Eher Ausnahme als Regel: Die Alpargatería La Concepción ist bei Touristen sehr beliebt und läuft auch ohne Online-Shop. | Jaume Morey

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Vor kurzem hat das Rathaus von Palma erneut seine alljährliche Liste erhaltenswerter Traditionsgeschäfte veröffentlicht. 90 Läden haben es in diesem Jahr in den Katalog geschafft, vom Schuhgeschäft, Café, Kurzwarenladen bis hin zum Alpargata-Shop. Das sind immerhin 18 mehr als im Vorjahr, wie die Einzelhandelsbeauftragte Joana María Adrover mitteilte.

Das hört sich erst mal gut an, es klingt nach Wertschätzung für die altehrwürdigen Geschäfte, die einer Stadt – anders als die allgegenwärtigen Handelsketten – ihren einzigartigen Charakter verleihen. Doch so manche der nostalgischen Relikte aus der Tante-Emma-Zeit verströmen zwar viel Charme, knabbern jedoch mehr oder weniger am Hungertuch. Es gibt aber Ausnahmen.

„Eléctrica Ramblas” etwa ist eine schier unerschöpfliche Fundgrube für den Heimwerkerbedarf und Haushaltswaren. Mit seiner permanenten Ausweitung der Produktpalette ist der 1952 gegründete Familienbetrieb bis heute erfolgreich. Der Plattenladen „Espai Xocolat” hat sich im Laufe der Zeit in ein kleines Kulturzentrum verwandelt und so überlebt, während 22 andere Musikläden schließen mussten.

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Neben mangelnder Offenheit für neue Geschäftsideen und Produkte haben die Einzelhandelsverbände Afedeco und Pimeco nun ein weiteres großes Manko ausgemacht: 60 Prozent der Traditionsläden haben den Angaben zufolge keine eigene Website. Noch mehr, nämlich 80 Prozent, verfügen über keinen Online-Shop. Digitale Steinzeit also.

„Wenn sich das nicht ändert, sind diese Geschäfte zum Scheitern verurteilt”, schlägt Antoni Vilela, Präsident von Afedeco, Alarm. Pimeco-Chef Antoni Fuster zeigt dagegen Verständnis für die kleinen Betriebe. Viele hätten nicht die digitale Kompetenz, um eine Webpage einzurichten und aktuell zu halten, oder sich gar um Google-Rankings zu kümmern. „Das erfordert qualifiziertes Personal, was sich diese Läden einfach nicht leisten können.”

Doch Vilela hält dagegen. Die Mentalität der Ladenbesitzer und der fehlende Unternehmergeist seien das eigentliche Problem, ist er überzeugt. Angesichts der schrumpfenden Branche müsse der E-Commerce als Herausforderung angenommen werden und oberste Priorität erhalten. „Es gibt auch ältere Händler, die dieses Wagnis eingegangen sind und trotz aller Schwierigkeiten Initiative zeigen”, betont er.

Um die traditionsreichen Kleinbetriebe nicht allein in der digitalen Wüste stehen zu lassen, ist sein Verband nun aktiv geworden und hat eine Kooperationsvereinbarung mit einem E-Commerce-Unternehmen abgeschlossen. Es unterstützt die Händler dabei, Webseiten und Online-Shops einzurichten. Zurzeit nehmen rund 100 Geschäfte in Palma diese Hilfe in Anspruch. Sie müssen sich nur noch darum kümmern, aktuelle Produktinformationen zu übermitteln. Eine gute Idee.