An den Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet von Palma lässt sich der Durst an heißen Tagen stillen. | Patricia Lozano

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"Unser Wasser stinkt wie der Teufel", sagt Hans W. Ellerbrock. Er besitzt seit 25 Jahren ein Ferienhaus in Cala Murada. Wegen eines hohen Chlor- und Salzgehaltes ist das Leitungswasser dort ungenießbar. Laut Gesundheitsamt der Gemeinde Manacor sollten Schwangeren, Babys, Ältere und Menschen mit Bluthochdruck besser Mineralwasser trinken. Verantwortlich für den hohen Salzgehalt sind die sinkenden Grundwasserpegel. Dadurch dringt Meerwasser in die unterirdischen Vorkommen ein.

Cala Murada ist nur ein Beispiel für die Versäumnisse der Vergangenheit bei der Pflege des Wassernetzes. 38 Jahre lang lag diese in der Verantwortung der Anwohner. Viele von ihnen hatten mehrmals Wasserrohrbrüche auf ihren Grundstücken. Nach dem trockenen vergangenen Jahr hat die Gemeinde im Mai das Wassernetz "rekommunalisiert". "Die Wasserversorgung ist dadurch erstmal null Prozent besser geworden", berichtet Ellerbrock. Wie es nun weitergeht - auch was die Wasserpreise betrifft, bleibt abzuwarten. Die Sanierung eines 60 Jahre alten Wasserspeichers steht aus, zudem häufen sich im neuen Teil Cala Muradas, Las Flores, die Rohrbrüche. "Schön wäre auch eine Wasseraufbereitungsanlage für den Ort", sagt Ellerbrock.

Nach dem Dürre-Sommer 2016 rückte die Wasserversorgung in den Fokus der Öffentlichkeit. Was dabei ans Tageslicht kam, war fatal. Im Schnitt versickert mehr als ein Viertel des Trinkwassers ungenutzt durch undichte Leitungen. In einigen Gemeinden liegt der Anteil wesentlich höher, in Esporles und Mancor de la Vall gar bei rund 50, in Cala Murada sind es 40 Prozent.

Mehrere Gemeinden setzten im Sommer vergangenen Jahres Sparmaßnahmen um. Calvià stellte die Strandduschen ab, Estellencs billigte seinen Einwohnern nur 300 Liter Wasser pro Tag zu. Pläne zur Sanierung der löchrigen Kanalisation wurden erarbeitet. Manacor investiert nun 750.000 Euro in die Infrastruktur wie beispielsweise neue Wasserpumpen. In Bunyola soll ein Leitungsnetz für Regenwasser entstehen. Die Balearen-Regierung gibt einen großen Teil der Ecotasa für die Verbesserung der Wasserversorgung aus: 14,8 Millionen Euro auf allen Inseln zusammen, 8,9 Millionen Euro entfallen auf Mallorca. Insgesamt 30 Millionen Euro nahm die Balearen-Regierung im vergangenen Jahr über die Bettensteuer ein. Bei den Investitionen geht es darum, das Versorgungsnetz auszubauen, Kläranlagen zu modernisieren, geklärtes Abwasser verstärkt zu nutzen und undichte Leitungen zu sanieren. Für 1,3 Millionen Euro wird beispielsweise die Kläranlage in Petra instand gesetzt. 1,4 Millionen Euro fließen in die Verlegung neuer Wasserleitungen zwischen Maria de la Salut und Petra.

Doch der vergangene Sommer war keinesfalls der erste mit akuter Wassernot. In der Vergangenheit musste gar ein Tankschiff vom spanischen Festland kommen, um die Versorgung der Bewohner sicherzustellen. 1995 lief der Tanker "Móstoles" erstmals in den Hafen von Palma ein, geladen hatte er Wasser aus dem Fluss Ebro im Nordosten Spaniens. Zwei Jahre lang wurden vor allem Palma und Calvià so versorgt. Die Insel saß damals sprichwörtlich auf dem Trockenen, die meisten der angestrebten Spar- und Investitionsmaßnahmen lösten sich danach allerdings in Luft auf. In den Folgejahren nach der "Operación Barco" (Operation Schiff) wurden mehrere teure Meerwasser-Entsalzungsanlagen errichtet, die bis 2016 jahrelang fast ausnahmslos stillstanden. Die Anlage in Andratx war bis zum vergangenen Sommer sogar nur zehn Tage lang in Betrieb gewesen. Lokalpolitiker hatten die Entsalzungsanlagen noch 2015 als Fehlinvestition bezeichnet.

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Derzeit gibt es drei Entsalzungsanlagen, jeweils eine in der Bucht von Palma, Alcúdia und in Andratx, die unter der Verwaltung des öffentlichen Unternehmens Abaqua stehen. Im vergangenen Sommer liefen sie auf Hochtouren. Ohne entsalzenes Wasser wäre die Versorgung Mallorcas nicht möglich gewesen, sagte damals die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol. Die Stadtwerke Emaya nehmen in diesem Jahr für 3,7 Millionen Euro zwei Millionen Kubikmeter entsalzenes Wasser ab, um es in das Versorgungsnetz der Hauptstadt einzuspeisen, damit sich die Grundwasservorkommen regenerieren können. 2016 kaufte Emaya von Abaqua noch 10,8 Millionen Kubikmeter Wasser.

Dann kam der Regen im Herbst und Winter. Das Thema "Wasser" versickerte wieder. Seltener ist von Investitionen ins Netz die Rede, Sparmaßnahmen wird es in diesem Sommer wahrscheinlich nicht geben. Die Balearen-Regierung setzte einen Aktionsplan für Dürreperioden auf und startete eine Werbekampagne für Residenten und Urlauber, in der sie zu einem sparsamen Umgang mahnt. Nach wie vor gibt es in vielen Mehrfamilienhäusern keine individuellen Wasserzähler. Die Rechnung der Stadtwerke in solchen Gebäuden wird auf alle Bewohner umgelegt, was nicht zu einem bewussten Umgang animiert. Auch die stärkere Staffelung der Wasserpreise führt zwar zu Mehreinnahmen für die Stadtwerke, aber nur begrenzt zum Sparen.

Im Norden der Insel gilt bereits seit Mai wieder eine Vorwarnstufe der Trockenheit. Die Wasserspeicher Mallorcas sind zu 66 Prozent gefüllt. "Wenn die Entwicklung so weitergeht, stehen wir in wenigen Jahren wieder vor dem Problem", sagt der pensionierte Hydrogeologe Alfredo Barón, der 45 Jahre lang beim balearischen Wasseramt arbeitete. Es sei unabdingbar, die Grundwasservorkommen zu schonen. Dafür müssten die Entsalzungsanlagen auch im Winter laufen und die Infrastruktur besser gepflegt werden.

Das Problem ist für den 74-Jährigen allerdings auch ein anderes: "Mallorca hat sein Limit überschritten, das wird am Wasservorkommen ganz deutlich." Es sei zwar mehr Menschen bewusst, dass man mit Wasser sparsam umgehen müsste, doch die Ressourcen reichen nicht aus. "Natürlich können wir 200 Entsalzungsanlagen bauen. Die Frage ist nur, ob wir so eine Insel wollen."

(aus MM 28/2017)