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Als Lothar Matthäus Ende Juni für eine Nacht im Arabella-Sheraton in Palmas Nobel-Vorort Son Vida auf Mallorca eincheckte, kamen in ihm Erinnerungen hoch. "Ja, sicher. Vor meinem letzten Turnier, der EM in Holland und Belgien, hatten wir in dem Hotel unser Trainingslager aufgeschlagen. Aber die Gedanken daran sind nicht unbedingt schön. Das gilt auch für die Momente, wenn ich am Stadion von Real Mallorca vorbeifahre. Dort habe ich mich an unserem ersten Trainingstag verletzt." Der Einsatz von Matthäus bei der damals bevorstehenden Europameisterschaft war in Gefahr. "Daher ist das Trainingslager eigentlich eher unter dem Motto ,schnell vergessen' einzuordnen", so der deutsche Rekordnationalspieler im Gespräch mit MM.

Der 53-Jährige war am Wochenende auf Mallorca, um mit den Teilnehmern der Golf Trophy des MC-Fincaservice in Son Gual Fußball zu gucken. Gemeinsam mit Reporter-Legende Gerd Rubenbauer plauderte er über vergangene Tage und analysierte die WM.

Als das bereits erwähnte Mallorca-Trainingslager anstand, waren seit dem deutschen WM-Titel 1990 mit Lothar Matthäus als Kapitän zehn Jahre vergangen. 2001 trat Matthäus dann seine erste Trainerstelle in Wien an. Gerüchten zufolge hätte er schon im EM-Jahr Bundestrainer Erich Ribbeck als Nationalcoach ablösen sollen. Das sei das Ziel eines Putsches gewesen, der in Palma geplant worden sei, so war später zu hören. Was ist dran? "Einige Spieler waren mit den Trainingseinheiten und der taktischen Ausrichtung nicht ganz zufrieden. Man hat damals diskutiert, wie man das ändern kann, ob man den Trainer beeinflussen kann. Da wurde ich dann auch gefragt, ob ich das nicht ein bisschen mit anschieben könnte. Das Gespräch hat es gegeben, ich würde aber nicht sagen, dass es eine Revolte war, oder dass man Ribbeck abschießen wollte."

Zwar holte Matthäus mit Partizan Belgrad die Meisterschaft, war Nationaltrainer von Ungarn und Bulgarien, konnte als Coach aber noch keine großen Erfolge feiern. Dennoch ist er immer mal wieder bei dem einen oder anderen Klub im Gespräch, wurde Anfang vergangenen Jahres auch bei Real Mallorca gehandelt. Utz Claassen, den deutschen Aktionär des Klubs, kennt Matthäus schon lange.

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"Ich habe das Geschehen bei Real Mallorca verfolgt, weiß, dass zwei Eigentümer wohl aussteigen wollen und sich etwas ändert. Der spanische Fußball ist interessant. Wenn man ein klares Konzept hat, dann kann man auf Mallorca über Jahre erneut etwas aufbauen. Das Potenzial, wieder gegen Real Madrid und den FC Barcelona um Meisterschaftspunkte zu spielen, ist da. Unter diesen Aspekten kann es dazu kommen, dass man sich mal zusammensetzt - sollte eine Anfrage kommen." Von Utz Claassen hat Matthäus eine hohe Meinung: "Er steckt sehr viel Kraft hier rein, sehr viel Zeit. Er weiß, dass es möglich ist, hier etwas aufzubauen. Aber das kann er nicht allein, da müssen alle zusammenarbeiten. Das ist in den vergangenen Jahren nicht so gewesen."

Matthäus als Real-Mallorca-Trainer - vielleicht eine Option für die Zukunft. Ein anderes Insel-Projekt ist aber aktueller. Matthäus-Partner arbeiten daran, noch in diesem Jahr auf Mallorca ein Spiel von deutschen gegen spanische Fußball-Legenden auf die Beine zu stellen. "Die Insel wäre ideal dafür", meint der Ex-Capitano, der vor zwei Jahren die Gründung des Vereins "Deutsche Fußball Legenden" angeschoben hat, als dessen Präsident er auch amtiert.

Zu Hause fühlt sich Matthäus, der ab dem Achtelfinale für mehrere internationale TV-Sender bei der WM in Brasilien arbeitet, übrigens inzwischen in Budapest. "Dort finde ich, was ich in Deutschland nicht habe: Privatleben. In Budapest werde ich nicht von Reportern oder Fotografen verfolgt. Und es ist eine tolle Stadt."

(aus MM26/2014)