Freitag, neun Uhr morgens auf der Plaça d'Espanya. Trotz Maskenpflicht und Abstandsregeln stehen Menschen dichtgedrängt an den vier Bushaltestellen und warten auf die Stadtbusse in nordöstliche Richtung. Auch die Estación Intermodal, Palmas unterirdischer Kopfbahnhof mit der Metro, der Eisenbahn und den Fernbussen befindet sich hier. Neben der M2 fährt hier auch die U-Bahn M1, die auf einer Strecke von 8,2 Kilometern die Altstadt mit der Balearen-Universität verbindet.
Doch nur wenige nehmen die Rolltreppe in den Untergrund. Und auch dort wiederum dasselbe: Fast alle Passagiere gehen in Richtung der Fernbusse. Hingegen nutzen die wenigsten die Drehkreuze, die zur Metro führen. Liegt es etwa am hohen Fahrpreis für die U-Bahn? Oder meiden die Fahrgäste die Metro wegen ihres schlechten Images? Mit 1,80 Euro ist das Ticket für die U-Bahn vergleichsweise günstiger als eine Fahrt mit dem Bus, die mit zwei Euro zu Buche schlägt. Der Preisunterschied kann demnach kein Grund für die ausbleibenden Fahrgäste sein. Ist es also der schlechte Ruf? Die Geburt der mallorquinischen Metro war schwierig und unrühmlich.
Das ehrgeizige Vorzeigeprojekt des umstrittenen und später wegen Amtsmissbrauchs inhaftierten Balearen-Präsidenten Jaume Matas hatte 343 Millionen Euro verschlungen, und somit fast 50 Prozent mehr als veranschlagt waren. Am 25. April 2007 hatte die Metro dann auf der Strecke M1 ihre Jungfernfahrt. Und bereits im selben Jahr, am 21. August und 22. September, standen die U-Bahnschächte nach Starkregen teilweise 2,5 Meter unter Wasser und musste vorübergehend geschlossen werden. Ursache waren Pfusch und eine falsche Planung. Doch auch wenn die mallorquinische Bahngesellschaft SFM weiterhin Gelder für Tilgungen und Zinsen der Bauarbeiten aufbringen muss, scheint es langsam für die Metro bergauf zu gehen.
Heute hat die U-Bahn ein modernes Erscheinungsbild. Auf der Strecke werden hier neun Stationen befahren. Eine digitale Leuchtanzeige informiert darüber, dass die Züge alle 20 Minuten verkehren – zumindest wochentags.
Am Freitagmorgen hat eine Studentin sogar ihr Fahrrad mit dabei. Auf die Frage hin, ob das erlaubt ist, erklärt der Zugführer in blauer Uniform: „Fahrräder ja, aber keine Tiere.” Schnell steigt er in die Fahrerkabine ein und fügt dem hinzu: „Also keine Hunde, Katzen, Papageien hier bitte”.
Sofort geht es in hohem Tempo leise los, die blauen und roten, breiten Sitze aus Kunstleder wirken einladend. Umso verwunderlicher, dass so wenig Gäste hier Platz nehmen. Wenig später erreicht der Zug die Station Jacint Verdaguer. Es ist etwas dunkel hier, viel Graffiti an den Wänden; niemand steigt zu. Im zwei bis drei Minutentakt werden die nächsten Stationen angefahren: Son Fortesa, dann Son Fuster Vell und Palmas größtes Gewerbegebiet Son Castelló. Zwischendurch steigt ein Gast aus, ein anderer ein. Dennoch bleiben die meisten Sitze leer. Dann die Stationen Gran Via Asima und Camí dels Reis, aber kaum jemand an den Bahnsteigen. Ab Son Sardina Estació geht es dann überirdisch weiter, in der Ferne kann man die Serra de Tramuntana sehen. Noch eine Fahrt durch einen Tunnel und dann ist die Endstation, die UIB Estació an Mallorcas Hochschule erreicht. Genau 14 Minuten hat die Fahrt insgesamt gedauert. Von hier sind es nur zwei Gehminuten zum Campus der Uni.
Es sind vor allem Studenten, die die Metro 1 benutzen. Unter ihnen die Kolumbianerin Maria Vargas, die ihren Doktor in technischer Chemie macht. Die 26-Jährige zeigt sich mit dem Service der SFM zufrieden: „Um zur Uni zu kommen, ist die U-Bahn schon besser. Die Busse fahren oft nicht zu den angegebenen Zeiten und dies nur alle 30 Minuten.” Auch vom Preis-Leistungs-Verhältnis schneidet die Metro für Vargas gut ab: „Es lohnt sich nicht, mit dem Auto herzukommen, denn für das Monatsticket mit der U-Bahn zahle ich 20 Euro.” Etwas hat sie aber doch zu bemängeln: „Ab Samstagnachmittag fährt die Metro nicht mehr, und am Sonntag gar nicht. Ich habe einige Kommilitonen, die dann sogar zu Fuß zur Uni gehen.”
Ganz anders sieht das die 24-jährige Merce Torrens. Die Englisch-Studentin findet klare Worte: „Ich wohne in Binissalem, und von da gibt es keine Verbindung”. Daher muss die Mallorquinerin auf das Auto zurückgreifen. Andere Studierende wie Miguel Martorell haben es da besser. Der 18-jährige Student der Mathematik wohnt im Zentrum von Palma. Nur eine Sache an der U-Bahn stört ihn: „Alle paar Monate streiken die Mitarbeiter. Dann fährt nichts, und das fällt fast immer in die Ex-amenszeit!”
Palmas Metro hat nach einem schlechten Start in den vergangenen 14 Jahren einen scheinbar guten Weg eingeschlagen. Nur könnte sie noch mehr Fahrgäste gebrauchen. Vielleicht kommen diese, wenn die Strecke bis zum Parc Bit wie geplant ausgebaut sein wird. (ds)
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