Blick über die Dächer des Dörfchens.

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Viertausendneunhundertsechzig. Die Zahl der Einwohner von Ses Salines hat Gori Bonet sofort parat. Sie ist ihm im Gedächtnis geblieben, weil Ses Salines zu den mallorquinischen Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern gehört, die Saliners deshalb schon in der Lockerungsphase 1 von 6 bis 23 Uhr das Haus verlassen durften. Im August und mit Touristen wäre dies sicherlich nicht möglich gewesen. Denn dann kommen zu den 2268 Bewohnern im Dorf und den 2696 Gemeldeten in Colònia de Sant Jordi, dem Hafen und Urlauberort der Gemeinde, noch einmal bis zu 15.000 Urlauber.

Gori Bonet ist Direktor des Hotels Ca’n Bonico, einem herrschaftlichen Anwesen mitten im Dorf. Seine Ursprünge reichen in das 13. Jahrhundert zurück. Damals eroberte der aragonesische König Jaume I. mit seinem Heer Mallorca. Die Insel teilte er unter sich und seinen Heerführern auf. Das Gebiet, auf dem heute Ses Salines liegt und das unter der islamischen Herrschaftszeit zum Bezirk Manaqur gehörte, ging an den König. Der wiederum teilte es unter seinen Rittern auf, darunter ein Adliger namens Bonet Bonico, ein Vorfahre des Hoteldirektors.

Der zweite Teil des Doppelnamens ist nur noch im Anwesen enthalten, das bis heute im Besitz der Familie Bonet verblieben ist. Um dieses Gut herum entstand in Laufe der Jahrhunderte das Dorf Ses Salines. Seit 2009 ist Ca’n Bonico ein elegantes, edles Vier-Sterne-Hotel mit 28 Zimmern, in dem ein Großteil der alten Gemäuer erhalten geblieben sind. So dient ein ehemaliger Getreidespeicher mit majestätischen Stützbögen heute als Saal für Feiern, Konzerte und Ausstellungen, und durch eine im Boden eingelassene Glasplatte blickt man in ein ehemaliges Silo.

Bestens erhalten ist auch der älteste Teil des Anwesens, ein ehemaliger Wachturm, der später für verschiedene Zwecke verwendet wurde, sei es als Gefängnis oder als Trockenkammer für Sobrassada-Würste. Heute befinden sich in einem unteren Teil eine Bibliothek mit alten Büchern und Archiven. Es ist auch ein Stück Familiengeschichte, die zwischen alten Lederdeckeln niedergeschrieben wurde. „Wir konnten einige Vorfahren bestimmen, die als Treuhänder des Königs Steuern einzogen und an den Hof schickten“, erzählt Bonet.

Einer dieser Vorfahren blickt einem aus einer Nische entgegen: Nicolás Bonet, gemalt in Öl. Der Autor des Porträts ist unbekannt, doch das Gemälde ist eindeutig der Goya-Schule zuzuordnen. Als es entstand, war Ses Salines nicht mehr als ein Weiler, der zu Santanyí gehörte. Erst 1925 wurde der Ort eine eigenständige Gemeinde. Damit musste auch ein Wappen her. Es zeigt graue Salzbecken, einen weißen Salzhügel und einen blauen Streifen am oberen Ende.

Das Wappenbild ist so eindeutig wie der Name des Ortes. „Ses Salines“ heißt nichts anderes als „Die Salinen“. Und das aus Meerwasser gewonnene Salz war der Grund, warum sich im Laufe der Jahrtausende immer wieder Menschen in der Gegend niederließen. Ihre Spuren förderten Archäologen zutage. Von der prähistorischen Zeit zeugt das Poblat dels Antigors mit einem der wichtigsten Talaiots der Insel, Sa Talaia Joana. Weitere frühgeschichtliche Siedlungen sind Es Torrent und Es Mitjà Gran. Und auf Na Guardis, einer der 13 vorgelagerten Inselchen der Gemeinde, fand man Reste einer punischen Niederlassung.

Punischen Ursprungs sind die Salinen von S‘Avall aus dem vierten Jahrhundert vor Christus. Sie gelten als die zweitältesten Salinen der Welt. Nach ihnen kamen die Römer. Ausgrabungen lassen vermuten, dass es mitten im Zentrum des heutigen Ortes, wo sich das Rathaus befindet, einst ein römischen Militärlager gab.

Dieses Vergangenheit wollen Archäologen nun mit einem museistischen Projekt öffentlich machen. Dazu haben sie an den unzugänglichen Fundstellen acht Säulen mit QR-Codes im Ortszentrum angebracht. Mit ihnen wird auf die Website sessalinesroma.com verlinkt, die zahlreiche Erklärungen enthält – leider nur auf Katalanisch.

Das erste christliche Bauwerk von Ses Salines entstand im 16. Jahrhundert. Weil die Einwohner zur Messe immer mehrere Kilometer zum Oratorio de Sant Joan de sa Font Santa pilgern mussten, wurde im Ort eine Kapelle gebaut, die 1664 eingeweiht wurde. Ersetzt wurde sie 1796 durch ein Kirchlein just daneben, das heute Església Vella heißt. Denn die Gemeinde brauchte mehr Platz, weshalb Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau der heutigen Gemeindekirche Sant Bartomeu begonnen wurde. Die Església Vella dagegen wurde 1917 entweiht und geriet in den Besitz der Familie Bonet, die sie wiederum 2002 an die Gemeinde abtrat, gegen die Genehmigung, das Anwesen in ein Hotel umwandeln zu dürfen. Heute werden in der ehemaligen Kirche Kulturveranstaltungen abgehalten.

Ohne Kirche gäbe es wohl auch eine gastronomische Institution des Ortes nicht: Die Casa Manolo. Die Geschichte des Restaurants, das bei Spaniern und Deutschen gleichermaßen bekannt und beliebt ist, begann als Bodega von Juan Barahona. Am 15. Februar 1945 hatte der gebürtige Andalusier aus Jaén eine Genehmigung für den Verkauf von Wein erhalten.

Wenn sonntags die Saliners von der Messe kamen, servierten er und seine Frau Apolonia ihnen einen Vermouth. Eisgekühlt, versteht sich. Denn Barahona war der Erste, der mit seinem Lastwagen aus Campos Eis ins Dorf brachte. Zu dem Aperitif gab es Tapas. Allerdings nur sonntags.

Erst Juans Sohn Manolo und dessen Frau Marguerita bereiteten jeden Tag Tapas zu. Vor 31 Jahren wandelte sich die Bodega Barahona schließlich in Casa Manolo, ein Restaurant für Fischgerichte und Meeresfrüchte.

Mittlerweile sind das Restaurant und die ehemalige Bodega, die dieses Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feiert, an die dritte Generation übergegangen. Wie ihr Vater Manolo bewirtet nun Apolonia Barahona die Gäste. Ihr Bruder Juan, der schon mit seiner Mutter in der Küche stand, schwingt nun als Koch das Zepter. Und Schwager Gabriel Rosselló hat die Speisekarte um Fleischgerichte erweitert.

Trotz des Generationenwandels und räumlicher Vergrößerungen ist eines gleich geblieben: Die Rezepte der Speisen, und die, so Apolonia, seien streng gehütete Familiengeheimnisse. „Noch nicht einmal mein Mann kennt sie.“