Frauenpower beherrschte, kurz nach dem diesjährigen Weltfrauentag, das Programm des 8.Abokonzerts gestern Abend im Auditorium, und zwar gleich in zweifacher Hinsicht: zum Einen war da die dynamische türkisch-italienische Dirigentin Nil Venditti, die die Sinfoniker mit ausladenden Gesten zu Höchstleistungen antrieb, zum Anderen gelangte das jüngste Werk der multipel begabten mallorquinischen Komponistin Mercè Pons, Jahrgang 1968, zur Uraufführung. Vor zwei Jahren, ebenfalls zum Weltfrauentag, wurde eine Komposition von ihr unter der Leitung von Pablo Mielgo uraufgeführt. (Ich habe darüber berichtet. Eine Aufzeichnung dieses Konzerts gibt’s bei YouTube.)
Fantasia über „L’Atlàntida« für Erzähler, gemischten Chor und Sinfonieorchester vereint Philosophie, Literatur und Musik. Das Werk basiert auf „L’Atlàntida, dem epischen Gedicht von Jacint Verdaguer (1845–1902), dem bedeutendsten Autor der katalanischen Literatur des 19. Jahrhunderts, das im Jahr 1876 geschrieben wurde. "Das wunderbare Werk", so im Programmheft zu lesen, "ließ sich von Platons Philosophie und dem Mythos der versunkenen Insel inspirieren." Mercè Pons‘ sechsteilige Komposition bezieht die Erfahrungen, die die Komponistin als Schöpferin von Filmmusik und solcher zu Videospielem sammeln konnte, mit ein. Statische Harmonien und Rhythmen, ebenso wie die Wiederholung kurzer Motive, kontemplative, zarte, gelassene, gefühlvolle und spirituelle Klänge stehen im Einklang mit der Intensität, Energie, Kraft und Vitalität, die Verdaguers L’Atlàntida offenbart. Vendittis Taktstock wurde zum Zauberstab, der diese Klangwelten zum Leben erweckte und das Atmosphärische des Werkes magisch den Raum umweben ließ.
Sachlicher, aber nicht weniger raffiniert mutet die Instrumentierung von Jacque Iberts Flötenkonzert an. Sie ist mit dem Charme der von Zwölftonmusik und anderen avantgardistischen Zutaten unbeeindruckten Franzosen des 20.Jahrhunderts gestrickt. In den Bläsern stellenweise heftig auftrumpfend und an anderen Stellen graziös schwebend bildet sie die Klangkulisse, vor der Rafael Adobas sein virtuoses, mehrfach preisgekröntes Flötenspiel entfalten konnte.
Skandinavische Komponisten werden oft emotional zurückhaltend gespielt, von nobel-asketischen Dirigenten wie zum Beispiel Herbert Blomstedt. Nil Venditti ging Carls Nielsens 4.Sinfonie „mit Schmackes«, wie es mein Sitznachbar formulierte, an, con fuoco, ohne indes den Sinn für Zartes, Melodisches, das es in dieser Sinfonie natürlich auch gibt, zu verlieren. Und so geriet das Finale zu einem unauslöschlichen Fanal der Lebensbejahung – der Untertitel lautet schließlich „The inextinguishable«! Pauken und Blech hatten kräftig zu tun und wurden dann auch entsprechend gefeiert. Der frenetische Schlussapplaus galt natürlich auch der Dirigentin, die uns zupackend einen hochemotionalen Abend beschert hatte. – Das nächste Abokonzert findet am 10.April statt. Pablo Mielgo und der Bariton José Antonio Lopéz laden zu einem abwechslungsreichen Programm ein, das unter Anderem Werke von Telemann, Ravel und J.Giuridi bietet. Karten wie immer auf der Website des Auditoriums.
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