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Mallorca ist eine so vielfältige Insel. Es gibt ja bekanntlich nicht nur die Tourismusindustrie, sondern auch jede Menge traditionelle Handwerksbetriebe. Glasfabriken, Möbelhersteller, Lederfirmen, Flammenstoff-Manufakturen oder Unternehmen aus Branchen, die einem auf Anhieb gar nicht einfallen.

Doch so richtig erfolgreich ist man in diesen Bereichen nicht. Es sind Branchen, die man kaum bemerkt. Die Produkte etwa der hiesigen Glasbläsereien sind x-mal weniger bekannt als das berühmte Murano-Glas aus Italien. Und wer weiß überhaupt, dass man in Manacor Möbelstücke zusammenzimmert und woanders das Messermacherhandwerk bestens versteht.

 

Bei den Insel-Fliesen, den sogenannten „Baldosas hidráulicas”, sah die Lage früher noch viel schlimmer aus als in den anderen Branchen: Zwischen den 60ern und den 90ern wollte sie so gut wie niemand. Die unscheinbare Firma Huguet im Örtchen Campos macht schon seit vielen Jahren anderen Unternehmen vor, dass man, wenn man sich neu erfindet, auch jenseits des Tourismus ordentlich Geld auf Mallorca verdienen kann. Das Geheimnis der rührigen Fabrikbetreiber ist, mit der Zeit zu gehen, ohne die Wurzeln zu verlieren. Man engagiert bekannte und hippe Architekten und Künstler für die Fliesen-Motive, man macht schicke Feste und redet darüber und man nutzt die mittelmeersüchtige Gunst von Prominenten sogar in den Vereinigten Staaten von Amerika. Man bewegt sich, weil sich die Geschmäcker der Menschen verändern. Die Firma Huguet zeigt, dass Althergebrachtes nicht verzopft oder gar angeschimmelt bleiben muss.

Das hat bekanntlich auch mit den Abarca-Sandalen von der Nachbarinsel Menorca und der weißen Ibiza-Kleidung geklappt. Wie wäre es, liebe Handwerksbetriebe dieser unserer Insel, wenn ihr innehaltet, euch neu orientiert und fragt, wie ihr es hinbekommen könnt, dass schicke Londonerinnen und Düsseldorfer Innenarchitekten und dazu noch die Spanier um alles in der Welt nur noch eure Produkte wollen. Es ist an der Zeit, angestrengt zu denken.

Autor: Ingo Thor