Es war eine öffentliche Wahl im wahrsten Sinne des Wortes. Wer als ausländischer EU-Bürger auf Mallorca bei der Kommunal- und Europa-Wahl zum Urnengang schritt, fand sich im Wahllokal mit einer Vielzahl bunter Wahlzettel wieder, ausgelegt auf einem Tischchen. Man griff unter den Augen zahlloser Wahlbeobachter zu, sodass offenkundig wurde, wer welcher Partei den Vorrang gibt. Wozu bedarf es da noch einer Wahlkabine?
Die meisten Stimmen eingefahren haben die Sozialisten der PSOE. Nach den spanischen Parlamentswahlen Ende April punkteten sie nun auch bei der Regionalwahl auf den Balearen . Die Wähler auf den Inseln straften ab: die Konservativen (PP), die Linkspopulisten (Podemos), die grünen Linksregionalisten (Més). Stimmenzugewinne verzeichneten die Rechtspopulisten (Vox) und die Liberalen (Ciudadanos). Bei Letzteren dürfte vermutlich José Ramón Bauzá als eigentlicher Wahlsieger gelten. Der ehemalige PP-Chef auf den Inseln, der 2011 erst das beste Ergebnis seiner Partei einfuhr, dann in vier Jahren die Mehrheit versemmelte, aus der PP hinauskomplimentiert werden musste und jüngst den Insel-Ciudadanos ungefragt als Europa-Kandidat vor die Nase gesetzt wurde, wird diese Legislaturperiode nun häufig nach Straßburg fliegen dürfen.
Die Regierungsarbeit daheim, in Madrid und Palma, bleibt indes an den Sozialisten Pedro Sánchez und Francina Armengol kleben. Mit wem wird Sánchez koalieren? Er hofft derzeit wieder mehr auf eine Minderheitsregierung, will damit links Podemos und rechts Ciudadanos gegeneinander ausspielen. Vielleicht kommt es doch noch zu einer Tolerierung durch Ciudadanos. Denn mag die Katalonien-Frage noch so spalten – in Europa bahnt sich in Sachen EU-Kommission ein Pakt zwischen Sozialisten und Liberalen an. Brüssel könnte somit die Verhältnisse in Spanien beeinflussen.
Leicht wird das Regieren für die Sozialistenführer Sánchez/Armengol nicht. Das Geld für die Wahlversprechen fehlt, die Konjunktur flaut ab, Schulden und Defizit wachsen; ohne Problemlösungen in Sicht für Katalonien, Migration, Klimawandel, Sozialsysteme. Wunder sind nicht zu erwarten.
Autor: Alexander Sepasgosarian
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