„Schluss mit diskutieren, packen wir’s an”, meint Gabi Dörflinger. Sie hat die Aktion „Ondo” ins Leben gerufen. | Eva Carolin Ulmer

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Ein Elektro-Transporter rollt auf den Hof, der Fahrer hupt fröhlich. Es ist Phonts Biebl aus Llucmajor. Zusammen mit seiner Partnerin Claudia Stern bringt er eine große Ladung Abfall. Die beiden haben ihn in ihrer Gemeinde auf der Straße gesammelt. Über drei Stunden waren sie unterwegs. Hinter ihnen treffen weitere Autos mit vollen Mülltüten ein. Die Beutel werden abgeladen und ausgeschüttet.

Freiwillige Helfer durchsuchen den Inhalt und trennen ihn. Knapp 30 Personen beteiligen sich an der Aktion, Deutsche, Mallorquiner, bunt gemischt. Kinder malen Schilder: „Müll gehört in den Mülleimer”. Im vorderen Teil des Hofs wird gegrillt. Jeder hat etwas zum Essen mitgebracht. Man teilt. Die Stimmung ist gut.

Auch die Kinder sind mit von der Partie. Sie malen beispielsweise Plakate für die Initiative.

Seit einer gefühlten Ewigkeit strahlt wieder die Sonne auf Mallorca. Wer kommt da auf die Idee, Müll aufzusammeln? Gabi Dörflinger lacht. Sie wohnt seit mehreren Jahren in Llucmajor und hat die Aktion organisiert. Vor zwei Jahren habe sie die Bewegung „Ondo” ins Leben gerufen, erzählt sie. Das Ziel sei es, Initiativen für Natur und Umwelt anzustoßen wie diese. „Wir wollen Bürger ansprechen mitzumachen, um die Energie zu bündeln, die vorhanden ist.” Ondo verbindet das Nützliche mit dem Angenehmen. Nach dem Einsatz wird gefeiert. „Wir machen das Ganze im Rahmen von Veranstaltungen, die Spaß machen, damit man sich mit Vergnügen einbringt”, erklärt die Organisatorin.

Schon länger finden auf der Insel Strandreinigungen statt. Das sei wunderbar und wichtig, aber auf den kleinen Wegen außerhalb der Orte, den „Caminos”, sehe es noch schlimmer aus als an den Stränden, findet sie. Diese Aktion habe sie kurzfristig auf Facebook gepostet. Sie sei überrascht, wie viele Leute sich spontan angemeldet haben. Wer mitmachen wollte, sei gebeten worden, einen Weg in der Gemeinde Llucmajor zu benennen, den er oder sie reinigen wollte. „Die Wege wurden auf einer Karte markiert. Dann konnte man loslegen, wann man wollte.”

An der Trennstation sortiert Tina R. energisch die Abfälle. Zigarettenschachteln, Dosen, Kleiderreste, undefinierbare Papierfetzen. Ein unangenehmer Geruch steigt in die Nase. „Das kommt von dem Fleischpaket, das auf dem Weg lag”, erklärt sie. „Die Leute schmeißen alles weg.” Überall liege Müll herum, deshalb habe sie seit Jahren immer eine Tüte zum Aufsammeln bei sich. Das sei eine Routine geworden. Als sie von der Aktion in Llucmajor hörte, habe sie gesagt: „Da sind wir natürlich dabei.”

Claudia Stern und Phonts Biebl sammeln schon seit geraumer Zeit Müll auf den Wegen ein.
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Auch Claudia Stern und Phonts Biebl heben schon länger Müll von den Wegen auf. Handys, Badelatschen, Elektrogeräte, alles hätten sie schon gefunden. Selbst wenn Abfalleimer vorhanden seien, würden Sachen in die Natur geworfen. Das sei nicht nur hässlich, sondern auch schädlich für die Umwelt. „Oft sind Giftstoffe drin, die ins Grundwasser gehen oder von Tieren gefressen werden”, betont Claudia Stern. Viele Menschen hätten den Bezug zur Natur verloren. Jugendliche lebten oft mehr in ihrer virtuellen Welt.

Aber es gehe um ihre Zukunft. „In welcher Welt wollen sie leben?” Zu einem gesunden System gehöre auch eine intakte Natur. Mit Reden alleine komme man nicht an die Leute ran. Da müssten deutliche, visuelle Botschaften her, findet sie. „Und irgendwie müssen wir es schaffen, dass es cool wird, sich um die Natur zu kümmern.”

Genau das plant Gabi Dörflinger. „Wir werden mit Plakaten, Fotos und Müllsäcken in die Orte gehen.” Zum einen wollten sie den Leuten zeigen, wie viel Abfall auf den Wegen lande. Bei ihrer Aktion seien pro Kilometer Weg vier bis sechs Müllbeutel gefüllt worden. Wenn man anfange aufzusammeln, merke man, dass viel mehr da liegt als gedacht. Zum anderen wollten sie einladen mitzumachen. „Stell dir vor, was wir gemeinsam erreichen könnten, wenn jeder einen Weg übernehmen würde?” Sie höre oft das Argument, dass es Aufgabe der Gemeinde sei, die Wege zu säubern. Ein Termin beim Bürgermeister sei angefragt.

Sortieren muss sein. Hier nimmt sich Tina R. den gerade angelieferten Müll vor. Nicht immer ein Vergnügen für die Nase.

Aber immer dem anderen die Verantwortung in die Schuhe zu schieben und selbst nichts zu tun, bringe nichts. „Schluss mit diskutieren, packen wir’s an”, meint die Aktivistin. Es bringe auch eher eine Bewusstseinsänderung, die Nachbarn beim Aufsammeln zu beobachten als die städtische Müllabfuhr. „Letztendlich wollen wir ja erreichen, dass nichts mehr auf die Straße geworfen wird.”

Die nächste große Aktion von Ondo ist für März geplant. Außerdem wird demnächst eine Crowdfunding-Kampagne starten. „Wir möchten den geselligen Teil gerne noch spannender, größer und ansprechender machen”, sagt Gabi Dörflinger. Informationen auf Facebook unter „Ondo Community”.