Tomás Gimeno ist jetzt der meist gehasste Mann in Spanien. Polizei und Ermittler scheuen keine Mühen, um den Vater von Anna und Olivia zu finden – den beiden Mädchen aus Teneriffa, sechs und ein Jahr alt, deren spurloses Verschwinden vor eineinhalb Monaten von der Mutter angezeigt worden war. Vor wenigen Tagen war die Leiche des älteren Mädchens gefunden worden, versenkt in einer Plastikbeutel mit Meer, beschwert mit einem Anker, in 1000 Meter Tiefe vor der Küste der Kanareninsel.
Olivias trauriges Ende hat in ganz Spanien eine Welle der Empörung ausgelöst. Die spanische MM-Schwesterzeitung Ultima Hora konstatiert dabei in einem ausführlichen Bericht, dass bei dieser Tragödie nicht von einem Einzelfall die Rede sein könne, da die "Geißel der Macho-Gewalt gegen die eigenen Kinder und deren Mütter" immer wieder in der Gesellschaft zu registrieren sei. Das Blatt zieht Parallelen zur jüngsten Bluttat, die sich auf Mallorca ereignet hat. Es geht um den Fall von Sa Pobla, bei dem ein Marokkaner namens Ali Khouch Mitte Mai seine schwangere Frau und den gemeinsamen 7-jährigen Sohn tötete.
"Seitdem ist noch nicht einmal ein Monat vergangen", schreibt das Blatt und stellt die Frage, ob die Tat von Gimeno, der immer noch als vermisst gilt, irgendeinen Einfluss auf Khouch ausübte, das Verbrechen von Sa Pobla zu begehen. "Der Vergleich ist von Bedeutung", schreibt Ultima Hora. Denn beide Macho-Väter hätten die "ungesunde Frustration" über ihre gescheiterten Beziehungen zur Mutter ihrer Kinder über die Liebe zum eigenen Nachwuchs gestellt. Der Autor des Artikels, Antonio Agüera, stellt fest, dass beide Personen völlig gegensätzliche Profile aufweisen. Genau dieser Gegensatz zeige die Realität in ihrer vollen Bandbreite: Gewalt gegen die eigenen Kinder und deren Mütter unterscheide weder nach Rasse noch Glauben noch wirtschaftlicher oder sozialer Herkunft. "Niemand ist vollkommen sicher", konstatiert Agüero.
Tomás Antonio Gimeno Casañas – so heißt der Vater aus Teneriffa mit vollem Namen – stammt aus einer guten Familie, verfügte über positive Lebensperspektiven. "Er hatte alles, was er brauchte, um ein ruhiges und wohlhabendes Leben zu genießen und seine Töchter in Frieden aufwachsen zu sehen", schreibt Ultima Hora. Doch in jener Nacht, in der sich die Tragödie ereignete, rief Gimeno seine Ex-Partnerin an und ließ sie wissen, dass sie ihre Töchter nie wieder zu Gesicht bekommen würde.
Das nahe Umfeld der Mutter glaubte fest daran, dass Gimeno das Leben, das er selbst gezeugt hat, nicht auslöschen werde. Einige, die ihn gut kannten, trauten ihm nicht zu, zu einer solchen Gräueltat fähig zu sein, obgleich angesichts seiner Vorgeschichte mit Schlägereien und Betrugsdelikten offenkundig war, dass dieser Mann kein Heiliger war.
Aber alle Hoffnungen erwiesen sich als falsch. Gimenos Drang, an der Ex-Frau, die sich vor einiger Zeit von ihm getrennt hatte, Rache zu nehmen, war stärker als alles andere. Sie hatte ein neues Leben begonnen. Er wollte es ihr zerstören, und ihr unvorstellbare Schmerzen zufügen. Das ist ihm gelungen, schreibt Ultima Hora.
Noch suchen die Ermittler mit Hilfe eines Forschungsschiffes den Meeresgrund vor Teneriffa nach der jüngeren Tochter ab. Und fahnden weiter nach dem Vater.
In Ultima Hora resümiert er Autor Antonio Agüera die entsprechenden Überlegungen, die sich aus dieser kollektiven Tragödie ergeben, und stellt dazu die Fragen: "In was für einer Welt leben wir? Warum kommen wir nicht alle ein für alle Mal zusammen, um weitere Todesfälle wie den von Warda Ouchene, dem Baby, das sie im Mutterleib trug, und ihrem siebenjährigen Sohn auf Mallorca oder den von Olivia auf Teneriffa zu verhindern? Wie sollen wir unsere Söhne und Töchter schützen? Solange dies nicht geklärt ist, gibt es keinen Trost."
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