An seinem eigenen Wagen stellt der deutsche Fahrzeug-Lackierer John Lamu seine Arbeitsweise nach. | Patricia Lozano

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Einen kurzen Moment schaut er einfach nur zu. Dann fragt der Mallorca-Urlauber ganz direkt: „Ich muss das Motorrad heute Nachmittag wieder zurückbringen. Würdest du das auch reparieren?”, er zeigt dabei auf eine schwarze Kawasaki und die unübersehbaren Schrammen auf der linken Seite.

John Lamu nimmt die Sicherheitsbrille ab und schaut zum Mann hinauf. Lamu ist Lackierer und gerade dabei, die Stoßstange eines Cayennes in einer Seitenstraße in Port d’Andratx zu bearbeiten. Eigentlich wollte er sich den restlichen Tag freinehmen. Dann schaut er sich die Maschine genauer an: „Ich brauche vielleicht eine Stunde. Reicht das?” Nach 30 Minuten ist von den Kratzern nichts mehr zu sehen und Lamu holt sich beim Kunden 100 Euro für die Instant-Reparatur ab und ein erleichtertes: „Vielen, vielen Dank!”

John Lamu ist das, was wohl viele „Rettung in letzter Minute” nennen. Mit seiner mobilen Werkstatt inklusive Lackiererei hat er schon so manchen Vollkasko-scheuen Mallorca-Urlauber vor teuren Reparaturkosten am Mietfahrzeug gerettet und so manchen Fahranfänger vor ungemütlichen Standpauken der Eltern: „Die Kunden sind immer mega dankbar und wundern sich, wie schnell eine Reparatur gehen kann”, sagt der Mann im schwarzen Muskelshirt, während er den Zucker in seinem Carajillo umrührt.

Freitagmittag, 13 Uhr. Der 42-Jährige sitzt in der Sonne eines Cafés in Santa Ponça. Im Gewerbegebiet Son Bugadelles steht die Yacht eines Kunden, hier will er heute einige Lackschäden am Unterboden reparieren. Normalerweise ist der gebürtige Hesse mit seinem Mini Cooper auf der Insel unterwegs, der einzigen mobilen Lackiererei auf Mallorca: „Alles, was ich brauche, habe ich im Auto, nur die Farben mischen wir woanders ab.” Kompressor, Lackierpistole, Exzenter, Autofolie, Poliermaschine – John Lamu hat seinen Wagen komplett umgebaut, die Rückbank entfernt, um Platz für Material und Werkzeug zu machen.

Dass der nicht gerade dezent tätowierte Mann seinen Job mit Begeisterung macht, muss er einem nicht erzählen, seit Ende der Schulzeit bastelt Lamu an Autos herum, hat Karosseriebauer, Felgenschmied und Lackierer gelernt und sich nach vielen Jahren als Angestellter im Februar 2019 schließlich mit „LamuLacke” in München selbstständig gemacht.

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„Das Talent, die Originalfarbe zu finden und die akkurate Arbeit, das sind wohl meine Hauptstärken”, so der Experte. Außerdem verwendet Lamu einen besonders kratzfesten und schnell trocknenden Klarlack und das kommt bei den Kunden sehr gut an, der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: „Ich bin da zu Harley-Davidson und habe gefragt, ob sie einen Lackierer bräuchten. ‚Ich lackiere euch die Mopeds mit der Sprühdose vor der Tür!’, habe ich gesagt. Die haben mir den Vogel gezeigt. Und dann haben sich mich regelmäßig engagiert.”

Kurz darauf folgte ein Deal mit Porsche, auch ein Geschäft mit dem Landeskriminalamt stand in Aussicht. „Dann kam Corona und die Autohäuser haben zugemacht. Wir waren aufgeschmissen.”

Kraft tanken, Gedanken sammeln, neu sortieren – mit diesem Vorhaben hat Lamu mit seiner Lebensgefährtin im Juli 2020 Urlaub auf Mallorca gemacht. Nur drei Wochen später ist die Familie samt umgebautem Mini Cooper und Smart auf die Insel ausgewandert und hat sich in Manacor niedergelassen. Seitdem repariert und lackiert der Tausendsassa aus Seeheim-Jugenheim bei Darmstadt von unterwegs Türen, Stoßstangen oder Außenspiegel, lackiert Yachten auf dem offenen Meer oder Haustüren im Wert von 12.000 Euro auf herrschaftlichen Anwesen. Der neueste Clou des Unternehmers steht aber noch in den Startlöchern: der Leuchtlack „Lumilor” – Licht zum Aufmalen.

Man muss sich das System dahinter wie bei einem Sandwich vorstellen, erklärt der Handwerker. Zuerst wird eine stromleitende Lackschicht aufgetragen, dann der Leuchtlack und zuletzt wieder eine Strom leitende Beschichtung. Die Technik wird zum Schluss noch mit einer kleinen Batterie versehen und kann dann auf Knopfdruck eingeschaltet werden. „Man bekommt den Lack nicht überall, weil nur wenige diese Lackiertechnik beherrschen”, so Lamu.

Und auch nur wenige haben das passende Kleingeld: Ein Euro wird pro aufgetragenen Quadratzentimeter veranschlagt, so kommen schnell ein paar Tausend Euro zusammen. „Vor allem Unternehmen, die ihre Firmenwagen aufpeppen möchten, interessieren sich dafür.”

Die Zukunft von dieser Weiterentwicklung der Elektrolumineszenz sieht der Lackierer aber noch ganz woanders: „Wir können so gut wie alles mit Lumilor versehen, auch Kinderhelme oder Fahrräder, Zebrastreifen oder Stoppschilder. Das wäre ein riesiger Fortschritt in der Verkehrssicherheit.” Ideen, die einleuchten.