, dann ist es nicht ganz so voll im Ort", sagt die Deutsche Nina Schröder. Die 34-Jährige lebt seit acht Jahren mit ihrem mallorquinischen Mann Pere in Cala Estància, einem Ortsteil von Can Pastilla. Dort bewohnen sie eine Erdgeschosswohnung mit Innenhof. Die Nähe zu Palma war ausschlaggebend für Nina Schröder, die in einer Anwaltskanzlei arbeitet, und Pere, ein Filmproduzent, der unter anderem für den Regionalsender IB3 Reportagen dreht.

"Die Kinder lieben es, am Strand zu sein oder Fahrrad zu fahren", sagt Nina. "In einer Minute am Meer zu sein, 50 Meter vor der Haustür ins Meer unweit des Puro Beach zu springen, das ist Luxus. Dort ist es wunderbar sauber und im Sommer nicht so überlaufen wie in der Cala Estància nebenan", sagt Nina Schröder. Touristen hört sie, wenn überhaupt, mal aus der Bar im benachbarten Hotel.

Da fällt auch der Fluglärm des nahe gelegenen Airports nicht ins Gewicht. "Die ersten zwei Wochen hat mich das genervt, danach habe ich es nicht mehr gehört. In unserer Familie stört sich niemand daran, keines meiner Kinder würde deswegen aus dem Schlaf hochschrecken."

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Can Pastilla liegt nicht nur in unmittelbarer Nähe des Flughafens, sondern auch am Anfang - oder am Ende - der "Balnearios", der durchnummerierten Strandbars an der Playa de Palma, je nachdem, von wo aus man den berühmten, rund drei Kilometer langen Strandabschnitt betrachtet.

Can Pastilla sollte der erste Ort werden, der im Zuge der milliardenschweren Erneuerung der Playa de Palma ein neues Gesicht bekommt. Doch daraus wurde nichts. Proteste der Bürger gegen den Abriss von 91 Wohnungen und leere Staatskasten verhinderten den Umbau. So wird es jetzt die Light-Version einer Reform geben, mit einer erneuerten Promenade und mehr Grünflächen. Umzubauen gäbe es dabei viel.

Die Gebäude rund um die Kirche und den Platz im Ortskern stammen zum Teil aus den 20er Jahren. Eine kürzlich in Auftrag gegebene Studie hat gezeigt, dass 1000 von 2840 Wohnungen in Can Pastilla leer stehen. Die Bausubstanz im Ort ist sichtbar verfallen. "Ich staune aber immer noch über die Preise, die hier aufgerufen werden. Eine renovierungsbedürftige Parterrewohnung in vorderster Linie, 90 Quadratmeter, soll 320.000 Euro kosten. Ein Schnäppchen soll das sein, weil es vorher 350.000 Euro gekostet habe", sagt Nina Schröder.

Sie selbst ist froh, vor acht Jahren ein echtes Schnäppchen gemacht zu haben. Für sie und ihre Familie ist Can Pastilla ein Zuhause geworden. Vor zehn Jahren kam sie zum Studieren vorübergehend nach Mallorca, wegen der Liebe kehrte sie dann zwei Jahre später noch einmal auf die Insel zurück und blieb.

Um in der Nähe der Schwiegermutter zu sein, zog sie mit ihrem Mann Pere nach Can Pastilla und wunderte sich über die jungen Familien, die während der Sommerferien für drei Monate in der Nachbarschaft wohnten, dann aber wieder nach Palma gingen. "Die haben in Can Pastilla nur ihre Sommerwohnung", sagt sie. Jeden Tag die 15 Minuten mit dem Auto ins Zentrum zu fahren, das wäre für einen Palmesaner undenkbar. Ein Stadtteil von Palma ist Can Pastilla für die echten Städter eben doch nicht.

INFOS

Can Pastilla entstand zwischen 1920 und 1925. Es liegt zwischen Coll d'en Rabassa, Flughafen und Las Maravillas. In der Kirche San Antoni finden auch Deutsche Gottesdienste statt. Die letzte Zählung vor vier Jahren ergab 5400 Einwohner. Im Ort gibt es eine öffentliche Vor- und Grundschule, sowie eine private Vorschule (Hyades).